Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
daß meine Aussichten auf ein Überleben in diesem Fall besser sind. Wenn Sie meine Bitte nicht erfüllen, dann werde ich mir sicherlich aus der Luft eine Pilzinfektion zuziehen, die sich wahrscheinlich nicht so einfach behandeln läßt. Die Waffe wird die Wunde verätzen und ausreichend verschließen, bis ich mich einer angemessenen Behandlung unterziehen kann. Das heißt«, fügte er leise hinzu, »vorausgesetzt, daß diese wahnsinnigen Menschen nicht die Krankenstation des Außenpostens zusammen mit allem anderen zerstört haben.«
»Das würde mich bei denen nicht erstaunen«, sagte Clarity.
»Sie reden, als seien Sie mit deren Anliegen vertraut. Ich bin natürlich sehr interessiert. Was wollen sie?«
Flinx justierte den Nadler, während sie sich unterhielten. Er fragte sich, ob der Geologe wirklich neugierig war oder ob er einfach nur reden wollte, um von der Amputation abzulenken, die Flinx gerade vorbereitete.
»Sie wollen Long Tunnel stillegen«, erklärte Clarity ihm. »Sämtliche Forschung einstellen. Sie sind die schlimmste Sorte von Ökopuristen. Die drehen schon durch, wenn sie den Eindruck haben, daß eine Schnecke genetisch behandelt werden soll, um die Färbung ihres Gehäuses zu verändern. Wir alle sind die großen Sünder in ihrer Religion der Nichtentwicklung.«
»Ich verstehe.« Der Thranx flötete ein Verständnis dritten Grades, gemischt mit einer Andeutung von Anteilnahme. »Das würde erklären, warum sie sich erst auf Coldstripe gestürzt haben. Sie mußten natürlich annehmen, daß Sie die schlimmsten Sünder sind.«
»Irgendwie fühle ich mich dadurch nicht geschmeichelt. Wie läuft denn der Kampf? Wir haben uns ziemlich eilig aus dem Staub gemacht…«
»Ich ebenso, daher kann ich Ihnen nicht viel mehr sagen, als Sie wahrscheinlich schon wissen. Als sie in unsere Höhle einbrachen, schossen zwei von unseren Leuten zurück. Sie tragen Handfeuerwaffen zur Verteidigung gegen die größeren Raubtiere. Danach war es wie ein Tunneleinbruch: nur noch Staub und Durcheinander. Ich kam gerade herein, nachdem ich draußen meine Untersuchungen angestellt hatte, als ich die Schüsse hörte, sah, wie schlimm es stand, und wandte mich zur Flucht.« Er nahm die Fußhand hoch und bog sie nach hinten, um den Thoraxtornister und seinen seltsamen Lichtbalken zu betasten.
»Ich bin nicht mit voller Ladung losgezogen, da ich nicht damit rechnete, lange unterwegs zu sein. Erst als ich aufhörte zu rennen, erkannte ich, wie schwach mein Licht geworden war. Ich versuchte den Weg zurückzugehen, den ich gekommen war, aber in meiner Hast hatte ich sämtliche begangenen Korridore hinter mir gelassen.
Wie Sie wissen, können wir bei schlechter Beleuchtung immer noch ganz gut sehen, aber niemand vermag bei totaler Finsternis etwas zu erkennen. Ich versuchte meinen Rückweg auf tastende Weise zu finden, aber in der Finsternis fühlte jede Formation sich wie die andere an. Ich verlor die Orientierung und verirrte mich.
Dann spürte ich, wie etwas mir ins Bein stach. Ich versuchte, mich zu entziehen, und schaffte es nicht. Weitere Stiche folgten. Ich konnte nicht sehen, was mich angriff, und als ich erneut versuchte, mich zu befreien, stürzte ich und stieß mir den Kopf.« Er blickte zu Flinx auf, der nun fast bereit war. »Das ist das Problem mit dieser Gegend, sehen Sie. Es gibt nichts Weiches hier, nicht mal in den ältesten Tunnels. Auf Hivehom erbauten wir eine Zivilisation aus weicher Erde. Wir haben nicht versucht, uns durch Gestein zu arbeiten. Aber ich langweile Sie sicherlich mit den Grundlagen der Thranx-Geschichte, die jeder Mensch schon in der Larvenschule lernt.«
»Bring mal das Licht her!« bat Flinx Clarity. Sie näherte sich und nahm eine Haltung ein wie ein alter Samuraikrieger, der im Begriff ist zuzuschlagen. »Ich wünschte, wir hätten irgendein Betäubungsmittel.«
»Der Bereich ist von den Nervenschädigungen bereits völlig taub.«
Flinx betrachtete nachdenklich den Griff seines Nadlers. »Ich könnte Ihnen dieses Ding über den Schädel schlagen.«
»Vielen Dank«, sagte Sowelmanu trocken, »mein Schädel tut schon dort weh, wo ich auf dem Boden aufgeschlagen bin. Ein einziger Schlag dieser Art reicht mir.« Er versteifte sich, wobei die Fingerglieder seiner Echthände sich verschränkten, dann die Fußhände, am Ende die hintersten Beine, als er sich so gut wie möglich bereithielt. »Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie nicht länger warten. Es wäre absolut widersinnig,
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