Lord Camerons Versuchung
Ainsley froh, in den Zug steigen und auf den Kontinent entschwinden zu können. Patrick und Rona, wenn sie ihr Telegramm erhielten, würden so überrascht und verblüfft sein wie die Königin.
Aber Eleanor hatte mit ihren Worten recht gehabt: Ainsley war nicht mehr die naive Debütantin. Sie war eine respektable Witwe, die über eine gewisse Lebenserfahrung verfügte und mit klarem Kopf ihre Entscheidungen traf.
Nun, mit einem fast klaren Kopf, dachte Ainsley, als Cameron sich im Abteil neben sie setzte, nachdem er die Fahrkarten besorgt hatte. Sein großer Körper nahm fast den ganzen Sitz ein und erlaubte keine fünf Zentimeter Platz zwischen ihnen. Bei Cameron fiel es ihr schwer, einen klaren Kopf zu behalten und vernünftig zu sein.
Daniel begleitete sie, und er strahlte sie beide von seiner Seite des Abteils an. Cameron hatte Daniel sonst immer bei Angelo in Berkshire gelassen, bis das Wintersemester begann und Daniel zur Schule zurückkehren musste. Es war ein Arrangement, das sie jedes Jahr durchgeführt hatten, weil Angelo nicht aus England und von seiner Familie fortwollte und Cameron während seiner Abwesenheit niemand anderem als ihm seine Pferde anvertrauen wollte. Ins Ausland zu reisen bedeutete für einen Rom ohnehin ein Risiko.
Aber Daniel hatte sie angefleht, sie begleiten zu dürfen. Und Ainsley, die die Einsamkeit und Verzweiflung in den Augen des Jungen sah, hatte sich auf seine Seite geschlagen, und Cameron war letztlich einverstanden gewesen.
Sie unterbrachen die Reise in Le Havre, wo Cameron im teuersten Hotel drei Zimmer buchte, für jeden von ihnen eines. Als Ainsley darauf hinwies, dass sie sich ein Schlafzimmer teilen könnten, da sie jetzt verheiratet seien, warf Cameron ihr einen unergründlichen Blick zu und erklärte, die Zimmer seien sehr klein und er würde für sich zu viel Platz in Anspruch nehmen.
Ainsley hatte eigentlich angenommen, es würde ihr nichts ausmachen, wenn Cameron den Raum in ihrem Schlafzimmer füllte, aber er hatte ihr keine Chance zum Argumentieren gegeben. An diesem Abend im Restaurant aß Daniel mit Appetit, Cameron verspeiste sein Mahl schweigsam und entschlossen, und Ainsley stellte fest, dass sie nervös war und keinen Appetit hatte.
Später, als Ainsley sich das Haar für die Nacht bürstete, betrat Cameron ihr Zimmer, schloss die Tür und verriegelte sie.
Ainsley erstarrte, die Haarbürste hielt mitten in der Bewegung inne. Sie war nicht mehr mit Cameron allein gewesen, seit Daniel in ihr Abteil im Zug von Doncaster geplatzt war. Als hätte der junge Mann die Anstandsdame gespielt, war er heute Abend bis nach dem Essen bei ihnen geblieben. Dann hatte er ihnen fröhlich eine gute Nacht gewünscht und sich nach dem Verlassen des Speisesaals von ihnen getrennt.
Nicht um ins Bett zu gehen, wie Ainsley bemerkt hatte. Daniel war in Richtung Lounge davongeschlendert, wahrscheinlich um Zigarren zu rauchen und Karten zu spielen. Cameron ließ ihn ohne ein Wort gehen, und Ainsley hielt es für das Klügste, sich in ihrer ersten Nacht als Lady Cameron nicht einzumischen.
Lady Cameron.
Das würde einiger Gewöhnung bedürfen.
»Hast du dich eingerichtet?«, fragte sie mit heller Stimme.
Cameron kam zu ihr, nahm ihr die Bürste aus der Hand und legte sie auf den Tisch. Sein Mund war heiß auf ihrem Nacken, als er begann, ihr Nachthemd aufzuknöpfen.
Ainsley schloss halb die Augen und lehnte sich an ihn. »Ich denke, heute Nacht werden es alle Knöpfe sein, nicht wahr?«
Cameron knabberte an ihrer Wange. Seine Finger machten kurzen Prozess mit den Knöpfen, und er ließ seine Hände unter ihr warmes Nachthemd wandern. »Ich habe mich nach dir gesehnt.«
Sehnsucht. Ja. Ainsley brannte seit Wochen lichterloh. Sie hatten nebeneinander im Zug nach Dover gesessen, Daniel ihnen gegenüber, und auf der Fähre hatten sie an Deck gestanden und England am Horizont verschwinden sehen, Seite an Seite, ohne sich zu berühren. Eine Qual.
Camerons Blut begann zu kochen, als er sie schmeckte, so süß und so köstlich. Sie anzusehen, mit dem kleinen Halblächeln, mit diesem verheißenden Glanz in ihren Augen.
Ich verzehre mich nach dir, meine Frau.
Meine Frau.
Ihre Brüste lagen schwer in seinen Händen. Ainsley atmete gegen seinen Mund, als er mit ihr spielte, dann glitt seine Hand tiefer, legte sich zwischen ihre Beine und fand die Locken dort feucht und heiß. Es erregte ihn, als Ainsley den Atem anhielt, ebenso wie ihr Duft ihn erregte, warm und voller
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