Londons Albtraum-Nächte
an das Opfer heran. Schon was wir von der Tür her gesehen hatten, sah verdammt schlimm aus.
Auf der nach oben führenden Treppe standen Hausbewohner. Manche hatten Bademäntel über ihre Schlafklamotten geworfen. Andere wiederum standen in der normalen Kleidung auf den Stufen und schauten nach unten. Näher an den Tatort heran konnten sie nicht kommen, denn die farbigen Absperrbänder waren nicht zu übersehen.
Ich klopfte kurz an die Tür der Hausmeisterwohnung.
»Ja, kommen Sie.«
Wir fanden den Mann in der Küche. Ich musste sofort daran denken, dass wir oft genug in der Küche gesessen und Menschen verhört hatten. Zumindest in der letzten Zeit, und auch jetzt veränderte sich das nicht. Tom Brixon hatte bereits mitgedacht und Klappstühle aufgestellt, auf denen wir unsere Plätze fanden.
Er selbst saß auch am Tisch. Vor ihm stand eine geöffnete Flasche Whisky. Ein Glas hatte er sich ebenfalls geholt und es mit einem guten Schluck gefüllt.
»Kann ich Ihnen auch was anbieten?«
Wir lehnten beide ab und stellten uns vor. Auch der Hausmeister murmelte seinen Namen und schaute an uns vorbei ins Leere. »Was immer Sie mich auch fragen wollen«, sagte er, »viel helfen kann ich Ihnen beim besten Willen nicht.«
»Und warum nicht?«
Er schaute mich direkt an. »Weil ich nichts gesehen habe. Ich... ich... habe den Killer nicht zu Gesicht bekommen. Und ich bin auch froh darüber. Sonst würde es mir so ergehen wie der armen Linda. Was der mit ihr angestellt hat, ist unglaublich und unbeschreiblich. Das kann man mit dem normalen Verstand nicht erfassen.«
»Das denken wir auch.«
»Warum sind Sie zu der Mieterin hochgegangen?«, wollte Suko von ihm wissen.
»Es ist nicht, was Sie vielleicht denken. Ich habe die Ratten verfolgt, und da bin ich bei Linda Perth gelandet. Nichts anderes habe ich getan. Ich konnte es nicht zulassen, dass sie durch die offene Tür in ihre Wohnung liefen.«
»Dann haben Sie die Tote gefunden?«
»So war es.« Er griff zum Glas und trank einen Schluck. Dann sagte er: »Ich weiß auch nicht, was die Ratten zu bedeuten hatten, sie kamen mir irgendwie vor wie Botschafter. Wie Beobachter. Tiere, die alles registrierten. Jede meiner Bewegungen. Sie rannten nicht ziellos vom Keller in die erste Etage hinein. Ich stellte mir vor, dass sie genau wussten, was sie taten. Als ich dann die Wohnung betrat, sah ich sie auf dem Bett. Bei der...«, seine Stimme senkte sich, »bei der Leiche, wenn Sie das verstehen.« Er schüttelte sich. »Sie saßen auf dem Bett und auf dem Körper. Es war ein schrecklicher Anblick. Den werde ich bestimmt in meinem Leben niemals vergessen.«
»Kann ich mir denken«, sagte ich leise. »Fühlen Sie sich denn in der Lage, darüber zu sprechen?«
»Das muss ich wohl.«
»Dann bitte von Beginn an, und sagen Sie, warum Sie überhaupt in den Keller gegangen sind. Gehört das zu Ihren abendlichen Aufgaben? Machen Sie immer diese Kontrollgänge?«
»Nein, nicht immer. Ich bin schließlich kein Nachtwächter. Aber manchmal ist es nötig. Da treibt es mich dann aus der Wohnung hinaus ins Freie. Das sage ich immer, wenn ich die kleinen Räume hier verlasse, obwohl es im Haus sehr eng ist.« Er beugte sich über den Tisch, auf dem die hellblaue Decke einige Knitter aufwies. »Am letzten Abend hatte ich schon die ganze Zeit über ein so komisches Gefühl. Im Magen, verstehen Sie. Da denkt man, dass etwas in der Luft liegt. Und so ist es dann auch gewesen...« Er räusperte sich, kam endlich zur Sache, und so erfuhren Suko und ich die Geschichte des letzten späten Abends, wie er sie erlebt hatte.
Wir hörten sehr genau zu und dachten nicht daran, ihn zu unterbrechen. Noch jetzt wühlte ihn das Erlebte auf. Er legte einige Pausen ein und leerte zwischendurch sein Glas. Dann griff er neben sich und trank Wasser aus einer Plastikflasche.
Als er das letzte Wort hervorgebracht hatte, glitzerte Schweiß auf seiner Stirn. Er war auch nicht mehr in der Lage, weiterhin zu sprechen. Brixon saß auf seinem Stuhl und schüttelte den Kopf, als könnte er seine eigenen Worte nicht glauben.
»So ist es gewesen. Ich schwöre es. Ich habe nichts hinzugefügt und nichts vergessen.«
Das kauften wir ihm ab. Trotzdem lagen uns Fragen auf dem Herzen. »Wissen Sie, woher die Ratten kamen?«, erkundigte sich Suko.
»Nein.«
»Dann gibt es hier im Haus keine Ratten?«
»Im Normalfall nicht. Zumindest nicht mehr als anderswo. Hin und wieder tauchen sie mal auf, das ist kein Problem. Dann
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