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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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anstarrten, nahm er sich Cerdic vor. »So also unterweist Ihr Eure Söhne, Unglücklicher? So also achtet Ihr Euren obersten Herrn?« Cerdic dachte, daß der Bischof damit den König meinte, und wurde vor Scham und Erniedrigung feuerrot. Er sah seine Söhne an. »Was tut ihr hier?« fragte er zähneknirschend seinen Ältesten. Der Junge zuckte nur die Schultern und deutete auf die Mutter. »Sie hat gesagt, wir sollen uns das Brot holen.«
    Einen Moment lang erstarrte Cerdic. Er hatte es nicht nur versäumt, seine Söhne zu unterweisen, sondern er war sich auch ziemlich unsicher, was es mit der Kommunion im einzelnen auf sich hatte. Er war seinem König gefolgt und hatte angenommen, daß dies genügte. Doch nun wurde er vor einem Vertrauten des Königs gedemütigt und von diesem Bischof als Schwächling und Dummkopf hingestellt. Seine Kehle wurde trocken, sein Gesicht lief rot an. Nach Luft schnappend bedeutete er seinen Söhnen aufzustehen, was sie schließlich auch taten. Dann ging er zu Elfgiva hinüber. Es war alles ihre Schuld. Es wäre nie so weit gekommen, wenn sie nicht so starrköpfig und ungehorsam wäre. Sie hatte seine Söhne vorgeschickt, um ihn bloßzustellen. Er schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht. »Wie ich sehe, wollt Ihr nicht länger meine Frau sein«, knurrte er, ging zu seinem Pferd hinüber und ritt den Hügel hinab davon.
    Einige Stunden später kam eine Gruppe von fünf Reitern auf dem Weg von Lundenwic zu dem kleinen Fluß, der nun Fleet hieß. Sie überquerten ihn jedoch nicht auf der Holzbrücke, sondern ritten noch ein Stück flußaufwärts. Dann stiegen sie von den Pferden und gingen zu dem grasbewachsenen Flußufer hinab, wo Mellitus und seine Priester schon auf sie warteten. Die vier jungen Männer zogen sich unter den wachsamen Augen ihres Vaters aus und sprangen dann auf Befehl des Priesters einer nach dem anderen in das eiskalte Wasser.
    Bischof Mellitus war gnädig. Er zwang sie nicht dazu, länger im Wasser zu verweilen, sondern machte schnell das Kreuzzeichen über ihnen und ließ sie wieder aus dem Fluß herausklettern. Nun waren sie also getauft.
    Cerdic, der daneben stand, hatte sich wieder beruhigt. Nach dem schrecklichen Vorfall bei der Messe hatte es ihn all seine Überzeugungskraft gekostet, den wütenden Bischof davon abzuhalten, nicht auf der Stelle aufzubrechen. Schließlich hatte Mellitus eingewilligt, seine Weiterreise um ein paar Stunden zu verschieben und diese wichtige Zeremonie für die Heidenknaben abzuhalten.
    Cerdic sah seine frierenden, zitternden Söhne zufrieden an. Sein Wutanfall nach ihrer Heimkehr aus Londinium hatte sich als gewinnbringend erwiesen.
    Er hatte seine Autorität wiederhergestellt. Sie hatten sich still in die Taufe gefügt. Nur Elfgiva war allein in der Halle zurückgeblieben und hatte leise geweint.
    Am nächsten Tag wußten es alle. Ein Pferdeknecht wurde mit einer Botschaft nach Kent geschickt: Der Herr ließ seine neue Braut zu sich rufen. Lady Elfgiva sollte weg. Obwohl der gesamte Haushalt wußte, daß zwischen Herrn und Herrin seit mehreren Wochen große Spannungen herrschten, waren nun alle entsetzt, aber niemand wagte ein Wort zu sagen. Cerdic ging grimmig seinen Geschäften nach. Elfgiva verströmte eine starre Würde. Manche fragten sich, ob sie wohl Cerdic trotzen und einfach bleiben würde. Andere dachten, sie würde wohl nach Ostanglien zurückkehren.
    Am schlimmsten für Elfgiva war nicht die Ablehnung, ja nicht einmal die Demütigung. Es war nicht das, was passiert war, sondern das, was nicht passierte: Von ihren Söhnen kam rein gar nichts, so sehr sie darauf wartete, daß diese sie beschützen oder zumindest Einspruch erheben würden. Zwar kamen die drei älteren einer nach dem anderen zu ihr und schlugen ihr vor, sich doch bekehren zu lassen, dann würde es ja vielleicht noch zur Versöhnung kommen. Aber sie sagten es, ohne wirklich davon überzeugt zu sein.
    »Tatsache ist, daß sie ihren Vater mehr fürchten, als sie mich lieben«, murmelte Elfgiva.
    Nur Wistan verhielt sich anders. Der Sechzehnjährige litt schrecklich unter seinem großen Kummer. Er war so böse auf seinen Vater, daß die Mutter ihn drängte, doch ihr zuliebe Cerdic aus dem Weg zu gehen, um ihn nicht noch wütender zu machen.
    Drei Tage später traf Cerdic auf seinem Weg von Thorney den jungen Wistan, der offenbar auf ihn wartete. Der Händler trat mit grimmiger Miene auf seinen Sohn zu in der Hoffnung, den Jungen damit so einzuschüchtern, daß

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