Londons Albtraum-Nächte
grausam genug.«
Ich war nicht fertig mit ihm. »Haben Sie in der letzten Zeit Fremde hier in den Häusern gesehen, die Ihnen auf Grund ihres Verhaltens aufgefallen sind?«
»Fremde genug. Aber sie sind mir nicht wegen ihres Verhaltens aufgefallen. Sie sind eben fremd gewesen. Sie haben nicht hier gewohnt, das meine ich damit.«
Wir mussten ihm glauben, denn Leute wie Brixon haben in der Regel eine gute Beobachtungsgabe. Als er mitbekam, dass wir nichts mehr sagten, schaute er mich an und stellte mir eine Frage.
»Was werden Sie denn unternehmen, Mr. Sinclair? Haben Sie sich darüber schon Gedanken gemacht?«
»Wir müssen versuchen, den Mörder zu fassen.«
»Und wie?«
»Das kann ich Ihnen noch nicht sagen. Ich hoffe allerdings, dass wir ihn auch finden.« Ich ließ meine Worte ausklingen. »Da ist noch etwas, das ich Ihnen sagen muss, Mr. Brixon.«
»Was denn?« Er schaute mich gespannt und zugleich abweisend an.
»Sie hören jetzt etwas von mir, das in das Fach Theorie gehört. Ich möchte Ihnen sagen, dass es möglicherweise nicht die einzige Leiche ist. Es kann sein, dass der Killer noch einmal zuschlägt. Behalten Sie das für sich, aber richten Sie sich darauf ein.«
Tom Brixon schaute mich entgeistert an. Er bekam den Mund nicht mehr zu. Er schnappte nach Luft, und seine Augen wurden kreisrund. Es war zu sehen, wie er versuchte, seine Frage zu formulieren, was er aber nicht schaffte, zunächst mal Luft holen musste, um sich dann frei zu räuspern.
»Haben Sie das nur so gesagt oder...?«
»Es ist Theorie.«
»Aber Sie rechnen damit.«
»Leider. Und das sollte unter uns bleiben. Ich kann mich doch auf Sie verlassen?«
»Ja, das schon, aber doch nicht so. Ich... ich... werde ja keine ruhige Minute mehr finden und...«
»Nein, nein«, unterbrach ich ihn. »So schlimm wird es für Sie schon nicht werden.«
»Aber wir alle hier sind diesem schrecklichen Killer schutzlos ausgeliefert. Das müssen Sie zugeben.«
»So hört es sich an.«
»Na und?«
Ich lächelte. »Mal eine andere Frage. Ist in diesem Haus vielleicht noch eine Wohnung frei?«
Jetzt wusste er überhaupt nicht, was er sagen sollte. Er deutete zur Decke. »Meinen Sie hier im Haus? Genau hier?«
»Oder in einem der anderen Bauten. Es gibt doch Wege, um von einem Haus ins andere zu gelangen?«
»Ja, im Keller.«
»Sehr gut.«
Tom Brixon wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er wollte sprechen, hatte aber Mühe und ging zunächst bis zum Fenster vor und den gleichen Weg wieder zurück. »Ja, ja, da wüsste ich etwas.«
»Wo?«
»Im Nebenhaus.«
»Sehr gut. Eine wirklich freie Wohnung?«
»Nun ja, nicht ganz.« Tom hob die Hände. »Sie soll morgen gestrichen werden. Keine große Renovierung, die gibt es hier nicht, sondern nur eben mit Farbe auf den Wänden. Kurz darüber gepinselt. Das ist es, was ich meine.«
»Sagen Sie den Handwerkern für eine Woche ab.«
Er kapierte nicht sofort und fragte: »Warum das denn?«
»Weil ab morgen zwei neue Mieter hier wohnen. Nämlich mein Kollege und ich.«
Tom Brixon starrte mich an und zweifelte wahrscheinlich an meinem Geisteszustand.
»Sie... Sie... wollen hier wirklich einziehen?«
»Bis wir den Killer gestellt haben.«
Sein Stöhnen erreichte unsere Ohren vor der Antwort. »Dann wollen Sie auf den Killer warten?«
»Genau das denken wir uns.«
»Und Sie glauben, dass er zurückkehrt?«
»Daran glauben wir fest.«
Ich sah dem Hausmeister an, dass ihn eine Frage quälte, doch da kam ich ihm zuvor. »Bitte nicht, Mr. Brixon. Fragen Sie nicht, woher ich meine Informationen nehme. Ich weiß es einfach und...«
Suko ließ mich nicht zu Ende reden. Er sagte nur einen Satz, der allerdings voll einschlug.
»John, die Ratten sind da!«
Brixon und ich fuhren auf der Stelle herum, und wir sahen Suko, der auf das Fenster deutete.
Draußen war es dunkel, aber nicht so finster, als dass wir nicht die Ratten gesehen hätten, die auf der schmalen Fensterbank hockten und in die Küche schauten..
***
Es war ein Bild, das sich in unseren Hirnen regelrecht fest brannte. Als hätte es sich jemand bewusst bestellt, denn wie aufgereiht hockten die Nager draußen auf der Fensterbank und hatten sich auch nicht durch unsere Bewegungen vertreiben lassen.
Woher sie gekommen waren, wusste keiner von uns. Danach fragten wir auch nicht. Es war nicht wichtig, denn es zählte einzig und allein ihre Anwesenheit.
Tom Brixon hatte sie ebenfalls gesehen. Er verfiel zum Glück nicht in Stress und
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