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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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suchen Sie?« fragte sie.
    »Wir suchen nach einer Person, die vielleicht ein lebendes Huhn zu einer Voodoo-Zeremonie gefahren hat«, sagte Hawes und kam sich plötzlich blöd vor.
    »Es tut mir leid, aber ich habe kein Huhn zu einer Zeremonie gefahren«, sagte Clotilde. »Ob nun lebend oder tot. Ein Huhn, haben sie gesagt?«
    Hawes kam sich noch blöder vor.
    »Wir suchen eine Person, die vielleicht einen Revolver aus einem geliehenen Cadillac gestohlen hat«, sagte Carella.
    Das klang nicht viel besser.
    »Ich habe auch keinen Revolver gestohlen«, sagte Clotilde.
    »Aber Sie haben am vergangenen Freitag abend eine Voodoo-Zeremonie abgehalten?«
    »Voodoo ist nicht gegen das Gesetz.«
    »Dann müssen Sie sich auch keine Sorgen machen. Also, haben Sie eine Zeremonie durchgeführt?«
    »Ja.«
    »Erzählen Sie uns davon.«
    »Was gibt es da zu erzählen?«
    »Wann hat sie angefangen?«
    »Um neun Uhr?«
    Ein gleichgültiges Achselzucken. Ein weiterer Zug an der Zigarette in der roten Spitze, die zu den Ohrringen, der Halskette und dem grell bemalten Schmollmund paßte. Zigarettenqualm, den sie in die andere Richtung blies.
    »Wer war dort?«
    »Gottesdienstbesucher. Bittsteller. Gläubige. Nennen Sie sie, wie Sie wollen. Wie ich schon gesagt habe, es ist eine Religion.«
    »Ja, das haben wir verstanden, danke«, sagte Hawes.
    »Pardon?«
    »Können Sie uns sagen, was passiert ist?«
    »Passiert? Nichts Ungewöhnliches. Was glauben Sie denn, was passiert ist?«
    Wir glauben, daß jemand ein Huhn brachte, das geopfert werden sollte, und dabei einen Revolver aus einem Wagen gestohlen hat. Das glauben wir, dachte Hawes, sagte es aber nicht.
    »War jemand mit einem Huhn dabei?« fragte Carella.
    »Nein. Wozu?«
    »Um es zu opfern.«
    »Wir opfern nicht.«
    »Was tun Sie dann?« beharrte Hawes.
    Clotilde seufzte schwer.
    »Wir treffen uns in einem alten Backsteinhaus, das früher mal eine katholische Kirche war«, sagte sie. »Aber wie Sie wissen, enthält Voodoo viele Elemente des Katholizismus, wenngleich unsere Gottheiten einen Pantheon bilden, der größer ist als die Heilige Dreifaltigkeit. Meine Aufgabe als Mamaloi ist es, Papa Legba herbeizurufen…«
    »Den Hüter der Tore«, sagte Carella.
    »Denn Gott der Scheidewege«, sagte Hawes.
    »Ja«, flüsterte Clotilde ehrfürchtig. »Wie Sie schon gesagt haben, ich flehe ihn an, das Tor zu öffnen…«
    »… Papa Legba, ouvrez vos barrieres pour moi. Papa Legba, oú sont vos petits enfants?«
    »Papa Legba«, bittet Clotilde, »öffne das Tor…«
    »Offne das Tor«, intonieren die Gläubigen.
    »Papa Legba, öffne das Tor…«
    »Damit wir hindurchtreten können …«
    Ruf und Antwort.
    Afrika.
    »Wenn wir hindurchgetreten sind…«
    »Werden wir Legba danken.«
    »Legba, der auf dem Tor sitzt…«
    »Gib uns das Recht, es zu durchschreiten.«
    Die starken afrikanischen Elemente in der Religion.
    Nun gleitet ein Mädchen von sechs oder sieben Jahren zum Altar. Es ist völlig in Weiß gekleidet und hält in jeder Hand eine brennende weiße Kerze. In dünner, hoher Tonlage fängt es zu singen an.
    »Die weiße Ziege ist entflohen Und muß den Heimweg finden.
    Ich frag mich, was ist los.
    In Guinea sind alle krank.
    Ich bin nicht krank.
    Aber ich werde sterben.
    Ich frag mich, was ist los.«
    Clotilde verstummte. Die Detectives warteten. Sie zog erneut an der Zigarette und atmete wieder aus. Die Piaf sang noch immer von unerwiderter Liebe. »Guinea ist Afrika«, erklärte Clotilde. Sie verstummte, als triebe sie zurück nach Haiti und dann weiter nach Afrika selbst, zu dem Guinea aus dem Klagelied des Kindes, zur Paradiesküste und Elfenbeinküste und Goldküste und Sklavenküste, zu den Reichen der Fula und Mandingo und Ashanti und Kanngasi, der Hausa und der Kongo. Die Detectives warteten noch immer. Clotilde zog wieder an der Zigarette, atmete eine Rauchwolke aus und begann mit tiefer, heiserer Stimme zu sprechen. In dem aufsteigenden Rauch der Zigarette und dem hypnotischen, rauchigen Schnarren ihrer Stimme schien sie sich in der alten steinernen Kirche wieder zu materialisieren. Ein junges Mädchen in Weiß stand vor Clotilde, die Priesterin sprenkelte sein Haar mit Wein und Öl und Wasser und färbte seine Augenlider mit Mehl weiß.
    Clotilde blies die Kerzen aus.
    Die Gläubigen fingen wieder zu singen an.
    »Herrin Ezili, komme und führe uns!
    Wenn du ein Huhn willst,
    Werden wir dir eins geben!
    Wenn du eine Ziege willst,
    Wartet sie hier auf dich!
    Wenn du

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