Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
gerichtet.
Liliana gelang es, dem Lord der Schwarzen Burg in jener Nacht aus dem Weg zu gehen. Er hatte so viele Schatten in den Kerkern gesammelt, dass er die Pforte zum Abgrund öffnen musste. Ohne zu zögern, befolgte sie seinen Befehl, sich in das Zimmer im oberen Geschoss einzuschließen, das er ihr zugewiesen hatte. Jissa und Bard taten das Gleiche in ihren jeweiligen Zimmern in einem anderen Flügel. Magische Energie konnte leicht außer Kontrolle geraten. Und die Energie des Abgrundes konnte nur der Lord allein beherrschen.
„Was ist mit dem vorherigen Lord passiert?“, murmelte sie, während das Haus unter Wellen einer Magie erbebte, die anders war als alles, was sie bisher gespürt hatte – schwer und brutal und kalt. Die Pforte wurde geöffnet.
Wenn der alte Lord bereit ist, sich zurückzuziehen, wird ein neuer Lord auserwählt.
„Oh“, sagte sie mit hämmerndem Herzen von ihrem Platz auf dem Bett aus. „Danke.“
Der Junge war stark und schlief bereits unter der Schwarzen Burg.
Die Luft rechts neben dem Bett schimmerte, ein formloses Gesicht erschien und verblasste.
Du trägst Blutmagie in deinen Adern.
Plötzlich wurde ihr klar, dass dieser Geist genau wusste, was –
wer
– sie war. „Ich will ihm nicht schaden“, sagte sie. „Bitte, du darfst es ihm nicht verraten. Er ist noch nicht bereit.“
Schweigen.
Dann spürte sie geisterhafte Finger auf ihrem Gesicht, kalt und knochig. Sie saß still und ließ sich von dem Geist lesen. Und seufzte erleichtert aus, als das Schimmern neben dem Bett verschwand.
Er gehört zu uns. Wir werden ihn beschützen.
Ein gewaltiger Pulsschlag der Magie durchfuhr die Burg und ließ jedes Haar an ihrem Körper sich vor Schreck aufrichten … und dann Stille. Frieden. Die Pforte zum Abgrund war wieder verschlossen. Erleichtert atmete sie aus, stand auf und entriegelte die Tür. Aber als sie auf den Korridor hinaussah, herrschte dort absolute Dunkelheit. Alle Lampen waren durch die Wellen der Magie gelöscht worden.
Sie könnte sie ganz einfach wieder anzünden, aber plötzlich war sie sehr müde. Müde, die Tochter ihres Vaters zu sein, müde, hässlich zu sein, müde, dass sie sich nach einem wunderbaren kraftvollen Mann sehnte, der ihr nie gehören würde, nie gehören konnte. Sie wendete sich von der Tür ab und kroch ins Bett.
Das Böse fand sie in ihren Träumen. Die spinnenhaften Finger des Blutmagiers kratzten sie, bis sie blutete. „Du glaubst, du kannst mir entkommen? Du bist meine Tochter, mein Besitz!“
Zitternd hob sie die Hände und wich zurück. „Nein. Du hast kein Recht auf mich!“
Sein Lachen fuhr ihr bis ins Mark, und ihre Kehle schnürte sich zu. „Mir gehört jeder Teil von dir.“
Mit dem Rücken stieß sie gegen eine Wand und sah sich panisch nach einem Ausweg um. Nichts. Sie war gefangen in einer glänzenden schwarzen Zelle. Die Gestalt ihres Vaters war ein verwesender Schatten, der mit der Dunkelheit verschmolz.
„Jetzt wirst du mir sagen, wo du bist“, befahl er düster, und seine messerscharfen Nägel gruben sich in ihren Hals. „Du wirst es mir sagen, oder du wirst sterben.“
Da wurde ihr klar, dass es sich nicht um einen Traum handelte. Es war ein Zauber, für den ihr Vater nicht nur unschuldiges Blut vergossen hatte, sondern auch sein eigenes. Denn sein Blut rief nach ihrem, da es auch in ihren Adern floss. Wenn sie in diesem albtraumhaften Gefängnis starb, würde sie in der wirklichen Welt nicht mehr erwachen.
Sie beschwor ihre eigene Magie und versuchte, ihn von sich zu stoßen. Aber er war geschützt, hatte genug Blut vergossen, um sich selbst darin einzuhüllen wie in einen Schild. Ihre Macht glitt an seiner Bosheit ab und stieß ein helles Kreischen aus, das wie der Schrei einer Frau klang. Er schloss die Hand fester um ihren Hals. Sie würgte und kratzte an seinem Handgelenk, doch das bewirkte nur, dass ihre Hände blutig wurden und die Fingernägel abbrachen.
Dunkelheit engte ihr Blickfeld ein, und sein stinkender Atem traf auf ihr Gesicht. „Wo bist du, liebste Tochter?“ Seine Lippen waren fast auf ihren, ein schrecklicher Kuss. „Wo versteckst du dich?“
Nein. Sie durfte nicht sterben. Sie hatte Micah noch nicht nach Hause gebracht.
Doch ihr Vater quetschte ihr das Leben aus. Ihr Herz zappelte wie ein Kaninchen in ihrer Brust. Sie hob die schwachen zitternden Hände und versuchte noch einmal, ihn von sich zu stoßen, aber ihre Finger rutschten ab, glitschig durch ihr eigenes Blut.
Nein!
Sie
Weitere Kostenlose Bücher