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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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intellektuelles Zentrum in mir. Werde mich wohl aufspalten. Tiefgefrorener Spaltungsirrer von Decke gefallen und zerschellt …
     
    Ich denke. Ich denke nach. Ich suche einen Ursprung für mich in diesem Innending. Wo bin ich?
     
    Meine Haut hat zu prickeln begonnen. Ich habe das Gefühl, von Ameisen aufgefressen zu werden. Mein Blick ist noch immer starr gegen die Decke gerichtet. Es existiert keine Lichtquelle hier drin. Alles ist finster. Ich sehe die Decke trotzdem. Ich kann mich noch immer nicht bewegen, taue auf wie jedes andere Stück Fleisch, von außen nach innen. Es dauert und dauert. Aber ich beginne mich zu spüren, wenn auch nur als einziger Tummelplatz für Schmerzen. Gott, es tut weh! Frage mich, ob ein Teil jeder Tierseele nach dem Schlachten in jedem Stück Fleisch haften bleibt. Muß ein miserables Gefühl für ein Schwein sein, an hundert verschiedenen Orten eingefroren, aufgetaut, gekocht, gebraten, gegessen, verdaut und wieder ausgeschissen zu werden. Scheißleben. Scheiß Seele. Wirklich tierisch, der Gedanke.
    Zu dumm, daß ich selbst noch gefroren bin, sonst könnte ich behaupten, ich sei soeben vor Schreck erstarrt. Frage mich gerade, wer/was mich wohl auftaut? Und zu welchem Zweck? Warum bin ich überhaupt tiefgekühlt? Wer/Was ernährt sich von ausgewachsenen Menschen?
     
    Eigentlich müßte ich tot sein …
    Bin ich tot?
    Ich werde ganz schön stinken, sobald ich wieder weich bin …
     
    Aus jeder Pore meiner Haut wächst eine Nadel. Ich bilde mir ein, statt Haaren glühende Kupferdrähte auf dem Körper zu tragen. Sie wachsen zu allen Richtungen aus mir heraus, verschwinden wie fliehende Würmer im Boden, in den Wänden, in der Decke, zerren ihre glühenden Kupferhaarwurzeln aus meiner Haut, reißen mir das Fleisch von den noch gefrorenen Knochen. Bloßliegende Nervenbahnen, die mit den glühenden Kupferwürmern kämpfen, in sich verbissen in einem Kampf auf Leben und Tod. Nicht an Nerven denken! Der Schmerz, Herr Jesus …! Wer tut mir das an? Ich will schreien, aber die Stimmbänder – zwei Eishäutchen im gefrorenen Kehlkopf. Ich habe mir viel vorgestellt, nur das nicht! Nicht so! Ich halte das nicht aus! Kann nicht mal die Zähne zusammenbeißen. Cut! Cut!
    Es ist ein Martyrium zum besseren Verständnis des Seins. Ich nähere mich meinem Ideal, ich spüre es! Reinkarnation. Ich verforme mich. Gedeiht in mir neues Leben oder blähen mich nur Faulgase? [Mit der Zeit sollte bekannt sein, daß Anatomiestudien nach den Statuten der Museumsleitung nicht erwünscht sind.] Verlangen Sie ein Gutachten, daß die Gefahr eines kontaminierten Innenlebens besteht? Ich fühle das Verlangen, den Zeitschüben auszuweichen. Entladung. Verbindung zur Gegenstelle zusammengebrochen. Scharfkantige Bruchstücke technosakraler Informationen bröckeln zu Boden. Die Gesellschaft reagiert durch drakonische Einschränkung der Gewinnchancen.
    Über mir schwebt ein Balken geformter Organe.
    Licht! Schmerz! Heller! Intensiver! Gott…!
     
    Ich atme!
     
    Meine Finger lassen sich bewegen. Ich streiche mit den Fingerspitzen über den Boden. Er ist kalt und glatt. Die Kälte will einfach nicht weichen. Ein erstes Blinzeln. Habe Mühe, die Lider wieder zu öffnen. Fühle mich wie aus kaltem, zähem Wachs. Die Schmerzen haben nachgelassen. Nur ein dumpfes Pochen erfüllt jede Faser meines Körpers. (Das ist der Herzschlag, du Idiot!) Rauschen. Intervalle. Das Licht ist real. Es ist hell geworden in dem Innending. Keine Lampe. Kein Feuer. Es ist einfach hell. Hell is, where the action is … Ich lausche. Alles ruhig, höre nur meinen Atem. Keine Hölle mehr. Bin im Himmelinnending.
    Ich drehe den Kopf zur Seite, lasse meinen Blick wandern. Mein Nacken knackt. Die Pupillen bewegen sich widerspenstig. Ich liege (auf dem Boden!) in einem Tunnel aus Metall. Er ist vielleicht dreißig Meter lang, sechs Meter breit und etwa drei Meter hoch, völlig eben und – abgesehen von mir – leer. Seinen Anfang und sein Ende bilden glatte Metallwände. Weder Fenster noch Türen sind zu sehen. Alles plan. Alles glatt gegangen.
     
    Ich kann mich bewegen, aber ich bin in dem Innending gefangen. Die Kälte ist gewichen, meine Muskeln schmerzen nicht mehr. Ich bin bekleidet, trage einen Leinenanzug, der mir nicht gehört. Nein, es ist kein Anzug, mehr ein knopf- und kragenloses Provisorium. Es sieht alt aus, krank. Es läßt mich krank aussehen. Wer hat mich in diese Anstaltsklamotten gesteckt? Ich vermisse meine Jacke, weiß nicht,

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