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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Schauspieler ihr Stück mitten im Kreis der Höflinge gaben, nachahmen konnten. Die Halle war im Stil der Renaissance gehalten, mit klassischen Säulen, die die Galerien stützten, und einer Holzwand hinter der Bühne, die mit Ziergiebeln und Bogen geschmückt war. Bull war beeindruckt. »Wir werden ein Vermögen machen«, sagte Edmund stolz.
    Was auch immer das elisabethanische Theater sein mochte – ein Prestigesymbol für vornehme Mäzene, eine Schaubühne für Schauspieler und Autoren –, seine Existenz war ein Geschäft. Von allen Unternehmern hinter den verschiedenen Schauspieltruppen war die Familie Burbage die wagemutigste – sie plante das Projekt Blackfriars. Der alte Burbage war eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Als Handwerksmeister, der zum Geschäftsmann geworden war, hatte er rasch die Möglichkeiten des Theaters erkannt und die Chamberlain's Men zu einer professionellen Schauspieltruppe gemacht. Er mietete ein Schauspielhaus und finanzierte Vorstellungen und Autoren. Letztes Jahr hatte er das Gebäude in Blackfriars ins Auge gefaßt, da er zu dem Urteil gekommen war, etwas Anspruchsvolleres werde gebraucht.
    In dem neuen Theater im geschlossenen Raum würden nur weniger als die Hälfte der Leute Platz finden als in den offenen Amphitheatern, doch dafür sollte das Publikum auserlesen sein. Statt einen Penny würde der niedrigste Eintrittspreis Sixpence betragen. Keine flegelhaften Lehrlinge oder Knoblauchfresser konnten sich das leisten. Aber das Risiko war hoch. Die Miete und die neue Ausstattung kamen auf schwindelerregende sechshundert Pfund, daher mußte man zusätzliche Finanzierungshilfen suchen.
    William Bull war geschmeichelt, als sein eleganter junger Cousin an ihn herantrat. »Es ist eine Gelegenheit«, erklärte Edmund. »Ich kenne die Burbages, und sie lassen mich bei dem Geschäft mitmachen. Ich kann dich auch mit einer Summe beteiligen, wenn du willst.« Die Brauerei florierte, war aber langweilig. Und überhaupt ließen seine Brüder ihn nie viel tun; dagegen klang dieses Unternehmen aufregend. So lieh William seinem Cousin fünfzig Pfund, die es Edmund zusammen mit fünf Pfand aus der eigenen Tasche erlaubten, großartig dazustehen, als er den Burbages das alles auf seinen eigenen Namen lieh. Und als Beweis, wie gut sich alles anließ, erzählte Edmund, daß man ihn soeben beauftragt hatte, ein Stück für die Eröffnung des neuen Theaters zu schreiben, was William doppelt stolz machte.
    In diesem Winter war der alte Burbage gestorben, doch seine beiden Söhne, bereits geschäftserprobt, machten weiter wie bisher. Aber dann kam ein Gerücht auf, es gebe von manchen Einwohnern von Blackfriars, angeführt von Alderman Ducket, Einwände gegen das neue Theater. Sie reichten sogar Bittschriften gegen seine Eröffnung ein. Er hörte, daß der Alderman alle Theater verdammte, weil sie ungebührliches Benehmen und Gottlosigkeit ermutigten, und daß er drohte, sie zu schließen. Die Schauspielhäuser hatten den Ruf, daß es in ihnen gewalttätig zugehe, und Bull nahm an, die Bewohner dieser stillen, vornehmen Enklave hätten etwas gegen diese Störung in ihrer Nachbarschaft. Zögernd fragte er nun, was daran wahr sei.
    Meredith lachte. »Das bedeutet überhaupt nichts. Manchen der Leute hier war nicht klar, was für eine Art von Stücken und was für ein Publikum wir hier haben werden. Wie auch? So etwas hat es noch nie gegeben! Sobald sie einmal feststellen, daß kein gemeines Volk hierher kommt, wird sich die Unruhe legen. Bevor das Jahr zu Ende geht, werden wir eröffnen.«
    Bull seufzte erleichtert auf. »Ich werde mein Geld also zurückbekommen.«
    Niemand in der Theatergruppe war in diesem Sommer glücklicher als Jane Fleming. Denn in den letzten Wochen hatte sie den Eindruck, daß Meredith sie liebte. Sein Stück war fertig; sie kannte mittlerweile jede Zeile. Als Edmund sich dem Ende näherte, war seine Aufregung gestiegen. Stolz hatte er ihr seine Lieblingspassagen vorgelesen oder sie nach ihrer Meinung gefragt. »Es ist wunderbar«, hatte sie stets geantwortet.
    Noch aus einem anderen Grund fühlte sie sich glücklich – der Hochsommer nahte heran. Jane und ihre Eltern bereiteten schon die Kostüme vor, die im Planwagen mitgenommen werden sollten. Das bedeutete zwar, daß sie Edmund eine Weile nicht sehen würde, aber dennoch war sie freudig erregt.
    An einem schönen Julinachmittag, als sie und Edmund die Straße von Shoreditch entlangschlenderten, begegneten sie Alderman Jacob

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