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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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cerisefarbene ’96er Pontiac gerufen, als ich ihn erspäht hatte, und mit seiner Kühlerschnauze zu winseln begonnen wie ein ausgesetzter Retriever, der sein Herrchen wittert. Es war Vorsehung oder Zufall oder Gammas langer Arm. Ich konnte nicht anders. Ich mußte ihn haben.
    Der Händler nannte meine Wahl eine ›blendende Entscheidung‹, womit er unmißverständlich zum Ausdruck brachte, daß ich einen Dachschaden hatte. Er ließ sich den Kaufpreis um fast fünfhundert Dollar herunterhandeln und überreichte mir die Schlüssel und die Fahrzeugpapiere wie eine amtliche Bescheinigung für meine geistige Unzurechnungsfähigkeit. Dabei hatte er sichtlich Mühe, sich zu beherrschen und nicht sämtliche Autohändler Kaliforniens anzurufen, um ihnen zu erzählen, was für ein Blödmann ihm gerade auf den Leim gegangen war. Prills Gemütsverfassung variierte während des Deals von anfänglichem Entsetzen (»Das ist nicht dein Ernst!«) über resignierte Fassungslosigkeit (»Es ist dein Ernst …!«) bis zur Sprachlosigkeit (»-!«), nachdem sie neben mir auf dem Beifahrersitz saß und ich den Motor startete. Der Händler ließ es sich nicht nehmen, uns freundlich hinterherzuwinken, als wir Richtung Las Vegas davonfuhren.
    Las Vegas. Delta-T-City.
    Ich hätte nie für möglich gehalten, daß ich diesem Moloch des Glücks soviel Natürlichkeit und Menschlichkeit abzugewinnen vermochte.
    Jetzt lag die Stadt weit hinter uns. Ihre Türme aus Glas, Stahl, Neonlicht und Verblendung – nur noch graue Monolithen im Licht des anbrechenden Tages. Unsere Hochzeitsnacht hatte eine Woche gedauert. Nicht, daß wir Nachholbedarf verspürt hatten, was das Zwischengeschlechtliche betrifft. Die Betten im Unterdeck des Flugzeugs waren wirklich komfortabel gewesen, wenn auch für zwei Personen ein wenig zu klein. Wir hatten die Stunden bis zum Transfer des Flugzeugs wahrlich nicht mit Patiencelegen verbracht, nachdem das Sublime Prills Körper verlassen hatte. Wir hatten uns in ein winziges Universum aus Gefühlen zurückgezogen, in eine Sphäre aus Freude, Erleichterung, Glück und gegenseitigen Beistand. Danach hatte Prill zu erzählen begonnen, von hinten nach vorne, wie es typisch für sie war. Ich hatte nur zugehört, hatte sie reden und weinen lassen und mich auch meiner eigenen Tränen nicht geschämt.
    Prill als Forschungsobjekt der Lords, Prill als Joker der Enoe, Prill als Medium des Sublime … Sie hatte eine steilere Karriere vorzuweisen als ich, der Killer, Köder und Taschenspieler Gammas.
    Seltsamerweise hatten wir den eigentlichen Zeitsprung verschlafen und waren – peinlicherweise – erst vom perplexen Flugpersonal geweckt worden, als wir uns bereits im Landeanflug auf L.A. befunden hatten. Die Maschine war siebzehn Minuten lang von allen Radarschirmen verschwunden gewesen, ehe sie irgendwo über Dodge City wieder aufgetaucht war. Das hatte für Rummel gesorgt und den Weg in die Nachrichten gefunden, ehe wir die Westküste erreicht hatten.
    Ich öffne die Augen, betrachte die Straße, dann die Fliegenkleckse auf der Windschutzscheibe. Aus der Ferne dringt hin und wieder das Brummen eines Trucks herüber, der die Interstate 15 entlangdonnert. Von der Rückbank erklingt das Reißen von Papier. Ich schrecke zusammen, sehe über die Schulter. Hank hat ein Blatt aus dem Block gerissen, der auf seinen Schenkeln liegt, knüllt es zusammen und läßt es in den Fußraum fallen. Dort liegen bereits ein gutes Dutzend weitere Papierknäuel.
    »Muß das sein?« frage ich verärgert.
    Hank sagt: »Ja«, wobei er mit seinem Kugelschreiber schon ein neues Blatt vollkritzelt. Ich beobachte ihn eine Weile, wie er mit hochkonzentriertem Gesichtsausdruck und zusammengepreßten Lippen Kreise auf das Blatt malt und hin und wieder etwas notiert. Prill zieht ihre Füße ins Wageninnere, setzt sich auf und wirft ebenfalls einen Blick auf meinen Bruder. Dann zuckt sie die Schultern und lehnt sich an meine Brust.
    Seit das Flugzeug in L.A. gelandet ist, zeichnet Hank Kreise. Große Kreise, kleine Kreise, verschlungene Kreise. Anfangs hatte er lediglich einen einzigen Kreis auf ein Blatt gezeichnet und ihn mit einer Eins numeriert, damit er nicht den Überblick verlor. Sekunden später: ratsch, nächstes Blatt, ein neuer Kreis, wieder Nummer Eins, und so weiter. Inzwischen sind seine Gebilde komplexer geworden und hin und wieder mit Pfeilen, Symbolen und kurzen Texten versehen.
    Ich hebe eines der zusammengeknüllten Blätter auf, krumpele es

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