Lord Camerons Versuchung
Sie waren Kammerfrau der Königin, jemand, dem sie vertraut hat. Warum stellen Sie sich gegen sie?«
»Ich stelle mich gegen sie?« Phyllidas Augen blitzten, und zum ersten Mal sah Ainsley eine Gefühlsregung bei Phyllida Chase statt der üblichen kalten Berechnung. »Gehen Sie zu ihr und fragen Sie sie, warum sie sich gegen mich gestellt hat. Alles, was ich wollte, war ein wenig Glück. Ich hatte ein wenig Glück verdient. Sie hat mir alles genommen, und das werde ich ihr nie vergeben. Niemals.«
Die Erbitterung in Phyllidas Stimme war unüberhörbar, sie sprach aus tiefem Zorn und aus tiefer Verzweiflung. Phyllida war bereits aus dem Dienst der Königin entlassen worden, bevor Ainsley vor drei Jahren ihre Stellung bei Hofe angetreten hatte, und sie hatte nie die Gründe für die Entlassung erfahren. Natürlich waren ihr Gerüchte über Mrs Chase zu Ohren gekommen – zum Beispiel, dass sie notorisch Jagd auf jüngere Männer machte –, aber die Königin hatte nie ein Wort über Phyllida und das Gerede verloren.
»Ich habe keine tausend Guinees«, erklärte Ainsley. »Ich habe fünfhundert. Die Summe, die Sie haben wollten.«
»Vergessen Sie meine ursprüngliche Forderung. Betrachten Sie die weiteren fünfhundert als Preis für meine Verschwiegenheit darüber, auf welche Weise Sie Lord Cameron den Brief abgeschmeichelt haben – durch Verführung.«
Ainsley stieg die Röte ins Gesicht. »Ich habe ihn mir nicht durch Verführung erschmeichelt.«
Phyllidas Lächeln wirkte hart. »Meine liebe Mrs Douglas, Lord Cameron ist nicht nur ein Mann und ein verwöhnter Aristokrat, er ist zudem ein MacKenzie. Er hat Ihnen den Brief nicht zurückgegeben, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen. Sollten Sie ihm diese bis jetzt noch nicht gewährt haben, ist das unerheblich. Sie werden es noch tun.«
Ainsley segnete die Dunkelheit, weil sie wusste, dass sie vom Scheitel bis zur Sohle rot geworden war. Sie erinnerte sich der Hitze von Camerons Mund, als er ihr den Schlüssel in den Mund geschoben hatte. Es war die gleiche Hitze, die sie im Wald auf ihren Brüsten gespürt hatte.
Ehe Sie Ende der Woche abreisen, werden wir die Sache zu Ende bringen. Verlassen Sie sich darauf.
»Ich bin nicht mit ihm ins Bett gegangen«, sagte Ainsley. »Und ich werde es auch nicht tun.«
»Mein Gott, sind Sie naiv. Lord Cameron nimmt Frauen nicht im Bett. Überall sonst in einem Zimmer, ja – oder in der Kutsche, im Sommerhaus oder auf dem Rasen vor dem Haus. Aber niemals in einem Bett. Dafür ist er bekannt, unser Lord Cameron.«
Ainsleys Gedanken flogen zu Camerons hartem Körper, der sie auf das Bett drückte, seine kräftige Hand um ihre Handgelenke. Er war bereit gewesen, sie hatte es durch seinen Kilt hindurch gespürt, und er hatte sich ganz und gar nicht daran gestört, dass sie auf einem Bett gelegen hatten.
Aber er hatte sie losgelassen. Er hätte sich nehmen können, was er in jenem Moment gewollt hatte, hätte Ainsley dazu bringen können, sich ihm hinzugeben. Aber er hatte es nicht getan.
»Ich werde es jedenfalls nicht tun«, wiederholte Ainsley.
Phyllida warf ihr einen mitleidigen Blick zu. »Die weltfremde Mrs Douglas. Sie sind keine Herausforderung für Lord Cameron MacKenzie. Er wird von Ihnen sehr schnell das bekommen, was er will, und Sie werden zu ihm gehen. Cameron sieht etwas und will es, er nimmt es sich und ist damit fertig.«
Wir werden es zu Ende bringen.
Ainsleys Herz schlug schneller. »Sie scheinen das sehr gelassen zu sehen für eine Frau, die seine Geliebte ist.«
»Ich bin offenen Auges in diese Affäre gegangen. Lord Cameron steht in dem Ruf, ein höchst fähiger Liebhaber zu sein. Und genau das wollte ich, um mir die Langeweile während dieser schrecklich öden Veranstaltung hier zu vertreiben. Hart MacKenzie hat seinerzeit exotische Orgien veranstaltet, die der letzte Schrei waren. Und jetzt? Jetzt lädt er langweilige Leute ein, um eine langweilige Woche lang im kalten schottischen Hochland über langweilige Dinge zu reden. Cameron findet es genauso öde wie ich, aber jetzt, da er Ihre hübschen Augen gesehen hat, ist er vermutlich fertig mit mir. Aber das ist mir egal, weil auch ich fertig mit ihm bin.«
Ainsley hörte mit wachsendem Befremden zu, und ihr wurde klar, dass sie in eine Welt hineingestolpert war, in die sie bisher allenfalls einen flüchtigen Blick geworfen hatte – Ehemänner und Ehefrauen, die sich andere Partner suchten, um etwas Neues zu erleben; Liebhaber, die zugunsten
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