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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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selbst war Mäzen der Schauspieler am Globe, das nach dem Brand prachtvoll wiederaufgebaut worden war. Shakespeare, anstatt sich zurückzuziehen, eilte von Erfolg zu Erfolg. Als Edmund sich einmal bei den Burbages beschwert hatte, daß Shakespeare seine Idee des Mohren für den Othello gestohlen habe, hatten sie ihm erwidert: »Es hat auch schon ein Dutzend Macbeths gegeben, aber der von Shakespeare ist es, den die Leute sehen wollen.« Edmund ging immer noch häufig ins Theater, hatte aber nicht mehr so viele Freunde dort; selbst die Flemings waren nur noch entfernte Bekannte.
    Ihre Eltern waren zu dem Schluß gekommen, daß man Jane ermordet haben mußte, doch irgendein Instinkt sagte Edmund, daß sie am Leben sei; und da ihr Verschwinden in seinen Gedanken mit dem Theaterbesuch des Finsteren Barnikel verbunden war, hatte er das Gerücht von ihrer Entführung ausgestreut, das immer noch in der Luft hing.
    Wirklich bedeutsam war sie jedoch für seine eigene Reputation. Vielleicht hatte es begonnen, als eine elegante Lady bemerkte: »Ich glaube, Master Meredith, Ihr habt einen geheimen Kummer, zweifellos eine Dame.« Zwei Jahre nach Janes Verschwinden hatte er einen Ruf als Kavalier erworben, der seine große Liebe verloren hatte, und er verfaßte einige leidenschaftliche Verse, die in weiten Kreisen kursierten. Doch im Laufe der Jahre wurde am Hof eine neue, gewinnsüchtige Nüchternheit vorherrschend, und seine elisabethanische Galanterie genügte nicht mehr. Schließlich dachte er tatsächlich daran zu heiraten. »Aber ich habe kein ausreichendes Einkommen.« Er wußte nicht, was er mit sich anfangen sollte, und so war er in den geistlichen Stand getreten. Obwohl die Kirche normalerweise nicht die Laufbahn für einen Gentleman war, hatten einige vornehme Männer, vom Hof enttäuscht oder der Welt müde, sie in den letzten Jahren eingeschlagen, und einer dieser Männer hatte Meredith tief beeindruckt.
    Niemand konnte leugnen, daß John Donne in der Welt etwas dargestellt hatte. Eine Gentleman durch Geburt, aus einer Familie, die mit dem großen Thomas Morus verwandt war. Seine brillante Dichtkunst und seine Liebesaffären machten ihn zu einem Kavalier ganz nach Meredith' Herzen, und beide waren in London oft zusammengekommen. Donne war außerdem ein Günstling des Königs geworden, doch hatte König Jakob gesagt, er würde Donne nur helfen, wenn er die Weihen empfangen habe. Nun war Donne eifrig darauf bedacht, daß andere ihm auf dem Weg folgten, den man ihm aufgezwungen hatte. »Ihr könntet es weit bringen, wenn Ihr eine gute Predigt halten könnt«, meinte Donne. Nicht nur dies, dachte Edmund, der eine verlockende Aussicht erkannte; er könnte auch ein vornehmes Publikum gewinnen. Fast wie beim Theater.
    »Ich glaube, ich verspüre den Ruf«, entschied er nach ein oder zwei Wochen. Und so wurde er ordiniert.
    Als nächstes mußte er Pfründe finden. Auch hierbei bot Donne seine Hilfe an. »Es gibt ein unbesetztes Kirchspiel. Ich habe mit dem König gesprochen, und dieser mit dem Bischof von London. Ihr braucht Euch nur bei den Honoratioren der Kirchspielversammlung anzuempfehlen. Wenn Sie Euch billigen, gehören Euch die Pfründe. Ihr werdet kaum eine bessere Stellung finden. Der Tonangebende ist ein großer Aktionär der Virginiagesellschaft.« Es gab nur ein Problem. Der fragliche Honoratior war Sir Jakob Ducket.
    Julius sah neugierig zu, wie Meredith nervös in das große, holzvertäfelte Empfangszimmer trat, in dem die Mitglieder der Kirchspielversammlung saßen. Sein Vater hatte ihm erlaubt zu bleiben, damit er die Pflichten seiner Familie kennenlernen konnte.
    Wie die Stadt selbst hatte auch die überkommene mittelalterliche Ordnung in London ihre Form bewahrt. Unter dem gewählten Mayor regierten immer noch die Aldermen, jeweils einer in den vierundzwanzig Stadtbezirken. Jeder dieser Bezirke hatte seinen eigenen Rat, und, diesem unterstellt, hatte jedes Kirchspiel seine Versammlung, gebildet aus den wichtigsten Mitgliedern der Pfarrei – die sich faktisch selbst wählten –, die verantwortlich für Ordnung und Wohlergehen der Gemeinde waren. In diesem Kirchspiel war es zudem üblich, daß die Versammlung dem Bischof von London mitteilte, wer ihrer Meinung nach Vikar werden sollte. Die Kirchspielversammlung von St. Lawrence-Silversleeves bestand nur aus drei Männern: Sir Jakob, Alderman; ein Tuchhändler, der im Rat des Stadtbezirks war; und ein älterer Gentleman, der sich seit drei Jahren nicht

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