Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
„Ja“, sagte sie kaum hörbar. „Ich war noch ein Kind.“ Sie fragte sich, ob er ihr glauben würde. „Ich habe nie aus freiem Willen unschuldiges Blut vergossen.“
„Ich weiß.“ Seine Finger waren in ihren Haaren, massierten ihre Kopfhaut. „Wie hat es geschmeckt?“
„Verfault, eklig, verdorben.“ Sie hatte sich beim ersten Mal übergeben, und ihr Vater hatte ihr Gesicht zur Strafe in ihr eigenes Erbrochenes gedrückt. „Überhaupt nicht wie Euer Blut.“
„Das ist, weil es gestohlen war. Verstehst du, Liliana?“
Oh.
„Dann dürft Ihr mir Euer Blut nie mehr freiwillig geben“, ermahnte sie ihn. „Ich werde davon noch betrunken und ermorde Euch im Schlaf.“
Ein Grollen an ihrer Wange, Vibrationen, die … Er lachte. Der Lord der Schwarzen Burg lachte, als hätte sie etwas vollkommen Absurdes gesagt. Und als er den Kopf senkte, um sie zu küssen, war sie zu erstaunt, um etwas anderes zu tun, als den Mund zu öffnen und den kühnen Vorstoß seiner Zunge gewähren zu lassen.
12. KAPITEL
D er Schock der einströmenden Sinneseindrücke ließ sie aufseufzen.
Er hob den Kopf. „Gefällt es dir nicht?“
Sie brauchte einen Augenblick, bis sie wieder sprechen konnte. „Ich habe es noch nie versucht.“ Ives hatte versucht sie zu küssen, mit seinem fauligen Atem. Es war ihr gelungen, dieser Unwürdigkeit aus dem Weg zu gehen, auch wenn der Preis ein gebrochener Wangenknochen gewesen war.
„Ich auch nicht“, war die erstaunliche Antwort.
„Es gibt im Dorf Frauen, die keine Jungfern sind.“ Und die versucht haben mussten, ihn zu verführen, diese sinnliche gefährliche Kreatur, die sie auf ihrem Schoß festhielt.
„Sie stinken nach Angst“, war die gnadenlose Antwort, ehe er mit starken Fingern ihren Kiefer ergriff. „Versuchen wir es noch einmal.“
Das zweite Mal war genauso schockierend, aber sie wollte nicht, dass er aufhörte. Also wagte sie es, seine Zunge mit ihrer zu berühren. Er stöhnte, und die Finger schlossen sich fester um ihren Kiefer. „Noch einmal.“ Er berührte ihren Gaumen fast mit der Zunge und streichelte ihre, sinnlich und erotisch und vollkommen hemmungslos.
Sie ertrank in ihm, in diesem Sturm erotischen Regens nach einer lebenslangen Dürre. „Hört auf.“
„Bist du sicher?“ Seine Hand auf ihrem Kiefer drehte sie wieder zu seinem Mund.
„Nein.“ Er fühlte sich gut an, sein Kuss, so gut.
Als er sich wieder mit der gleichen rohen Energie ihres Mundes bemächtigte, erschauerte sie und legte eine Hand auf die schwarze Rüstung, die verhinderte, dass sie ihn Haut an Haut spürte. Sie war jetzt warm, fast selbst wie Haut – und das Gefühl war zu viel.
Sie unterbrach die intime Verbindung und barg ihr Gesicht an seinem Hals. Selbst das drohte, sie zu überwältigen, seine heiße Haut, sein fremder Duft.
Männlich.
Sie stieß sich von seiner festen Brust ab, krabbelte von seinem Schoß und landete in einem ungelenken Haufen auf ihrem Bett. Die Röcke waren ihr bis zu den Knien hochgerutscht.
Sein Blick ruhte auf ihren nackten Beinen.
Mit heißen Wangen setzte sie sich rasch auf und strich den Stoff glatt. „Das geht nicht.“
„Warum nicht?“ Mit einer großen Hand ergriff er sie am Knöchel und zog sie an sich.
Sie versuchte, sich festzuhalten. Er war stärker. „Micah, hör auf.“
Die Zeit stand still.
Nein, nein, nein, dachte sie. Sie konnte nicht nach all der harten Arbeit einen so schwerwiegenden Fehler begangen haben. „Ich …“
„Micah“, murmelte er, als wollte er den Namen kosten, „ja, so darfst du mich nennen.“
Sie seufzte erleichtert. Damit hatte er zwar noch nicht seine frühere Identität wieder angenommen, aber wenigstens hatte er sie auch nicht sofort von sich gewiesen. „Lässt du meinen Knöchel jetzt los?“
Er strich mit den Fingern über ihre Haut, gerade fest genug, um einen Schauer in ihr auszulösen. „Ich will noch einen Kuss.“
„Du kannst nicht einfach um einen Kuss bitten.“
„Warum nicht?“
Das brachte sie zum Schweigen. Sie hatte keine Antwort auf seine Frage. Alles, was sie vom Werben wusste – was sie bei den Höflingen beobachtet hatte –, war, dass es ein komplizierter Tanz war. Niemand sagte jemals, was er wirklich meinte, und alles wurde hinter scheuen Blicken und zarten Berührungen versteckt.
Es war ihr immer schrecklich umständlich vorgekommen, ihr, die sie keinerlei weibliche Tugenden besaß und auch an ihren besten Tagen kein scheues Lächeln zustande brachte. „Ich nehme
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