Loose Laos
unklar. Sicher ist, dass die Gründung Lane Xangs durch den Niedergang Sukhothais begünstigt wurde, das zu dieser Zeit bereits ein Vasall Ayutthayas geworden war.
Nach dem Aufbau einer provisorischen Regierung unternahm der ruhelose König 1354 weitere Feldzüge und dehnte seinen Einfluss bis nach Sipsongpanna (Süd-Yunnan) und Sipsongchutai (Nordost-Vietnam) aus. Die großen Machtzentren in Zentrallaos, Vientiane und Vieng Kham, konnte er erst 1357 erobern und damit endgültig die Herrschaft über ein vereinigtes laotisches Königreich beanspruchen. Die Eroberung der Stadt Vieng Kham war dabei sein Meisterstück: Weil die Stadt durch ein undurchdringliches Bambusdickicht geschützt war, ließ Fa Ngum Pfeile mit Spitzen aus Gold und Silber in den natürlichen Schutzwall schießen. Anschließend zog er die Belagerungstruppen zum Schein ab. Die Bewohner Vieng Khams begannen da raufhin eifrig, den schützenden Bambus zu roden, um an die wertvollen Pfeilspitzen zu gelangen. Nun hatte Fa Ngum leichtes Spiel: Durch die entstandenen Lücken konnte er die Stadt mühelos einnehmen. Anschließend kehrte er nach Xieng Dong-Xieng Thong zurück und widmete sich der politischen und administrativen Konsolidierung seines Reiches.
Muang
Im Unterschied zu Europa wurde die politische Landkarte in den buddhistischen Kulturen Südostasiens bis zum 19. Jh. nicht von klar begrenzten Staaten geprägt, sondern von so genannten
muang
(gesprochen „müang“
)
– Herrschaftsräumen, die sich um einen König, seinen Palast und das religiöse Zentrum konzentrierten, von dem er seine Legitimation erhielt.
Diese politische Organisation ist auch unter dem alten indischen Konzept
mandala
(Sanskrit: „Kreis“) bekannt, das von konzentrischen Einflusssphären ausgeht, die um ein Machtzentrum angeordnet sind. Größe und Grenzen eines solchen Gemeinwesens waren fließend und korrespondierten mit der religiösen, militärischen und ökonomischen Macht eines Herrschers. Nicht selten geschah es, dass sich
muang
an der Peripherie überschnitten, das heißt, dass die kleineren Vasallenstaaten an den Rändern mehreren Herrschern Tribut zollten. War ein
muang
im Niedergang begriffen, konnten sich die äußeren Fürstentümer lösen und ihr eigenes Hegemonialsystem aufbauen. Oder sie gerieten in Abhängigkeit eines anderen
muang
, nicht selten freiwillig durch den Tausch von Tributabgaben gegen militärischen Schutz.
Erst mit dem Erscheinen der europäischen Kolonialmächte wurde die
muang-
Idee vom Konzept der Nationalstaaten ersetzt, sie lebt aber in der Bezeichnung für Städte und Distrikte fort.
Fa Ngums Regierungszeit gilt gemeinhin auch als Geburtsstunde des laotischen Buddhismus. Den Chroniken zufolge soll der König schon aus seinem kambodschanischen Exil buddhistische Gelehrte, Künstler und Handwerker mitgebracht haben, um die buddhistische Kultur im Königreich zu verbreiten. Auch die Statue des Phra Bang (S. 229 ) soll in jener Zeit seinen Weg ins spätere Luang Prabang gefunden haben. Historiker gehen aber heute davon aus, dass die Statue erst im 16. Jh. unter König Vixounarat (reg. 1500–1520) in die Königsstadt gelangte und der Buddhismus nicht vor dem 15. Jh. das kosmologische Fundament von Lane Xang bildete.
Der Phra Keo
Um den Smaragd-Buddha, oft auch Jadebuddha genannt, ranken sich viele Legenden. Es wird vermutet, dass er ursprünglich aus Indien stammt. 1434 kam er in Chiang Rai zum Vorschein (Königreich Lan Na), als ein Blitz in den Chedi eines Tempels einschlug und die unter einer Gipshülle verborgene Figur freilegte. Da Lan Na damals von Chiang Mai aus regiert wurde, sollte die hochverehrte Statue dorthin gebracht werden. Doch der Elefant, der die Figur trug, lief ins 100 km südöstlich gelegene Lampang. Als sich dies mehrfach wiederholte, beließ man den Smaragd-Buddha 32 Jahre lang dort. Erst 1468 wurde er nach Chiang Mai gebracht und in der östlichen Nische des Chedi Luang aufgestellt. 1551 nahm ihn Setthathirat mit nach Luang Prabang, und als die Hauptstadt unter dem Druck der angreifenden Birmanen nach Vientiane verlegt wurde, transportierte man die Buddhastatue dorthin. 1779 brachten die Siamesen den Smaragd-Buddha als Kriegsbeute nach Thonburi und sechs Jahre später schließlich an ihren heutigen Platz im Vat Phra Keo in Bangkok.
Renate Loose
Trotz aller Erfolge endete Fa Ngums Leben, wie es begonnen hatte: in der Verbannung. Über den Grund sind sich die Experten uneinig. Einige vermuten, er habe sich
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