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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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lassen. Ich stand in der Nähe des Tresens, fast in direkter Schußlinie der Jagdmaschine im Türrahmen.
    »Warum unternimmt er nichts?« flüsterte ich.
    »Er ist irritiert«, erklärte Gamma. »Zudem ist er nur ein Späher. Die Lords haben ihn nicht geschickt, um uns zu töten. Seine Aufgabe ist es lediglich, unseren Standort zu bestimmen.« Er schob den Tisch von sich fort, was ein schrilles Geräusch auf den Steinfliesen verursachte und mich zusammenzucken ließ. Der Assembler reagierte verhalten. Sein Kopf ruckte nur ein Stück zur Seite, seine Okulare visierten Gamma. »So«, meinte dieser, erhob sich von seinem Platz und stand geduckt im Raum. Die niedrige Decke zwang ihn zu dieser Haltung. Aufgerichtet hätte er bis zur Brust im Plafond gesteckt. »Ich denke, unser Freund hat genug Informationen übermittelt.« Ein Blitz zuckte, gefolgt von einer Explosion. Die überraschte Jagdmaschine wurde auf den Gang hinauskatapultiert, wo ihre Überreste lärmend und lodernd gegen die Korridorwand schmetterten. Beißender Qualm breitete sich aus.
    Gammas Läufer hatte geschossen, ohne Vorwarnung. Vielleicht verbarg mein Mentor einen Sender in seinem Gewand, oder er instruierte die Maschine mittels Gedankenübertragung.
    »Das wird uns die ganze Meute auf den Hals hetzen«, gab ich zu bedenken.
    »Keine Sorge«, versicherte Gamma und lief zum Ausgang, »ihm werden keine weiteren Assembler folgen. Sie müssen uns nicht ein zweites Mal finden. Laß uns nach oben gehen und hoffen, daß die Lords den Köder gefressen haben.«
     
    ›Oben‹ entpuppte sich als geräumiges Gelaß im höchsten Stockwerk eines ehemaligen Imam-Palastes, das einen grandiosen Blick über Norom und die Ebene gewährte. Sah man aus einem der zahlreichen Fenster, wirkte die Stadt noch unbegreiflicher, ein Sinnesrausch verschachtelter Formen und Arabesken, und die Wüste um uns herum erschien unermeßlich. Hinzu kam, daß die Landschaft tatsächlich aus allen Richtungen auf die Stadt zufloß und von irgend etwas unter ihr verschluckt wurde. Nie zuvor hatte ich eine Ebene intensiver als solche empfunden. Ich hatte den Eindruck, Hunderte von Kilometern weit blicken zu können, ehe der Boden mit dem selbst am Horizont noch stahlblauen Himmel verschmolz. Es war pure, grenzenlose Ausdehnung. Angesichts der Weite fiel es mir schwer, Gammas Behauptung Glauben zu schenken, wir befänden uns in einer Hohlkugel von sechzehn Kilometern Durchmesser.
    Für meinen Mentor besaß die Aussicht allein strategischen Wert. In jeder der Zimmerwände befand sich ein breites, gekoppeltes Fenster, das durch zwei Säulen in drei Öffnungen gegliedert wurde. In den Fenstern mußten einst bunte Glasscheiben eingefaßt gewesen sein, doch von ihnen waren nicht mehr als Bruchstücke übrig, die der Wind und der Sand abgeschmirgelt hatten. Der Raum selbst war nahezu leer. Was vom einstigen Inventar übrig war, ließ sich kaum noch als solches erkennen. Reste von Teppichen, hier und da eine Ansammlung von in sich zusammengefallenen Schränken, Regalen oder Truhen in den Zimmerecken. Unter meinen Schuhsohlen zerbröselten sie zu Staub. Lediglich die Scharniere blieben übrig.
    »Ich hoffe, der Fußboden trägt uns«, bemerkte ich in Anspielung auf Gammas Körpermasse.
    »Bete lieber, daß der Turm nicht in sich zusammenstürzt«, grinste er, während er von einer Fensterfront zur nächsten wanderte und die Umgebung sondierte. »Hier oben war seit Jahrtausenden niemand mehr. Und das ist kein Beton, sondern Lehm!«
    Ich bin es von wohlbeleibten Menschen gewöhnt, daß sie penetrant schwitzen, wenn sie sich bewegen. Erst recht, wenn sie eine enge Stiege acht Stockwerke hinaufklettern, wie wir es getan hatten. Gamma schwitzte nicht. Er atmete nicht einmal schwer. Entweder besaß er keine Schweißdrüsen, aber Lungen wie ein Walroß, oder sein Körper bestand ebenfalls nur aus Ektoplasma. Letzteres würde zumindest erklären, weshalb gewöhnliche Projektile die Lords nicht zu verletzen vermochten.
    »Was ist mit dem Sender?« fragte ich.
    Gamma verlangsamte seinen Schritt und sah mich verwundert an. »Ach, du meinst Radio Gamma«, sagte er. »Es gibt keine Radiostation in den Projektebenen. Die gesamte Kommunikation zwischen uns, ob über diese kleinen Empfangsgeräte, mit denen manche Stationen ausgestattet waren, oder das Autoradio, erfolgt von unserem Schiff aus. Selbst das Gespräch, das ich augenblicklich mit dir führe.«
    »Wie soll das funktionieren? Du bist doch hier.«
    »Ein

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