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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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braucht?«
    »Das hier brauche ich!« schrie Hank plötzlich. Sein Gesicht lief rot an. »Ich bin Gott, wenn ich darauf reite! Reiner Geist, frei von diesem widerlichen Fleisch! Mein Baby gibt mir die geilsten Weiber des Universums, läßt mich von Pussy zu Pussy tauchen, ohne Luft zu holen. Ich bestehe nur noch aus Energie! Ja! Ja!« Er hatte seine Arme ausgebreitet und sprang auf und ab. Dabei trat er unglücklich auf ein herumliegendes Metallteil, knickte um und fiel zu Boden. Jammernd blieb er liegen und hielt sich den verletzten Fuß.
    Ich half ihm hinüber auf sein Bett, dem einzigen halbwegs freien Platz im Raum. In Hanks Ferse klaffte eine zwei Zentimeter lange Schnittwunde, die heftig blutete. Hank nahm sie kaum wahr. Die unerwartete Erfahrung, daß die Schwerkraft auch für ein vermeintliches Energiewesen wie ihn Gültigkeit besaß, hatte seiner Megalomanie einen Dämpfer verpaßt. Er kauerte auf der Bettkante und brütete mit zu Boden gerichtetem Blick vor sich hin. »Geh jetzt, bitte«, bat er nach einer Weile, ohne aufzusehen.
    Ich lief statt dessen ins Bad und suchte eine Rolle Toilettenpapier und ein sauberes Handtuch, das ich anfeuchtete, damit Hank sich das Blut abwaschen konnte. Als ich ihm beides reichte und sein Blick auf das Toilettenpapier fiel, schlug er mir die Rolle mit einem Aufschrei aus der Hand und rutschte von mir fort. »Du willst, daß sie mich ganz auffressen!« keifte er. »Deshalb bist du hier! Du gehörst zu ihnen!«
    Ich starrte auf das Toilettenpapier, das sich auf dem Boden verteilt hatte. Zwischen den Lagen krabbelten aufgeregt kleine gelbe Pünktchen umher. Ich hob die Rolle an. Es waren winzige Käfer oder Milben, Hunderte an der Zahl. Ekelhaft, aber im Grunde harmlos. Lediglich ein Zeichen mangelnder Hygiene.
    »Du willst nur, daß noch mehr dieser Papierfresser in mich hinein kriechen«, warf er mir vor. »Sie haben dich gerufen! Diese schwulen kleinen Viecher warten nur darauf, mir die Schuppen vom Arsch zu fressen.« Er hob seinen Blick, sah mich an. »Davon ernähren sie sich, fressen, was von mir abfällt. Bald füllen sie mich so aus, daß ich zu keinem Schiß mehr in der Lage bin und das Gefühl haben werde, mein Mastdarm hätte sich abgekoppelt, um meine Hämorrhoiden zu schonen, und langsam wird sich mein Dickdarm aufblähen wie ein Fesselballon, ja, ich werde irgendwann einen methangasgefüllten Zeppelin im Bauch haben, der mit jedem Bissen, den ich fresse, dicker wird …« Hanks Augen waren weit aufgerissen und glänzten irr, sein Blick ging durch mich hindurch. Ich konnte ihn nur anstarren, unfähig, etwas zu erwidern. Offensichtlich litt er wieder unter einer extremen Psychose, hervorgerufen durch die Isolation oder das Methylenchlorid, welches er scheinbar pausenlos inhalierte, um sich zu stimulieren. Wahrscheinlich hatte ihn alles zusammen verrückt werden lassen. Sein Zustand erschütterte mich. Es war verwunderlich, daß der hiesige Lord noch nicht eingegriffen hatte, um den Fehler zu beheben. Vielleicht aber wuchs ja bereits ein neuer Hank-Klon heran, der dieses Modell ersetzen würde, sobald es sich zu Grunde gerichtet hatte; stabiler, bodenständiger, gesund. Irgendwo in einem Nährstofftank jenseits dieser grotesken Wirklichkeit, an einem Ort, woher auch die anderen Klone stammten.
    »Hank?«
    Mein Gegenüber reagierte nicht. Es sah in irgendeine Ferne, in der ich nicht existierte; nicht ich, nicht dieses Zimmer, und auch nicht die Mauern um uns herum. Seine rechte Hand klammerte sich um sein Geschlechtsteil und knetete es mitsamt den Damenschlüpfern.
    »Hank!« rief ich und schlug seine massierende Hand fort.
    Er blinzelte und schaute drein, als sehe er mich zum ersten Mal. Dann hielt er sich die Hände vors Gesicht, rutschte über das Bett von mir weg und schrie: »Nein, nein, nein!« Er verkroch sich unter ein Laken, wiegte seinen Körper hin und her und murmelte immer leiser: »Nein, nein, nein, nein …«
    Ich beobachtete sein Gebaren. Es war hoffnungslos. Hank hatte den Verstand verloren.
    Resigniert setzte ich mich neben ihn aufs Bett und legte meine Hand auf seine Schulter. »He, alter Freund«, sprach ich sanft. »Ich habe hier etwas, das noch viel mehr reinhaut als MC …«
    Hank hielt mit Schaukeln inne und streckte seinen Kopf aus der Decke. »Mehr als MC?« äffte er mit kindlichem Tonfall nach.
    »Hundert Prozent!« nickte ich und zog den Downer aus meiner Jacke. Hank setzte sich auf und griff danach, aber ich wehrte seine Hand ab. »Nur

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