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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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ihren Hinterkopf geheftet. Ihr Atem ging stoßweise, und selbst im herrschenden Dämmerlicht konnte ich erkennen, daß sie kreidebleich war. Als der Fühler in sie eindrang, holte sie scharf Luft und krallte ihre Finger in die Polster des Sitzes. Daß ich ebenfalls bis zum Äußersten angespannt war, wie – und ob – sie auf den Schlüssel ansprach, bemerkte sie in diesen Sekunden nicht. Mein Puls schlug wie der eines jungen Hundes. Prill war verstummt, wartete wie versteinert auf das, was ihr das Instrument antun mochte.
    Über eine Minute saß sie schweigend so da.
    Es geschah … nichts.
    Ich schloß die Augen, ließ meinen Kopf auf das Lenkrad sinken. Willkommen im Wunderland Desillusion. Werfen Sie bitte eine Münze in den Schlitz neben dem Radio und wählen Sie ein Wunder Ihrer Wahl. Entscheiden Sie zwischen a) einem seelenlosen Dummkopf, der die Drecksarbeit für Sie erledigt, b) einem Revolver mit Kugeln, die glücklich machen, c) einem tiefen Loch, in das Sie hineinspringen können, oder d) Gamma, der mit gespreizten Beinen darauf wartet, Ihren Stiefel in die Eier getreten zu bekommen.
    »Ich finde das ganz und gar nicht erotisch«, beklagte sich Prill irgendwann gedämpft, als hätte sie Angst, ein lautes Wort könnte den Schlüssel zu einer tollwütigen Attacke auf ihre Gehirnmasse verleiten. »Es ist ekelhaft.«
    Ich antwortete nicht, hatte meinen Ellbogen auf die Fahrertür und meinen Kopf in meine Hand gestützt. Mein Blick schweifte in die Ferne.
    »Was passiert denn jetzt?« fragte Prill.
    »Nichts passiert«, antwortete ich schroffer als beabsichtigt. »Du bist die Falsche.«
    »Dann – nimm mir bitte dieses Ding wieder ab«, bat Prill.
    Ich löste den Schlüssel von ihrem Hinterkopf und deaktivierte ihn. Prill rieb sich mit der flachen Hand über ihren Nacken, als wäre er von etwas Abscheulichem beschmutzt. Als ich das Instrument wieder im Tornister und diesen im Kofferraum verstaut hatte, entspannte sie sich zusehends. »Was machen wir jetzt?« wollte sie wissen. »Fahren wir ein Stück?«
    Ich schluckte. »Ich kann dich nicht am Leben lassen, Prill.«
    »Bitte?« Prill wirkte amüsiert und entrüstet zugleich. »Das ist ein reichlich geschmackloser Witz, Stan«, empörte sie sich, mit einem leisen Hauch von Hysterie in der Stimme, und sah demonstrativ in die Wüste. »Laß uns doch ein paar Sachen einpacken und rüber zu den Bergen marschieren«, schlug sie vor. »Ich war so lange in diesem Bunker, jetzt möchte ich die Welt mal wieder von oben sehen.« Sie wandte sich mir zu, Abenteuerlust glänzte in ihren Augen. »Wir könnten den Grat entlangwandern und …« Prill stockte, als sich unsere Blicke kreuzten. Sekundenlang las sie in meinen Augen. »Es war kein Witz …«, stellte sie schließlich tonlos fest.
    »Nein, Prill.« Ich wich ihrem Blick aus, griff in meine Jacke und zog die Browning hervor.
    »O, Scheiße, Mann … Stan, bist du bescheuert?!« Prill stieß sich mit der linken Hand verschreckt von mir ab, während ihre rechte suchend über die Tür zum Türgriff kroch. Wortlos entsicherte ich die Waffe, lud sie durch. Meine Hände besaßen ein Eigenleben, die Handgriffe erfolgten automatisch, meine Augen fixierten das Pontiac-Symbol auf der Mitte des Lenkrads. Drei Sekunden, und die Mündung zielte zwischen Prills Augenbrauen.
    Prill saß erstarrt, den Blick wie hypnotisiert auf die Pistole gerichtet. »Das – bringst du nicht fertig«, flüsterte sie.
    »Ich habe es schon über ein Dutzend Mal fertiggebracht«, entgegnete ich, ohne sie anzusehen. Zu gut wußte ich, was sich in diesen Momenten in ihren Augen widerspiegelte.
    Prill öffnete den Mund, fand aber keine Worte. Sie schüttelte wie in Zeitlupe den Kopf, als könne sie dadurch der Bedeutung meiner Worte die Absolutheit nehmen. »Das ist nicht dein Ernst …«, stotterte sie schließlich. »Das kann unmöglich dein Ernst sein!«
    Ich atmete tief durch, ließ die Hand mit der Waffe sinken und strich mit den Fingern über ihren Lauf. »Tut mir leid, Prill. Es ist die Wahrheit.«
    Ich fühlte ihre Hand an meiner Schulter, spürte, wie sich ihre Finger in das Leder der Jacke krallten. »Du hast mehr als zwölf von mir getötet?« Ihre Stimme klang erstickt.
    »Fünfzehn …«, präzisierte ich.
    Wieder dieses gottverdammte Schweigen.
    »Einfach erschossen? Nur, weil sie nicht auf dieses Schlüsselding reagiert haben?«
    »Es kann – es darf dich in keiner Zone zweimal geben«, unternahm ich einen Versuch, ihr das

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