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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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möglich gewesen ist«, forderte Hank mich auf.
    Ich war nicht in der Lage, ihm zu antworten. Das einzig mögliche Argument würde schon weiter reichen, als es das Persönlichkeitsmuster der Kolonisten zuließ. Sollte ich ihm versuchen zu erklären, daß nur der hiesige Lord den Wächter zu deaktivieren vermochte? Falls Hank die Wahrheit sagte, mußte er die mathematische Sprache der Lords beherrschen. Und dennoch: Wie hätte er ohne deren Hilfe eine simple Fernbedienung so weit modifizieren sollen, daß sie einen Deaktivierungscode ausstrahlte? Und von wem außer dem Lord dieser Kolonie hätte er den Code erhalten haben sollen? Der Wächter selbst hatte ihm all das jedenfalls nicht beigebracht – selbst dann nicht, wenn dessen Biochips von manisch-depressiven Schüben heimgesucht worden waren und er betriebsmüde gewesen sein sollte.
    »Die Stimme verriet es mir«, erklärte Hank, als ich ihn darauf ansprach.
    »Welche Stimme?«
    Hank ging zu einem Radiowecker und schaltete ihn ein. Aus dem Lautsprecher drang statisches Rauschen und Sirren. »Die Stimme hat mich alles gelehrt«, murmelte er und ließ seine Fingerspitzen über das Lautsprechergitter wandern. »Sie ist ein großer Lehrmeister und hat viel Geduld. Sie weiß mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    »Ich höre sie aber nicht«, stellte ich fest.
    Hank schaltete das Radio wieder aus und wandte sich um. Sein Blick besaß etwas Verträumtes. »Du glaubst, ich bin verrückt«, sprach er leise. »Aber du irrst dich. Die Stimme hat mich zum Genie gemacht!« Er ging zu seiner Konstruktion und streichelte sie zärtlich, als wäre sie ein dressiertes Raubtier, das auf seinen Befehl wartete. »Du legst dich mit gespreizten Beinen hier drauf«, erklärte er. »Es ist ein wenig wie beim Frauenarzt, aber so bequem wie ein Wasserbett. Zuerst legst du dir diese Druckmanschette um den Hals. Dann befestigst du an den Händen, der Brust und den Lenden diese Strommarken. Mit den Fingern der linken Hand schlüpfst du in die Kupferspiralen an der linken Armlehne, die rechte bedient dieses kleine Keyboard an der anderen. Ein Tastaturbefehl läßt zwischen deinen Schenkeln einen Metallstift aus dem Sitzpolster gleiten, der sich tief in deinen After senkt.
    Die Kupferspiralen über deinen Fingern und die Drähte an den Gliedmaßen sind über einen Stufenschalter, einen Transformator und einen Regelwiderstand mit dem Energiespeicher des Wächters verbunden. Bei eingeschaltetem Regelwiderstand fließt je nach Einstellung des Stufenschalters eine Spannung zwischen 50 und 180 Milliampere bei konstanten zwanzig Volt durch deinen Körper. Mit dem Keyboard kannst du den Rhythmus der Stromstöße regulieren. Über den Rektumstab kontrollierst du durch das Zusammenziehen deiner Analmuskulatur diesen Kompressor, der die Druckmanschette um deinen Hals mit Luft füllt oder sie entweichen läßt. Mit der Tastatur steuerst du eine Hydraulik, die den Stuhl hebt, neigt oder senkt. In diesen Behälter, der rechts von dir befestigt ist, füllst du Methylenchlorid, das eine narkotisierende Wirkung erzeugt. Die Dämpfe atmest du hier über diese Maske ein, die durch einen Schlauch mit dem Behälter verbunden ist.
    Während all dessen trägst du diese Videobrille, die durch am Kopf befestigte Elektroden direkt von den visuellen Impulsen deines Neocortex gefüttert wird. Du siehst auf deiner Reise durchs emotionale Schlaraffenland alles, was du dir nur vorzustellen vermagst.« Hank leckte sich begierig über die Lippen. »Willst du’s mal ausprobieren?« Er sah mich erwartungsvoll an. »Es geht sogar zu zweit. Ich hab genug MC in der Küche, um uns von meinem Baby in einen Trip reiten zu lassen, der Tage dauert; hinter den Horizont und weiter. Stan, ich schwöre dir, so etwas hast du noch nie erlebt. Das ist Hardcore-Mandala!«
    »Nein, danke«, lehnte ich ab. Mir rauchte von Stans Fachgesimpel der Kopf, und ich verspürte keine große Lust, zusammen mit ihm nackt auf seinem Rubbelbild-Simulator zu liegen.
    »Es macht dich frei. Es bringt dir Frieden«, drängte Stan. Speichel glänzte in seinen Mundwinkeln.
    »Das sehe ich«, entgegnete ich und vollführte eine allumfassende Geste. »So frei, daß alles um dich herum bedeutungslos wird. Wissen die anderen überhaupt, daß du noch lebst? Du stinkst wie eine Leiche, Hank! Wie lange hast du dich nicht mehr gewaschen? Wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen? Weiß dein autoerotisiertes Hirn eigentlich noch, was Essen ist und wozu dein Körper es

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