Lord Camerons Versuchung
Taille, die sich beim Tanz bog, und stellte sich vor, er würde den Arm darum geschlungen haben. Er würde Ainsley im Tanz drehen und den Arm um sie halten, würde sie zu einem langsamen, heißen Kuss an sich ziehen.
Er spürte Harts adlergleichen Blick auf sich und runzelte die Stirn. »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.«
Hart trank einen Schluck Whisky. »Vielleicht interessiert es dich zu wissen, dass ich gestern Abend gesehen habe, wie Mrs Douglas das Türschloss zur Suite der Chases geöffnet hat. Sie ist hineingegangen, als sie glaubte, niemand sähe es. Chase und ich sind uns in der deutschen Frage einig, aber ich will nicht, dass die Dinge zu früh diskutiert werden, besonders nicht mit der Königin.«
Hart machte sich Sorgen über die stetigen Erfolge der deutschen Industrie, die er als mögliche Bedrohung für Großbritannien ansah, während viele seiner politischen Freunde eher der Meinung waren, dass Deutschland ihr treuester Verbündeter sei. Cameron, eher an Pferderennen interessiert, zollte solchen Details nur wenig Aufmerksamkeit, aber Hart war kein Narr, und Cam vertraute Harts Instinkt.
»Das hatte nichts mit der deutschen Frage zu tun«, sagte Cameron.
Harts Blick schärfte sich. »Du weißt also, wonach sie gesucht hat? Interessant. Setz mich doch darüber in Kenntnis.«
Cameron schaute wieder zu Ainsley hin – tanzend, glücklich, lächelnd – und wusste in diesem Augenblick, dass er sie niemals an Hart verraten würde. Cam würde Ainsley so knurrig und fürsorglich beschützen wie Mac und Ian Isabella und Beth.
»Ich kann es dir nicht sagen«, erwiderte er. »Aber ich kann dir versichern, dass es nichts mit Politik zu tun hat. Es geht einfach nur um weibliche Albernheiten.«
Harts Blick hätte Glas zerschneiden können. »Weibliche Albernheiten können eine ganze Wagenladung von Geheimnissen in sich bergen.«
Cameron erwiderte den berüchtigten Hart-MacKenzie-Blick mit einem ebenso starren Blick. »In diesem Fall nicht. Du wirst mir vertrauen müssen, weil ich kein verdammtes Wort sagen werde.«
»Cam …«
»Kein verdammtes Wort. Es hat nichts mit deinen politischen Angelegenheiten zu tun.«
Hart presste die Lippen aufeinander, aber er wusste genau, wie weit er bei seinen Brüdern gehen konnte. Dabei drängte er Cameron stets am wenigsten, denn zu gut erinnerte er sich, wer all die Faustkämpfe und Balgereien gewonnen hatte, die sie als Jungen ausgefochten hatten.
Aber Cameron vergab Hart seine oft rücksichtslose Art immer. Hart hatte Cameron nach Elizabeths Tod das Leben gerettet, ohne je eine Gegenleistung zu verlangen; sie hatten noch nicht ein Mal wieder darüber gesprochen. Hart würde alles tun, um seine Familie zu beschützen und sie zusammenzuhalten. Das war der Grund, warum sie alle so gut lebten. Wobei Hart niemals in die Details gehen würde, wie es zu dem plötzlichen Wunsch ihres Vaters gekommen war, großzügige Trusts für seine drei jüngsten Söhne einzurichten, statt das Erbe ungeteilt an Hart fallen zu lassen.
»Gut, ich werde dir glauben«, sagte Hart, während die Musik verklang. »Aber lass Mrs Douglas nicht aus den Augen.«
Die Tanzenden applaudierten den Musikern, die ein neues Stück zu spielen begannen. Die Gäste strömten auf die Tanzfläche, um einen Walzer zu tanzen. Cameron hielt nach Ainsley und Daniel Ausschau, aber die beiden waren verschwunden.
»Das ist sie. Der kostbare Schatz meines Vaters, obwohl sie ihm nicht gehört – was ihn mächtig ärgert.«
Der kostbare Schatz war ein Pferd. Ein dreijähriges Stutfohlen, um genau zu sein, und ein wunderschönes Geschöpf. Daniel war mit Ainsley aus dem Ballsaal in den Stall gegangen, um es ihr zu zeigen.
Die junge Stute hatte schlanke, zierliche Beine, Feuer in den Augen, und ihr war die Kraft anzusehen, die in ihr steckte. Das Fell war dunkelbraun, Mähne und Schweif kaffeebraun. Der schmale rosafarbene Rand ihrer Nüstern zeugte von ihrer edlen Abstammung, und die Art, wie sie Ainsley und Daniel ansah, als beide sich ihr näherten, verriet, dass sie sich ihrer Klasse absolut bewusst war.
»Night-Blooming Jasmine, vermute ich«, sagte Ainsley. Die Stute hatte den Kopf über die halb hohe Tür ihrer Box gestreckt und die Ohren gespitzt. Ihre Nüstern bebten, als sie Ainsleys Geruch witterte. »Nein, ich habe dir keinen Zucker mitgebracht, du gieriges Ding.«
Als Ainsley die Hand ausstreckte, um Jasmine zu streicheln, tauchte ein hochgewachsener schwarzhaariger Mann aus den
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