Lord Camerons Versuchung
hetzt.«
Daniel sah verärgert aus, nickte aber dann.
»Wer ist denn dieser Count Durand?«, wollte Ainsley wissen.
Daniel warf seinem Vater einen beredten Blick zu. »Ich habe dir ja gesagt, wir sollten lieber ohne sie darüber sprechen.«
»Wenn Ainsley sich entschieden hat, mit uns zu leben, dann verdient sie es auch, alles zu erfahren. Auch das Schlimmste. Count Durand war der Liebhaber meiner Frau«, sagte Cameron zu Ainsley. »Einer von denen, die am hartnäckigsten waren.«
»Oh.« Camerons Erklärung war wegen der Ruhe, mit der er sie aussprach, umso herzzerreißender.
»Sie war mit Durand zusammen, bevor sie Dad geheiratet hat«, sagte Daniel. »Und sie ist auch weiterhin zu ihm gegangen, nachdem sie verheiratet war, und sie hat ihm eine Menge von Dads Geld zugesteckt. Durand stammt von einer dieser alten französischen Adelsfamilien ab, die emigrieren mussten. Er hat kein Zuhause und lebt von seinen Freunden und von seinen Frauen. Vermutlich auch von seinen männlichen Geliebten.«
»Daniel«, ermahnte Cameron ihn.
»Nun, du wolltest doch, dass sie alles erfährt. Irgendwie hat der Mann es sich in den Kopf gesetzt, dass er mich gezeugt hat.«
Der Ausdruck in Camerons Augen ließ vermuten, dass die Ungewissheit darüber ihm einst sehr zugesetzt haben musste. Daniel, hochgewachsen und breitschultrig, seine Erscheinung ein Spiegelbild Camerons, war ganz sicher ein MacKenzie. Aber vor Daniels Geburt hatte Cameron sicher mit der Qual des Zweifels gelebt.
Das war ein weiterer Grund, warum Cameron Elizabeth nicht fortgeschickt hatte, erkannte Ainsley. Cameron hatte herausfinden müssen, ob das Kind, mit dem Elizabeth schwanger war, von ihm stammte.
»Aber Count Durand hat dich nicht gezeugt«, sagte Ainsley. »Das ist offensichtlich.«
»Ja, aber er bekommt es einfach nicht aus seinem dicken Schädel. Er droht, deswegen zur Polizei zu gehen, oder er versucht, Dad dafür zu erpressen, dass er mir fernbleibt.« Daniel lachte, sein blaues Auge war fast zugeschwollen. »Durand will im Grunde gar keinen Sohn, der an ihm dranhängt, er hat einfach nur Spaß daran, Ärger zu machen und Geld aus Dad herauszuholen. Durand kann sich mich gar nicht leisten.«
Cameron brachte Daniel dazu, das Thema fallen zu lassen, aber für den Rest des Tages war er eher einsilbig.
Am Abend, im Casino, verzichtete Cameron plötzlich auf einen Gewinn beim Baccara und verließ mit langen Schritten den Spielsaal, um auf einen schlanken schwarzhaarigen Mann zuzugehen, dem der satinpaspelierte Abendanzug in schlaffen Falten um die hagere Gestalt schlotterte. Einige Stammgäste des Casinos wichen vor Cameron zur Seite und öffneten eine Gasse zwischen ihm und dem Schwarzhaarigen.
Cameron packte den Mann am Genick und zerrte ihn quer durch die Rotunde zum Haupteingang hinaus. Niemand hielt ihn auf – die diskreten Wachleute und auch die Schmetterlinge taten so, als seien sie mit anderen Dingen beschäftigt.
Cameron stieß Durand die Auffahrt vor dem pseudoklassizistischen Gebäude hinunter, und Ainsley bemühte sich, ihnen zu folgen – im engen Abendkleid und Schuhen mit hohen Absätzen. Cameron trieb den Mann weiter vor sich her, bis sie eine Stelle erreichten, an der die in Serpentinen geschwungene Straße genau über der nächsten, tiefer liegenden Kurve lag.
Ainsley folgte den beiden Männern, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie konnte Cameron seine Wut nicht verdenken, aber wer konnte schon sagen, was er mit Durand vorhatte. Oder wie viele Männer Durands im Schatten lauerten, um Cameron zu einer unförmigen Masse zu schlagen.
Sie holte die beiden in dem Moment ein, in dem Cameron Durand gegen eine Hauswand drückte. Der Mann versuchte, sich zu wehren, aber Cameron packte ihn am Revers seiner Jacke und zerrte ihn hoch.
»Du fasst meinen Sohn nicht noch einmal an«, sagte Cameron laut, »sonst werde ich dich töten.«
»Dein Sohn?« Durand sprach französisch, aber Ainsley verstand ihn. »Meine Elizabeth hat gesagt, dass du deinen Schwanz gar nicht hoch genug gekriegt hast, um ihr einen Sohn zu machen. Sie hat mir gesagt, dass sie dich gründlich zum Narren gehalten hat. Der Junge ist von mir.«
»Sie war eine verdammte Lügnerin, Durand.«
Durand holte mit der Faust aus, aber Cameron packte sie spielend leicht und hielt sie fest.
»Sie hat mir gesagt, was sie mit dir gemacht hat, du Stück Dreck«, schrie Durand. »Ich wäre gern dabei gewesen und hätte dich festgehalten, als sie ihre Rache genommen hat.
Weitere Kostenlose Bücher