London
übrigen Tower abgetrennt war, konnte schon gut als Lager dienen. Ralph hatte bereits ein weiteres mächtiges Tor als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme am Fuß der Wendeltreppe anbringen lassen, und auch für dieses hatte Alfred ein starkes Schloß hergestellt.
Am nächsten Tag informierte Hilda Barnikel. Dieser und Alfred wurden natürlich unruhig bei der Aussicht, daß die Waffenschmieden durchsucht werden sollten, doch schließlich war es die Frau des Waffenschmieds, die die Krise verschärfte. Sie war einmal ziemlich spät in der Nacht in die Waffenschmiede gekommen und hatte ihren Mann dabei ertappt, wie er gerade ein Schwert in einem Versteck unter dem Boden verbergen wollte. Nach dem ersten Schreck hatte sie ihn dazu gebracht, ihr alles zu gestehen, und dann hatte sie ihm ein Ultimatum gestellt: »Wie kannst du nur uns alle derart gefährden? Du mußt sofort aufhören, Barnikel zu helfen. Und die Waffen müssen weg, sonst gehe ich!«
Obwohl Alfred insgeheim erleichtert war, daß er nun endlich eine Entschuldigung hatte, um diesem gefährlichen Treiben ein Ende zu setzen, blieb doch noch ein großes Problem: »Ralphs Leute halten Wache vor meiner Schmiede. Seine Spione sind überall. Wie sollen wir die Waffen rausschmuggeln, und wo sollen wir sie verstecken?«
Schließlich fiel Barnikel Osric und die geniale Art und Weise ein, wie sie die Waffen vor einigen Jahren aus London herausgeschmuggelt hatten, und er schlug vor, den kleinen Zimmerer zu fragen. »Vielleicht fällt ihm ja wieder etwas Kluges ein!«
Und Osric hatte tatsächlich einen Vorschlag. Der Däne schnappte erst einmal nach Luft, dann brach er in ein brüllendes Gelächter aus, schließlich rief er, nach Luft japsend: »Das ist so irrwitzig, daß es vielleicht tatsächlich funktionieren könnte!«
Das Klopfgeräusch von Hammer und Meißel hallte in dem riesigen, dunklen Kellergewölbe wider. Klopf. Klopf. Manchmal hielt Osric die Luft an; hoffentlich dämmten die dicken Wände des Towers diese kurzen, scharfen Laute! Leise kratzte er den Mörtel weg. Vorsichtig holte er einen Stein heraus und dies alles im Licht einer kleinen Öllampe in dem rabenschwarzen Keller unter der Krypta.
Der Einfall war ihm gekommen, als er an die Schatzkammer dachte, die er vor drei Jahren gemacht hatte. »Die Wand neben der Krypta ist fast vier Meter dick«, erklärte er Barnikel. »Wenn es also dort genug Platz gab für die Schatzkammer, dann muß auch in der direkt darunter liegenden Kellerwand genug Platz sein.« Nach sorgfältigen Berechnungen hatten Barnikel und Alfred ihm erklärt, daß sie einen etwa zwei mal drei Meter großen Raum benötigten, um alle illegalen Waffen unterzubringen, die sie hatten. Ob er das fertigbringen könnte? »Ich brauche eine Woche dafür«, hatte er erwidert.
Osric fiel es nicht schwer, nachts in den leeren Tower hineinzuschlüpfen. Alfred hatte ihm Schlüssel für die Kellertüren gegeben. Doch er hatte nicht viel Zeit. Sobald man damit anfangen würde, die offiziellen Waffen im Keller zu lagern, würde Ralph Wachposten vor den Türen aufstellen. Deshalb arbeitete Osric die ganze Nacht hindurch bis kurz vor Morgengrauen. Erst entfernte er die Steine, dann begann er in der weicheren Kiesfüllung zu graben. Den Kies schaufelte er in einen Sack, den er aus dem Keller unter der Krypta in das große Westzimmer und von dort aus zum Brunnen schleppte, in den er den Sack entleerte. Am Ende jeder Nacht setzte er die Steine wieder an ihre alten Stellen ein und festigte sie mit einer dünnen Schicht neuen Mörtels, säuberte dann noch sorgfältig den Boden und schlich sich schließlich wieder davon. Nach einer Woche war eine kleine Geheimkammer in der Kellerwand entstanden, gerade groß genug, daß er darin stehen konnte.
Nur eines war noch zu tun. In der letzten Nacht ging er zu dem großen westlichen Keller. In der Ecke lag das stabile Eisengitter über dem Abfluß. Zur Instandhaltung und Reinigung des Abflusses konnte man dieses Gitter öffnen und schließen. Mit dem Schlüssel, den Alfred ihm gegeben hatte, öffnete Osric das Gitter und seilte sich in das Abflußrohr ab. Gebückt kroch er durch den etwa fünfzig Meter langen Gang, bis er am Flußufer angelangt war. Auch vor diesem Loch ins Freie befand sich ein dickes Eisengitter.
Es war Ebbe, so daß der Gang nahezu trocken war. Die dicken Stäbe dieses Gitters ließen sich jedoch nicht mit einem Schlüssel öffnen, so daß Osric den Rest der Nacht damit zubrachte, die Steine um das
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