Lord Camerons Versuchung
Bewegungen durch das Fell zu ziehen, um Schmutz und Haare daraus zu entfernen.
»Ich will dir alles Geld der Welt geben, Angelo«, sagte Cam. »Ich will dich zum König von England machen. Verdammt, ein Rom würde sich ein ganzes Stück besser auf dem Thron machen als die Sachsen-Coburger.«
Angelo grinste ihn an. »Bitte nicht. Es würde mir nicht gefallen, den ganzen Tag drinnen zu hocken.«
»Aber dann alles Geld der Welt. Du verdienst es.«
»Geld ist gut, um sich den Bauch zu füllen und das Feuer am Brennen zu halten«, räumte Angelo ein. »Aber es macht mehr Spaß, es zu stehlen.«
»Tu das nicht so einfach ab. Du hast Ainsley gestern das Leben gerettet. Das ist alles wert, was ich habe.«
Angelo striegelte das Pferd weiter. »Ich war nah genug bei ihr, um reagieren zu können, das ist alles. Ich weiß, was Sie denken – Sie geben sich die Schuld. Aber ich habe gesehen, wie nervös der Hengst war. Ich hätte Pierson einfach überhören und mich um das Tier kümmern sollen.«
»Und Pierson hätte dich heute vor den Friedensrichter gezerrt und dich des Pferdediebstahls bezichtigt. Wir können froh sein, den Mann los zu sein. Aber Ainsley hätte dafür nicht leiden müssen.«
»Ja, das ist wahr.« Angelo sah ihn ruhig an. »Schenken Sie mir kein Königreich. Ich will es nicht, und ich weiß, dass Sie das Gleiche getan hätten, wäre meine Schwester oder meine Mutter oder Geliebte in Gefahr gewesen.«
»Ja, das hätte ich.«
Angelo war mit seiner Arbeit fertig, er klopfte den Schmutz aus dem Striegel und begann, das Fell des Pferdes mit der weicheren Wurzelbürste zu bearbeiten. Er bewegte sie in Wuchsrichtung des Fells, und das Pferd, das als Sieger in Newmarket, Epsom und Doncaster über die Zielgerade gegangen war, verlagerte sein Gewicht auf eine Hüfte und grunzte vor Wohlbehagen.
»Ainsley möchte gern euer Kanalboot sehen«, sagte Cameron.
Angelos Lächeln erhellte seine Augen. »Lassen Sie mich zuerst eine Nachricht an meine Mutter schicken, damit sie sauber machen kann. Sie würde mir das Fell gerben, würde ich Ihre Ladyschaft ohne Vorankündigung an Bord bringen.«
Cameron, der Angelos Mutter kannte, verstand das. Angelos Mutter war bestenfalls einen Meter fünfzig groß und regierte die weitläufige Familie mit eiserner Hand.
Sie beließen es dabei. Angelo verstand Camerons Dankbarkeit, und Cameron wusste, er würde unverkrampft damit umgehen.
Cameron verließ den Stall, er war noch zu aufgewühlt, um zu reiten – Pferde mochten keine angespannten Reiter –, und beobachtete vom Rand des Paddocks aus die Jockeys bei ihren Trainingsritten.
Er spürte Daniel eher näher kommen, als dass er ihn hörte. Daniel war womöglich noch größer und breiter geworden, seit sie Kilmorgan verlassen hatten.
Cameron dachte an das Kind zurück, das ihm überallhin auf spindeldürren Beinen gefolgt war und verlangt hatte, alles über »die Ponys« zu erfahren. Obwohl Cameron mit Daniel immer kurz angebunden gewesen war, hatte er doch immer genau gewusst, wo sein Sohn steckte und was er anstellte, hatte ihn gesucht und zurückgeholt, wenn er auf Irrwege geraten war. Wie er es auch getan hatte, als er zu ihm nach Glasgow gefahren war. Cameron und seine Brüder hatten den Jungen irgendwie großgezogen, ohne viel Aufhebens darum zu machen.
»Nun, ich geh dann mal«, sagte Daniel.
»Gehen? Wohin denn dieses Mal?«
Daniel schob die Hände in die Taschen und sah Cameron ausdruckslos an. »Zur Universität. Dahin hast du mich doch die ganzen letzten Monate bringen wollen, oder nicht?«
»Ich dachte, du hasst Cambridge.«
»Tue ich auch. Deshalb gehe ich auch nicht dorthin, sondern nach Edinburgh. Ich hatte auch Glasgow erwogen, weshalb ich damals dorthin gefahren bin.«
In Cameron machte sich Verzweiflung breit. »Darum ging es also? Verdammt noch mal, Danny, warum hast du mir das nicht gesagt?«
Er zuckte die Schultern. »Ich wollte mir den Ort ansehen, bevor ich dich bitten wollte, mich dorthin zu schicken. Ich hatte nicht damit gerechnet, in einen Überfall zu geraten. Ich hatte mich anständig angezogen, damit mich der Dekan nicht sofort achtkantig hinauswerfen würde, aber das war für diese Burschen wohl eine zu große Verlockung. Sie wollten meine Kleider, kannst du dir das vorstellen? Hätten sie Geld gewollt, sie hätten nur darum bitten müssen. Das habe ich ihnen dann auch gesagt.«
»Deshalb bist du mit ihnen ins Gefängnis gegangen? Edel von dir, Sohn.«
»Sie glaubten nicht, dass ich
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