Lord Camerons Versuchung
ich Ihnen die verlangten tausend Guinees geben.«
Er hat Ihnen den Brief nicht zurückgegeben, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen.
»Ich kann das Geld aufbringen«, sagte Ainsley. »Es wird schwierig sein, aber ich kann es.«
Im Schein der chinesischen Papierlaternen sahen sie beide zu Phyllida hinüber, die jetzt zu ihrem Mann trat und sich bei ihm einhakte.
»Sie ist eine harte Frau«, sagte Cameron.
»Sie ist ein scheußlicher Stachel in meinem Fleisch.«
Camerons leises Lachen knirschte wie Kies. »Wenn Sie glauben, dass tausend Guinees reichen, um Phyllida loszuwerden, irren Sie sich. Sie wird etwas zurückbehalten oder einen anderen Weg finden, Sie wieder anzugehen. Erpresser geben sich niemals zufrieden.« Sein Lachen verblasste zu einem bitteren Lächeln.
»Stimmt das? Woher wissen Sie das?«
Seine Stimme klang hohl. »Wenn Sie der Bruder eines Dukes sind und Ihre Frau unter mysteriösen Umständen stirbt, dann stürzen sich die Leute wie die Haie auf Sie und fallen wie die Geier über Sie her.«
»Das sind zwei Metaphern auf einmal.«
»Das ist mir egal. Sie sind Haie in Menschengestalt, und sie tauchen aus dem Dunkel auf, wenn man sie am wenigsten erwartet.«
»Das tut mir leid.«
Sie klang mitfühlend. Verflucht sollte sie sein, aber musste sie ihn so ansehen?
Graue Augen, die in der Dunkelheit schimmerten, der offene Blick, der Spitzenschal, der ihr ein Stück von den Schultern gerutscht war, als sie sich gebückt hatte, um seinen Hund zu streicheln. Wieder einmal brachte Ainsley Camerons Welt dazu, lebendig zu werden, sich mit Farbe zu füllen und das lähmende Grau seines Daseins zu verdrängen.
»Die ganze Welt spekuliert darüber, ob ich meine Frau getötet habe«, sagte er. »Sie sind da keine Ausnahme.«
Das Aufblitzen von Schuldbewusstsein in ihren Augen verriet ihm, dass er recht hatte. Aber warum sollte Ainsley nicht darüber spekulieren? Niemand außer Cameron wusste, was in jenem Zimmer geschehen war. Bis auf Daniel, der noch ein Baby gewesen war, waren Cameron und Elizabeth allein gewesen.
Cameron dachte an die gerichtliche Untersuchung. Jeder hatte ihn genau beobachtet, als er mit tonloser Stimme ausgesagt hatte. Jeder war überzeugt gewesen, dass er Elizabeth getötet hatte. Die Blicke der Dorfbewohner, die Reporter, Elizabeths Familie, ihre Liebhaber, sein eigener Vater, die Geschworenen der Jury, der Coroner – hart und kalt hatten sie darauf gewartet, dass er die Tat gestand.
Nur Hart hatte ihm geglaubt, und Hart hatte einen Meineid geschworen, indem er dem Coroner gesagt hatte, er habe gesehen, dass Elizabeth sich selbst das Messer in die Kehle gestoßen habe – nachdem er die Tür aufgebrochen hatte. Cameron hatte mit Daniel auf dem Arm mitten im Zimmer gestanden und versucht, das schreiende Kind zu beruhigen. Hart hatte der Jury den Ablauf dargelegt und dabei die richtige Mischung aus dem Charme der MacKenzies und dem Entsetzen über das Geschehene und Mitgefühl für seinen Bruder eingesetzt.
Was Hart geschildert hatte, war die Wahrheit gewesen, nur dass er sie nicht mit eigenen Augen gesehen hatte. Elizabeth war bereits tot gewesen, als Hart sich Zutritt zu dem Zimmer verschafft hatte. Hart hatte gelogen, um Cameron zu retten, und Cameron würde ihm ewig dankbar dafür sein. Seitdem ertrug Cameron Harts Gesellschaften und unterhielt Harts Gäste, indem er sie zusehen ließ, wenn er seine Rennpferde trainierte.
Er spürte Ainsleys Hand auf seinem Arm, die ihn aus der finsteren Vergangenheit herausholte. Ihre Stimme hüllte ihn ein, zusammen mit ihrem Duft – Vanille und Zimt, ja, das war sie.
»Die Leute reden darüber, das kann ich nicht leugnen«, sagte sie. »Aber ich glaube nicht, dass es wahr ist.«
»Wie zum Teufel können Sie das wissen?« Cameron hörte das Knurren in seiner Stimme, konnte aber nichts dagegen tun.
»Ich verstehe mich ganz gut darin, Menschen einzuschätzen, das ist alles.«
»Das bedeutet nur, dass Sie viel zu vertrauensselig sind.«
»Das bedeutet, dass es meine Meinung ist, ob sie Ihnen gefällt oder nicht. Also hören Sie auf, mich zu beleidigen oder mich einzuschüchtern oder was immer es ist, was Sie tun.«
Sie holte ihn damit wieder einmal aus seinem halb betäubten Zustand heraus, und die Welt um ihn herum wurde klarer. »Aber Sie sind eine Lügnerin und eine Diebin, Mrs Douglas«, sagte er und ließ seinen Ton unbeschwerter klingen. »Eine Betrügerin. Wie kann ich Sie da beim Wort nehmen?«
Sie ließ die Hand auf
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