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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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wieso. Ich erinnere mich, eine Jacke besessen zu haben. Ich habe sie abgelegt, irgendwo, irgendwann. Nicht in dem Innending, wie’s aussieht. Zumindest nicht in diesem. Meine nackten Füße schmerzen, als wären sie durch die Kälte geschrumpft.
    Ich suche Verständnis, krieche im gesamten Raum umher, untersuche den Boden, die Wände. Das Metall ist körperwarm, wirft ein gedrungenes Spiegelbild von mir zurück. Es gibt keine Nähte, keine Spalten, keine Fugen. Alles besteht aus einem Guß, ist massives Metall. Ich klopfe dagegen. Es ist, als ob ich gegen Tresorwände schlage. Dumpfes Wummern. Das Licht ist mir ein Rätsel. Ich habe Hunger und Durst. Warum hält man mich hier gefangen? Ich rufe, gebe blödsinnige Töne von mir, um den Hall zu testen und meine Stimmbänder. Der Raum besitzt eine bizarre Akustik. Warum ist das Metall so hell? Das gibt es nicht!
    Stundenlang liege ich auf dem Boden, presse meine Ohren gegen das Metall. Von außen ist nichts zu hören. Kein Laut. Totenstille. Wie in einem Grab. Bin ich bestattet worden? Riesensarg, muß schon sagen. Viel Platz zum Toben …
     
    Es gibt nichts zu tun.
    Ich tobe herum.
    Meine Nerven brauchen das jetzt.
     
    Später. Nichts hat sich verändert. Jene, die mich hier einsperren, scheinen mich vergessen zu haben. Hirn wie ein Sieb! Danke fürs Aufwecken, Leute, hat echt Spaß gemacht. War besser als Sex. Danke auch für die vielen Getränke, das üppige Essen, den Fernseher, die Weiber, die hier stündlich reinkommen, und all die Freiheiten, die ich hier erfahren darf.
    Ich liege ausgepumpt in einer Ecke, habe ein bißchen Wahnsinn auf dem Fußboden verteilt. Wie bin ich hier hinein gekommen, wenn’s keine Türen gibt? Bin ja wohl nicht schon immer hier gewesen … Und was ist das für ein Raum? Ein Wartesaal? Hocke hier bestimmt schon zwei Tage herum. Irgendwann wird mir die Luft ausgehen. Ich bin der Wartemeister.
     
    Eine Passage -
    Sie hat sich neben mir in der Wand geöffnet, völlig lautlos. Dahinter … ein weiter Raum? Eine Fortsetzung des Tunnels? Ein Abgrund? Es fehlt ein rechteckiges Stück der Wand. Ich habe nicht mitbekommen, wie es passiert ist. Eine Gleittür? Ich kauere in einer der Ecken, starre hinüber. Die Trennwand ist zu dick, ich kann von hier aus nicht auf die andere Seite blicken. Verdammt, warum muß ich ausgerechnet hier sitzen? Überraschung: Eine zweite Passage hat sich aufgetan, nur wenige Schritte neben der ersten, völlig identisch mit ihr, aber weiter von mir entfernt. Ich habe geblinzelt, und sie war da. Kein Geräusch aus dem eventuellen Drüben (Unten? Oben?). STILLE wird hier groß geschrieben! Ich bleibe sitzen, traue mich nicht, hinüberzukrabbeln und einen Blick hindurchzuwerfen. Wer hat den Durchgang geschaffen? Befindet sich etwas auf der anderen Seite? Lebt es? Ist es tot? Vielleicht ein Leidensgenosse … Hocken wir Rücken an Rücken und fürchten uns vor uns selbst? Wenn ich meinen Arm ausstrecke, kann ich mit der Hand um die Ecke fassen.
    Jenseits der Passage: Stimmen!
    Ich lausche, unfähig, mich zu rühren. Die Stimmen nähern sich, aber keine Geräusche von Schritten. Vielleicht sind es ja Engel, die herbeischweben, einer durch jede Tür. Was kann sich so geschmeidig bewegen? Zwei Engel, die sich unterhalten. Nein, noch etwas anderes muß bei ihnen sein. Es ist riesig, bösartig. Zwei Engel und …
    Stille.
    Ich zittere, erwarte, daß etwas Fürchterliches durch diese Passage schreitet. Schwarze Schwingen, Zähne, Klauen, sieben Köpfe, dreizehn Kronen …
     
    Nein, nichts. Minutenlang ist alles ruhig. Das Zittern und die Angst lassen nach, ich entspanne mich wieder. Aber wenn ich hindurchblicke, wenn ich es sehe – und es mich sieht?
    Vielleicht frißt es ja nur Engel …
    Erleichterung, denn das wird es sein. Doch ich höre keine Freßgeräusche. Vermutlich gibt es keine, wenn man Engel zerkaut.
    Zwei weitere Passagen, am anderen Ende des Tunnels! Die Angst kehrt zurück. Diesmal kann ich auf die andere Seite schauen: ein kleiner Raum, vielleicht vier Meter tief, dann erneut eine Wand; ohne Türen. Er scheint leer zu sein. Ich bin geneigt, aufzustehen und hinüberzugehen, um ihn mir anzusehen. Aber ich fürchte, das Ding von nebenan wird sich auf mich stürzen, sobald ich mich bewege und mich bemerkbar mache. Es gibt keine Türen, die ich hinter mir verschließen könnte, um es auszusperren.
    Irgendwann ertrage ich die Ruhe nicht mehr, bewege mich auf Händen und Knien an der Wand entlang und werfe einen

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