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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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geschlossenen Augen an die Tür gelehnt. Ich hob die Pistole und schoß in die Luft. Prill schreckte auf. »Dort drüben!« rief ich ihr zu und leuchtete einen Sensorschalter an, der neben der Tür installiert war. »Berühr’ ihn, aber geh von der Tür weg, sie schwingt nach innen auf!«
    Die Schritte der emporhastenden Läufer wurden lauter, klangen wie ein wild geschlagenes Stahlpercussion, das den Abgrund emporschwebte. Prill hatte den Schalter erreicht. Ein Öffnungsmechanismus summte, dann glitt die Tür auf und Licht begann den Schacht zu erhellen. Vom Lärm übertönt, vernahm ich kaum Todds Schritte, der meine Ablenkung ausgenutzt hatte und über den Steg auf mich zustürmte. Erst als er bereits die Treppe erreicht hatte, nahm ich seinen gelben Anzug wahr. Aus dem Reflex heraus schnellte ich herum und schoß. Er war viel zu nah, als daß ich ihn hätte verfehlen können. Zwei Schritte von mir entfernt wurde er zurückgeschleudert, prallte hart auf den Steg, rollte um seine Achse und war verschwunden. Daß es sich um Todd gehandelt hatte, glaubte ich erst aus dem gellenden Schrei herauszuhören, mit dem er in die Tiefe stürzte. Ich unterdrückte einen Fluch.
    »Scheiße!« zischte dafür jemand in der Fahrstuhlkabine. Im selben Moment schrie Prill auf, dann hörte ich ihren Körper auf dem Beton aufschlagen. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Ich sah hinauf zum Ausgang. Die Tür war zur Gänze aufgeglitten. Im Gegenlicht erkannte ich eine spinnenartige Silhouette, so groß wie ein junges Kalb.
    Es war ein Oberflächenläufer, eines der Exemplare, die durch die Wüste patrouillierten, um eventuelle Ausreißer wieder einzufangen und sie zurück zu den Stationen zu treiben. Er erinnerte an eine mutierte Winkerkrabbe, besaß zwei furchteinflößende Greifscheren; eine große, etwa siebzig Zentimeter lange, und eine kleinere, die etwa dreißig Zentimeter lang war. Nachdem die Maschine Prill mit ihrem Schockstrahl betäubt hatte, zuckte ihr ellipsenförmiger Kopf herum und zielte auf mich. Ich handelte, ohne zu denken. Die einzige halbwegs verletzliche Stelle dieses Metallungetüms war der Kopf mit den Tastantennen, Sehrezeptoren und Bewegungs-Sensoren. Ich feuerte darauf, bis das Magazin leer war. Funken stoben, Querschläger jaulten den Schacht hinauf. Der Läufer schlug wild mit seinen Fangscheren, brach zusammen und rutschte zum Treppenabsatz hinab. Blitzschnell wechselte ich das Magazin, sprang auf, hastete die Stufen empor, ergriff Prill und zog sie vor die Tür. Der Läufer blockierte mit seinem massigen Leib den Treppenaufgang. Ich schob ihn mit der Hüfte beiseite, um einen Korridor zu schaffen, und zog Prill über ihn hinweg. Auf Blessuren konnte ich keine Rücksicht nehmen. Sie würde ein paar Schürfwunden abkriegen, dazu ein paar Prellungen, als ich sie hinter dem Spinnenroboter unsanft auf die Stufen sinken ließ. Dann zwängte ich mich an der Maschine vorbei zurück zur Tür und hieb mit der flachen Hand auf den Sensorschalter, als die ersten Läufer die Treppe bezwungen hatten und den Steg erreichten. Sie waren allesamt nicht größer als das Exemplar, das Prills Haarknoten entschlüpft war, aber aufgrund ihrer Wendigkeit nicht minder gefährlich als die Oberflächenläufer. Es waren mehr als drei, die nach und nach durch das Geländer krochen. Als sich die Eingangstür bis auf einen vielleicht fünfzig Zentimeter breiten Spalt geschlossen hatte, zählte ich sechs von ihnen, die den Steg erklommen hatten und zum Ausgang strebten. Ich schoß wahllos auf die krabbelnden Maschinen.
    Einige von ihnen wurden durch die Wucht der Treffer von den Stufen gerissen und stürzten über den Steg zurück in die Tiefe. Der vorderste Läufer schaffte es trotzdem, durch den Spalt zu schlüpfen, der nachfolgende wurde von der zugleitenden Tür zu funkenschlagendem Schrott zerquetscht. Eine Sekunde benötigte der Läufer, um über den funktionslosen Körper des Oberflächenläufers zu klettern. Er besaß zwar keinen Strahler, dafür aber eine flexible, lange Metallzunge, die aus seinem Kopf herauszuckte, eine dünne, schwarze Nadel, schneller als ein Peitschenhieb. Eine Berührung der Zunge, und ein Stromstoß würde mich für Minuten lähmen. Rückwärts kroch ich die Treppe hoch, eine Hand auf den Stufen, die andere am Abzug der Waffe. Die Schüsse hallten ohrenbetäubend von den Wänden wider, die Projektile ließen Funken auf dem Läuferleib blitzen, schlugen gegen die Betonwände und das Metall der Tür.

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