Longieren leicht gemacht - Schmelzer, A: Longieren leicht gemacht
Körperhaltung, unsere Mimik und Gestik ständig und meist weitgehend unbewusst Signale an unsere Umwelt. Wir Menschen verlassen uns in zwischenmenschlichen Kommunikationssituationen zwar überwiegend auf sprachliche Signale und beherrschen diese aktiv wie passiv, aber unterschwellig laufen wie Untertitel gleichzeitig ständig stimmlose Botschaften, die kaum unterdrückt werden können. Unser Gegenüber wird sich überwiegend auf die sprachliche Botschaft konzentrieren, daneben die anderen Signale aber durchaus mehr oder weniger vollständig und stimmig lesen können. So entstehen beispielsweise Eindrücke wie „Der lügt doch!", „In Wirklichkeit will die doch was von mir, oder?" oder „Ich glaub', der steht auf mich!", selbst wenn der Inhalt des Gesprächs keine Hinweise auf derartige Aussagen ergibt. Sprachliche Botschaft plus Untertitel aus nichtsprachlichen Signalen: Das ist also die Grundlage zwischenmenschlicher Kommunikation.
Einladen in das Innere des Zirkels, …
… Handwechsel durch die Zirkelmitte …
… und heraustreiben: Kein Hokuspokus, sondern harmonische Kommunikation.
Pferden stehen grundsätzlich dieselben Möglichkeiten zur Verfügung, allerdings mit gegensätzlicher Gewichtung. Ihre sehr subtile und hochdifferenzierte Körpersprache wird durch Lautsprache wie Wiehern oder Schnauben lediglich ergänzt und erweitert. Sie sind sehr geübt im Lesen dieser lautlosen Verständigung, vor allem dann, wenn sie ihr ganzes Leben intensive Kontakte mit Artgenossen pflegen konnten. In dieser Fähigkeit liegt für uns Menschen gleichzeitig eine große Chance und eine große Gefahr, denn die lieben Tiere durchschauen geschickt jeden, der ihnen körpersprachlich einen blauen Dunst vormachen will, gehen aber auch gern und freudig auf Menschen ein, die auf diesem Weg eine aktive Kommunikation mit ihnen betreiben. Wir können uns also darauf beschränken, lediglich passiv Signale zu senden und uns im Klaren darüber zu sein, dass diese von unserem Vierbeiner unentwegt gelesen und verstanden werden, oder wir beziehen ganz bewusst und aktiv nichtsprachliche Signale in unsere gemeinsame Verständigung ein. Dazu bedarf es keiner esoterischen Höhenflüge, weder Magie noch geheimnisvolle Überlieferungen sind gefragt, als Anfang reicht es durchaus, dass wir uns bemühen, uns ständig dieser ansonsten unbewusst ablaufenden Untertitel bewusst zu sein. Meist werden wir automatisch dazu übergehen, diese nach und nach bewusster einzusetzen. Halten wir also fest: Pferde nutzen ihren Körper als Ausdrucksmittel und wir Menschen können dies ebenfalls.
Pferde sind Herdentiere, das dürfte bekannt sein und ebenso bekannt ist wohl, dass sie sich durch ein sehr differenziertes Sozialleben inklusive Rangordnung auszeichnen. Unter anderem gehört es zu den Privilegien und Pflichten des Ranghöheren, andere zu (ver-)treiben. Da wird der rangniedere Kollege vom bevorzugten Ruheplatz gescheucht, da treibt der Boss seine Schutzbefohlenen aus der Gefahrenzone, der Haremshengst umkreist seine Damen und hält sie eng beisammen, damit ihm kein Konkurrent dazwischenfunkt. Getrieben aber wird von hinten, genauer von schräg hinten. Je nachdem, wo sich ein Artgenosse befindet und von wo er sich dem Kollegen nähert, bewirkt er bei diesem unterschiedliche Reaktionen. Es lassen sich regelrechte Einwirkungszonen definieren: Hinten liegt, wie gesagt, eine treibende Zone. Kommt der Artgenosse allerdings eher von vorn, bremst er den Kollegen. Dazwischen – also auf Höhe des Rumpfes – befindet sich eine neutrale Zone, in der bestenfalls seitwärts getrieben und ausgewichen werden kann.
Diese natürlichen und deswegen für das Pferd selbstverständlichen Reaktionen auf die Annäherung anderer können wir uns mit einigem Geschick zunutze machen. Die auf die Kruppe gerichtete, vorwärts treibende Peitsche, die seitwärts wirkende Peitsche Richtung Schulter und die Unterstützung der Paraden durch die optisch bremsende Peitsche vorn wurden bereits erwähnt, aber der Longenführer kann die Wirkung der Peitsche noch unterstützen. Normalerweise befindet er sich in der neutralen Zone, die beiden Schenkel des Dreiecks (Peitsche und Longe) sind etwa gleichlang.
Ein Verkürzen des „Peitschenschenkels", wenn also der Longenführer den Zirkelmittelpunkt in Richtung Kruppe verlässt, wirkt treibend. Dieses Treiben kann als einmaliges Signal gegeben werden und besteht dann in einem Schritt Richtung Kruppe oder entgegen der
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