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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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ihm Danny. »Weiß nicht, was es ist, aber sieht echt aus.«
    Wieder nahm der Mann das Bild unter die Lupe. »Wissen Sie zufällig, wo das herstammt?«, fragte er in hochgestochenem Tonfall. Ich verstand, worum es hier ging: Er und Danny spielten beide die Ahnungslosen, wollten den anderen nicht wissen lassen, was sie über das Bild wussten.
    »Kommt aus einer Haushaltsauflösung oben am Lake District«, sagte Danny und lieferte dem Mann damit genau den Anhaltspunkt, den er gesucht hatte.
    Der Mann leckte sich die Lippen und stellte dann das Bild wieder zurück. »Danke«, sagte er. »Ich denke darüber nach.« Und dann ging er weg.
    »Nun pass mal auf«, sagte Danny. »Jetzt kreist er hier eine Weile rum und innerlich nagt das Bild an ihm. Eigentlich wollte er heute Morgen keine dreihundert Pfund ausgeben, aber er denkt, dass er da einen Fund gemacht hat. Völlig überzeugt ist er noch nicht, aber er wird’s jetzt so lange hin- und herwälzen, bis er dran glaubt.«
    Ich beobachtete, wie der Mann mit dem Tweedsakko durch die nächste Standreihe schlenderte und immer wieder kurz in unsere Richtung sah. Mittlerweile war ich ein ziemlich guter Beobachter geworden. Ich bemerkte, wie zögerlich seine Schritte, wie fahrig seine Blicke waren.
    »Reine Psychologie, dieses Spiel«, sagte Danny. »Und hier kommt er schon   …«
    Der Mann im Tweedsakko versuchte, ganz beiläufig zu wirken, als er wieder auf unseren Stand zukam. »Nehmen Sie auch zweihundert für das Bild?«, fragte er. Nervös sah er aus, kaute auf seiner Lippe.
    Danny schüttelte den Kopf. »Nein, Kumpel. Tut mir leid.« Der Mann ging weg und Danny grinste. »Der kommt wieder.«
    »Wolltest du nicht zweihundert dafür haben?«, erkundigte ich mich. Ich erinnerte mich, dass dies das vereinbarte Limit gewesen war.
    »Nicht von dem«, sagte Danny. »Ich glaube, der bringt uns nichts. Der hat wahrscheinlich einen Antiquitätenladen in den Cotswolds oder er ist so ein Studiosus und glaubt, dass er was Besonderes ausgegraben hat. Zu viel
Kunst & Krempel
geglotzt.«
    Ich verkaufte ein paar Küchenstühle aus den Fünfzigern für achtzig Pfund an ein junges Pärchen. Fünf Minuten später sah ich, wie der Mann mit dem Sakko wieder seine Kreise zog. Er sah prüfend in seinen Geldbeutel und zählte Scheine ab. Ich knuffte Danny in die Seite.
    »Angebissen.« Danny lächelte. »Jetzt schau zu.« Er bückte sich, zog Barneys Bild heraus und versteckte es hinter dem Stand in einer Tasche. Zum dritten Mal näherte sich der Mann unserem Stand. Er sah hinunter zu der Stelle, wo das Bild gestanden hatte. Dann ging er die Rahmen durch und suchte nach dem, was seiner Meinung nach noch unbedingt dastehen musste. Dann blickte er auf, Panik in den Augen.
    »Das Bild?«, fragte er. »Das ich mir vorhin angeschaut habe?«
    »Der Kurt Schwitters? Schon verkauft, Kumpel«, sagte Danny.
    Der Mann schien förmlich in sich zusammenzusacken. »Aber   …« Er war sich sicher, dass es nicht verkauft sein konnte, schließlich war er ja den ganzen Morgen um unseren Stand herumgestrichen. Aber er wusste, wann er geschlagen war, und so wankte er von dannen.
    »Bisschen fies«, meinte ich. Danny grinste.
    »Aus dem Bild lässt sich noch mehr rausholen. Der Typ hätte uns nichts gebracht. Wir angeln weiter.«
    Er warf einen Blick auf seine Uhr. Fast Mittag. Ich zählte, was wir eingenommen hatten. Dreihundertfünfzig Pfund.
    »Guter Tag heute«, sagte er. »Lass uns einpacken und dann pfeifen wir uns was zum Mittagessen rein.«

Einunddreißig
    Sophie zeigte mir immer noch die kalte Schulter.
    Ich hatte ihr ein paarmal gesimst, aber sie habe keine Zeit, sich zu treffen, sagte sie. Ich nahm an, dass es das Beste wäre, gar nicht groß darauf einzugehen. Nicht klammerig und gefühlsduselig zu wirken. Wenn sie einen auf schwer zu kriegen machte   – das konnte ich schon lange.
    Außerdem bekam ich ein paar Tage später einen Anruf von Anna, die nachfragte, ob alles klar sei mit mir. Ich bejahte und sie schlug vor, sich zu treffen. Ich nahm die Bahn in die Innenstadt und traf sie in einer Bar in Soho, nicht weit von ihrem Büro. Wir tranken ein paar Bier. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich unbefangen, wohl in meiner Haut. Kein Wunder. Die ungeteilte Aufmerksamkeit einer Frau, die so fantastisch aussah wie Anna, musste einem Typen ja Selbstvertrauen geben. Wir unterhielten uns über alles und nichts und rissen unsere Witze. Ich berichtete ihr von meinem Marktstand. Da änderte sie ihren

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