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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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hallte. Abrupt hörte er auf. In seinen Augen standen Tränen. Beide Detectives fragten sich, ob er dieses Lied Jenny vorgesungen hatte. Oder es für Jenny gesungen hatte.
    »Menschen kommen und gehen, man hat kaum Gelegenheit, sie zu begrüßen, geschweige denn, sie wirklich kennenzulernen«, sagte er. »Die Frau, die heute abend umgebracht wurde, ich glaube nicht, daß ich auch nur wußte, wie sie hieß, bis der Hausmeister es mir gesagt hat. Ich wußte nur, daß sie mich wütend machte, weil sie pausenlos ihre verdammten Schallplatten abspielte. Dann hörte ich drei Schüsse, und wissen Sie, was ich zuerst dachte? Die alte Lady hat sich erschossen. Selbstmord. Sie kam mir sehr traurig vor«, sagte er, »wenn ich sie mal im Hausflur sah. Sehr traurig. Ganz gebeugt und knotig und mit verschleiertem Blick, eine ganz armselige alte Dame. Ich bin auf den Hausflur gelaufen…«
    »Wann war das?«
    »Sofort, nachdem ich die Schüsse gehört hatte.«
    »Wissen Sie noch, wann das war?«
    »Gegen Viertel nach elf.«
    »Haben Sie auf dem Korridor jemanden gesehen?«
    »Nein.«
    »Oder, daß jemand aus ihrem Apartment kam?«
    »Nein.«
    »Stand ihre Wohnungstür offen, oder war sie geschlossen?«
    »Geschlossen.«
    »Was haben Sie dann getan, Mr. Turner?«
    »Ich ging sofort nach unten und klopfte beim Hausmeister.«
    »Sie haben nicht die Polizei gerufen?«
    »Nein, Sir.«
    »Warum nicht?«
    »Ich vertraue der Polizei nicht.«
    »Und dann?«
    »Ich blieb unten und sah mir an, was so passierte. Die Cops kamen, dann der Krankenwagen. Detectives wie Sie. War richtig was los. Ich war nicht der einzige.«
    »Der zugesehen hat, meinen Sie?«
    »Ja, gegafft. Wird es Ihnen hier drin zu warm?«
    »Etwas.«
    »Aber wenn ich den Ofen ausmache, frieren wir in fünf Minuten wieder wie die Schneider. Was ist Ihnen lieber?«
    »Wir richten uns ganz nach Ihnen, Sir«, sagte Hawes.
    »Jenny hat es gern warm gehabt«, sagte Turner und nickte. Er schwieg einen Augenblick lang und betrachtete seine Hände, die er auf dem Küchentisch gefaltet hatte. Sie sahen groß und dunkel und irgendwie nutzlos aus.
    »Wer war sonst noch da?« fragte Carella. »Und hat sich angesehen, was so passiert?«
    »Ach, hauptsächlich Leute aus dem Haus, die ich vom Sehen her kenne. Ein paar haben sich aus den Fenstern gelehnt, ein paar sind runtergegangen, um alles ganz genau mitzubekommen.«
    »War jemand dabei, den Sie nicht gekannt haben?«
    »Na klar, all die Cops.«
    »Abgesehen von den Polizisten oder den Leuten vom Krankenwagen…«
    »Klar, jede Menge Gaffer. Sie kennen diese Stadt doch.
    Wenn irgend etwas passiert, strömen die Leute nur so zusammen.«
    »Ist jemand, den Sie nicht kennen, aus dem Haus gekommen? Abgesehen von Cops oder…«
    »Ja, mir ist schon klar, worauf Sie hinauswollen. Lassen Sie mich mal nachdenken.«
    Die Gasflammen zischten in die Stille hinein. Irgendwo im Gebäude wurde eine Toilettenspülung betätigt. Draußen auf der Straße gellte das Jaulen einer Sirene durch die Nacht. Dann war alles wieder ruhig.
    »Ein großer Blonder«, sagte Turner.
     
    Wie er es erzählt, bemerkt er den Mann zum ersten Mal, als er aus der Gasse neben dem Gebäude kommt. Er kommt aus der Gasse heraus und mischt sich unter die Schaulustigen hinter der Polizeiabsperrung, die Hände in den Taschen. Er trägt einen blauen Mantel und einen roten Schal. Hat die Hände in den Manteltaschen. Schwarze Schuhe. Das blonde Haar weht im Wind.
    »Vollbart? Schnurrbart?«
    »Glattrasiert.«
    »Ist Ihnen sonst noch was an ihm aufgefallen?«
    Er steht einfach da wie alle anderen auch, hinter der Absperrung, die die Polizei errichtet hat, sieht zu. Noch mehr Cops kommen, Bullen in Zivil, denkt Turner jedenfalls, aber auch einige in Uniform mit Abzeichen an den Mützen und Kragen, und der Mann steht einfach nur da und sieht interessiert zu. Dann bringen die Leute vom Krankenwagen sie auf einer Trage aus dem Haus, schieben sie in den Krankenwagen und fahren los.
    »Und dann ging er auch«, sagte Turner.
    »Sie haben ihm nachgesehen?«
    »Nun… ja.«
    »Warum?«
    »Er hatte … so einen traurigen Ausdruck auf dem Gesicht. Keine Ahnung. Als ob … tja, ich kann es nicht genau sagen.«
    »Wohin ist er gegangen?« fragte Hawes. »In welche Richtung?«
    »Rechts die Straße entlang. Zur Ecke. Blieb da neben einem Gully am Straßenrand stehen…«
    Beide Detectives waren plötzlich ganz Ohr.
    »Bückte sich, um sich einen Schuh zuzubinden oder so, und ging dann weiter.«
    So

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