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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Mittelkonsole.
    »Was soll das?« zischte Gamma verärgert.
    »Du bist nicht Gamma«, preßte ich hervor.
    »Ich bin es«, widersprach er.
    Die Musik brach ab. »Ich bin es«, bestätigte Gammas Stimme die Worte der Frau wie ein Echo aus dem Radiolautsprecher. »Zumindest mein Bewußtseinsmuster. Du kannst ihm vertrauen. Es führt dich zu mir.«
    Ich brauchte einige Sekunden, um mich zu sammeln, fragte dann: »Warum holst du mich nicht auf demselben Weg hier heraus, auf dem du mir die Waffe geschickt hast?«
    »Das ist unmöglich, Stan.« Überblendung. Musik.
    Gamma wartete noch einige Sekunden, ehe er mein Handgelenk losließ. Bevor der Schmerz jedoch abgeklungen war und ich den Arm wieder zu bewegen wagte, packte er mich plötzlich am Kragen und riß mich vom Lenkrad fort. Seine Hand schnellte an mir vorbei zur Fahrertür, riß die Pumpgun aus der Halterung, brachte sie in Anschlag und drückte ab. Alles geschah so blitzartig, daß ich kaum imstande war zu begreifen, was überhaupt vor sich ging. Die Entladung knapp vor meinem Gesicht betäubte mein Gehör. Im selben Augenblick zerbarst drei Meter neben mir schwarzes Metall in Funken, Splitter und Rauch. Der Torso eines Läufers prallte mit der vollen Wucht seines Ansturms seitlich in die Wagenflanke und schob den Pontiac einen halben Meter über den Asphalt. Die Fahrertür wurde eine Handbreit in den Innenraum gedrückt und rammte mir gegen die Rippen, während Gamma der Gewehrschaft ins Gesicht geschlagen wurde.
    Noch ein Nachfedern des Wagens, dann herrschte Ruhe.
    Gamma richtete sich auf, lud die Pumpgun durch und sah sich um, in der Erwartung, daß der Schuß weitere Läufer anlocken könnte. Minuten verstrichen, ohne daß sich in der Wüste etwas regte. Ich entspannte mich, hielt mir die geprellten Rippen. Gamma behielt die Waffe auf dem Schoß, grinste kampflustig. Das Blut der aufgeplatzten Lippe färbte Prills Zähne rot.
    »Versuche nie wieder die Hand zu schlagen, die dich füttert, Stan«, sagte Gamma drohend, »solange du nicht weißt, womit du es zu tun hast!«
    Er sagte nicht ›mit wem‹, sondern ›womit‹. Das vertiefte die Warnung um ein Vielfaches.
     
    Der linke Vorderreifen des Wagens eierte, und der Teil einer Läuferschere schleifte neben dem Pontiac her, nachdem sie sich beim Aufprall in die Karosserie gebohrt hatte und so hartnäckig feststak, daß ich sie nicht aus eigener Kraft herausbekommen hatte. Gamma mit seinen übermenschlichen Kräften hatte überhaupt nicht daran gedacht, einen Finger krumm zu machen. Wahrscheinlich war es die Retourkutsche für meinen Angriff, gepaart mit der Tatsache, daß ich das Malheur selbst zu verantworten hatte. Also war mir nichts anderes übriggeblieben, als den zerstörten Läufer von der Greifschere zu trennen und die Fahrt funkenstiebend und unter metallischem Kreischen fortzusetzen. Gamma schien sich am Lärm nicht im Geringsten zu stören. Er war der Meinung, ich sollte froh sein, daß kein Reifen beschädigt war und der Wagen überhaupt noch rollte. In einem Artikel der New York Times, der sich mit der Möglichkeit außerirdischen Lebens beschäftigte, hatte der Autor die scherzhafte Vermutung geäußert, alle Aliens, die in der Lage seien, die Erde zu besuchen, wären angesichts ihrer technischen und geistigen Überlegenheit höchstwahrscheinlich arrogante, intellektuelle Arschlöcher. Ich fürchte, er hatte recht.
    Meine Sorge, Gamma könnte mit Prills Körper eine Kamikaze-Fahrt in die Barriere beabsichtigen, erwies sich als voreilig. Wenige Kilometer vor der Zonengrenze ließ er ihren Klon wieder zum Leben erwachen, nachdem er über siebzig Kilometer einer ereignislosen Fahrt regungslos im Sessel gesessen hatte.
    »Fahr langsamer«, wies er mich an. Die letzten Meter bis zur Barriere schlichen wir im Schrittempo dahin, bis Gamma mich den Pontiac eine Wagenlänge vor der Grenze stoppen ließ. Er stieg aus, darauf achtend, der Barriere nicht zu nahe zu kommen. Dann wies er hinauf zum Bergrücken und fragte: »Siehst du es?«
    Mein Blick folgte seiner ausgestreckten Hand. Auf dem Grat, genau im Verlauf der Barriere, leuchtete ein Objekt vor dem Abendhimmel, das ich nie zuvor wahrgenommen hatte, da ich mit den Prill-Klonen in der Regel mit Volldampf in die nächste Zone gerauscht war. Es glich einem Spiegel, der Licht reflektierte, oder einem starken Scheinwerfer, der vom Grat herab in unsere Richtung strahlte. Auf dem gegenüberliegenden Bergkamm entdeckte ich das gleiche Phänomen.
    »Beide

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