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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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Kunst«, sagte er.
    Tommy Kelly schien die Angewohnheit zu haben, all meine Erklärungen einfach abzuwürgen.
    »Hab ich auch nicht, aber   …«
    »Kurt Schwitters?«, fragte er.
    »Ich glaub schon.«
    »Wie viel?« Er drehte das Bild um und untersuchte den Rücken.
    Ich schielte zu Danny. Er war kreidebleich. Als ob er seine Fälschungen lieber jemand anderem unterjubeln wollte als ausgerechnet dem berüchtigtsten Verbrecherkönig von Südlondon.
    »Wir wollten eigentlich dreihundert«, sagte ich. »Aber ehrlich, wir wissen nicht, ob’s echt ist oder nicht.«
    »Natürlich ist es nicht echt«, sagte er. »Nicht übel, aber sieht für mich schwer nach Barney Lipman aus. Hab ich recht?«
    Ich zuckte die Achseln. Danny tat es mir nach, mit schuldbewusstem Gesichtsausdruck.
    »Ich nehme das andere Zeugs, und wie wäre es mit zweihundertfünfzig für die Fälschung? Ich weiß jemanden, dem sie gefallen dürfte. Vielleicht kann ich sie ihm sogar für zwanzig Riesen andrehen.« Er lachte, zeigte seine weißen Zähne und um seine Augen erschienen Lachfältchen. Einer der Babysitter stimmte ein und der andere sah für eine Viertelsekunde etwas weniger albtraumhaft aus, bevor er wieder seine Betonfresse aufsetzte. Tommy zog eine Zigarre hervor und gab sich Feuer. »Nun?«, hakte er nach. Mir wurde bewusst, dass ich ihm gar keine Antwort gegeben hatte. Ich sah Danny an, der nervös nickte.
    »Sicher«, sagte ich. »Wenn
Sie
sich sicher sind?«
    »Klar bin ich das.« Er blies einen langen Strahl wohlriechenden Rauch aus und fügte dann hinzu, wie als Nachgedanke: »Hat Sophie was vom Mittagessen am Sonntag erzählt?«
    »Sie hat was erwähnt.«
    »Gut. Komm um halb eins auf einen Drink vorbei. Ich mach mein Roastbeef.«
    »Danke.«
    Tommy grinste und nickte Danny zu, während der unfreundliche Aufpasser seine Einkäufe aufsammelte.
    »Zahl den Mann aus, Dave«, sagte Tommy zum anderen und drehte sich um, das Geschäft unter Dach und Fach. Der Hüne fischte eine Rolle Bargeld aus der Tasche und zählte elf Fünfzigpfundnoten ab.
    »Das ist zu viel«, rief ich Tommy nach.
    »Kauf dir was zum Frühstück«, rief er zurück. »Wir sehen uns Sonntag.«
    Und als er so davonschritt, glotzten mich die übrigen Händler an, mauloffen, in Ehrfurcht erstarrt.

Zweiunddreißig
    »Ich hab das Bild verkauft«, berichtete ich.
    »Weiß ich«, sagte Tony und brachte meine Seifenblase zum Platzen. »Danny hat’s mir erzählt.«
    »Dann weißt du auch, wer es gekauft hat?«, fragte ich.
    »Was glaubst du wohl?« Tony klang nicht im Mindesten überrascht, dass ausgerechnet Tommy Kelly die Fälschung erworben hatte. »Unglaublich, was sich die Leute für Scheiße andrehen lassen. Ich kapier zwar immer noch nicht, was das Tolle an dem Mist sein soll, aber jetzt ist’s Mist mit einem Mikrochip im Rahmen, und zwar in den Händen von Tommy Kelly. Mal gespannt, wo es landet.«
    »Also arbeitet Barney Lipman für uns?«, forschte ich. »Ich dachte, er wäre ein richtiger Fälscher. Du weißt schon, ein Krimineller.«
    Tony schmunzelte in den Hörer. »Barney arbeitet für jeden, der ihn bezahlt. Aber nein, den Chip hat Danny eingesetzt. Hat ein kleines Loch in den Rahmen gebohrt und es danach wieder zugekittet.«
    »Aha, alles klar«, sagte ich. »Hat er mir nicht erzählt.« Ich kam mir langsam etwas verarscht vor. Nach meinem Abendmit Anna und jetzt bei meinem Gespräch mit Tony   – jeder schien zu wissen, was los war, nur ich nicht. Ich war derjenige, der Sophie Kelly und ihren Alten bezirzt hatte, und doch war ich derjenige, den sie aus allem raushielten. Ich fühlte mich, als sei ich für jeden nur eine Spielfigur, obwohl ich es war, der das volle Risiko einging. Langsam platzte mir der Kragen.
    »Am Sonntag bin ich bei ihnen zum Mittagessen eingeladen«, sagte ich schnippisch. »Aber das ist wahrscheinlich auch nichts Neues für dich?«
    »Stell dich nicht so an. Du machst das großartig.«
    »Ich muss dir dann wohl hinterher auch nicht sagen, wie es gelaufen ist, weil du eh live dabei bist.« Jetzt war ich ziemlich angefressen. »Hast mir wahrscheinlich längst ein Mikro in den Arsch geschoben, als ich gerade mal nicht hingeschaut habe.«
    Tony antwortete nicht.
    Ich dachte an meine Nacht mit Anna und fand, dass der Gedanke gar nicht mal so abwegig war.
     
    Am Sonntag nahm ich den Zug ab Lewisham runter Richtung Sevenoaks und stieg an der Station aus, die Sophie mir genannt hatte. Ich hatte ihr fünf Minuten zuvor gesimst, aber sie stand

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