Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
diese ganze Mühe auf sich zu nehmen, um festzustellen, daß man in der Zwischenzeit längst von einer Spore infiziert wurde.«
»Nun mach schon und tu’s, Flinx! Er hat recht.«
»Die Frau spricht die Wahrheit.«
Pip erschrak, als Flinx den Abzug betätigte. Zwei schnelle scharfe Stöße reichten aus. Was von dem Echtbein noch übrig war, fiel herunter, immer noch in sich grau färbende Haustorien eingehüllt. Der sechs Zentimeter lange Stumpf dampfte leicht.
Es war schwer zu sagen, welche Wirkung die Amputation auf den Geologen hatte. Er hatte keine Augenlider, die sich schlossen und keine Lippen, die er vor Schmerz zusammenbiß. Doch die verschränkten Hände und Füße entspannten sich für längere Zeit nicht.
Clarity hatte sich bereits niedergekniet, um den Stumpf zu begutachten, während die Wissenschaftlerin in ihr jegliches Unbehagen verdrängte. »Es sieht aus wie ein sauberer Verschluß. Ich sehe keinerlei Haustorien, die noch im Stumpf stecken.« Sie sah den Geologen an. »Eigentlich dürfte die Infektion nicht mehr aufflammen.«
Sowelmanu mußte langsam sprechen, damit er verstanden wurde. »Ich bin dankbar. Es tut mir leid, daß Sie hier unten mit mir gestrandet sind, aber ich bin froh, daß Sie mitgekommen sind. Ich hätte sonst einen nicht besonders angenehmen Tod erlitten.« Er versuchte sich aufzusetzen. Flinx schob einen Arm unter den Thorax, gleichzeitig darauf achtend, daß er die Atemlöcher nicht zudeckte.
»Dieser Bewuchs ist für Sie eine viel größere Gefahr als für mich. Wenn ich nicht bewußtlos geworden wäre, dann wäre ich davon gar nicht infiziert worden, da die Ranken in ein Exoskelett nur an den Gelenken oder den Augen eindringen können, während Sie, da Sie Ihre Körper ja außerhalb Ihres Skeletts tragen, rundum verwundbar sind.«
»Das werde ich mir merken.« Flinx stützte mit dem Arm weiterhin den geschwächten Thranx. »Möchten Sie vielleicht einmal versuchen, allein und aus eigener Kraft zu stehen?«
»Nein, aber ich möchte hier auch nicht liegenbleiben wie eine hilflose Larve.«
Er zog die Fußhände unter den Thorax, beließ die verbliebenen Echtbeine unter dem Bauch und drückte sich hoch. Sein Schritt war unsicher, als er sich bemühte, das fehlende Bein auszugleichen. Einen kleinen Kreis zu gehen, war eine mittlere Kraftleistung.
»Widerlich, sich so fortbewegen zu müssen, mit dem Kopf dicht über dem Boden. Dies ist die Haltung, die unsere Arbeitervorfahren einnehmen mußten, selbst nachdem wir den aufrechten Gang bekommen hatten.«
»Beklagen Sie sich nicht!« beschied Flinx ihm. »Wenn ich ein Bein verlöre, dann wäre ich nahezu unbeweglich. Sie verlieren eins und haben noch immer fünf, auf denen Sie gehen können.«
»Man kann nicht umhin, den Verlust eines Gliedes mit Bedauern zur Kenntnis zu nehmen.«
»Nicht bewegen!«
Sowelmanu schaute auf Clarity, die sich über ihn beugte. »Ich nehme an, Madam, daß Sie keine ausgebildete Ärztin sind?«
»Nein, aber ich bin Geningenieurin, und ich habe medizinische Grundkenntnisse.« Sie benutzte eine winzige Sprühdose und versorgte damit den Stumpf des fehlenden Echtbeins.
»Das ist zum Versiegeln und zum Wiederherstellen von menschlichem Fleisch. Bei Chitin wirkt es nicht.«
»Stimmt, aber es lagert sich um die Verätzung an und ist ein guter Sterilisator. Ein zusätzlicher Schutz vor dem Eindringen von Sporen.«
»Da ist auch noch das heikle Thema Nahrung. Ich habe bereits alles gegessen, was ich bei mir hatte, da ich damit rechnete, weniger als einen Tag draußen zu sein.«
»Wir haben Konzentrate«, beruhigte Flinx ihn. Viele Thranxspeisen konnten von Menschen gegessen werden und umgekehrt. Der Geschmack war jedoch eine andere Angelegenheit. In seinem derzeitigen Stadium war Sowelmanu allerdings sicher nicht sonderlich wählerisch.
12. Kapitel
Die Thranx bevorzugten weiche Nahrung, doch der Geologe hatte keine Schwierigkeiten, die Proteinwürfel zu verzehren, die den Hauptteil der eroberten Vorräte bildeten.
»Ich glaube, das muß jetzt reichen.« Flinx gab dem Geologen einen dritten Würfel und verschloß den Vorratssack, der die Würfel enthielt. »Wir müssen mit unseren Rationen sparsam umgehen, da wir nicht wissen, wie lange wir hier unten festhängen werden.«
»Ich bitte um Entschuldigung.« Sowelmanu gab einen Laut des Bedauerns zweiten Grades von sich. »Ich glaube zu verhungern.«
»Sie sind auf einem anderen Weg bis hierher gelangt.« Clarity versuchte die Erregung zu
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