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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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mal irgendwo am Dampfen ist. Er hätte funktionieren müssen, egal, wo auf der Welt wir uns befinden. Selbst wenn wir in dreihundert Metern Tiefe auf dem Meeresgrund liegen sollten, müßte er funktionieren.«
    »In dieser Tiefe wäre die Kabine bereits implodiert«, erkläre ich.
    »Dann – dann muß sich die Maschine an einem Ort befinden, der keine Signale durchläßt«, versucht sie sich zu retten. »Vielleicht in einem subterranen Hangar …«
    »Oder in einem UFO«, schlage ich vor.
    Seetha funkelt mich an, läuft zu einem der Fenster, blickt hindurch.
    Ich schaue zu, wie sie am Fenster kniet, das Gesicht zwischen den Händen verborgen hat und versucht, etwas in der Finsternis zu erspähen, irgend eine Form, die ihr Aufschluß über unseren Aufenthaltsort geben könnte. Es ist aussichtslos, denn sie wird genau so wenig sehen wie ich. Seetha denkt zu rational, scheint bereits vergessen (oder verdrängt) zu haben, daß fortwährend Dinge aus dem Nichts auftauchen und sich zu einem Ganzen zusammenfügen wie ein gespenstischer Modellbausatz. Zuletzt die Satellitentelefone. Aber wer entführt ein Flugzeug in Raten? Dieser Ort erinnert mich an einen Bildschirm-Entwurf, für den jedes Teil neu errechnet und hinzuprogrammiert wird. Wer oder was auch immer hinter den Kulissen daran bastelt, seine schöpferischen und technischen Fähigkeiten sind enorm. Zum Beispiel bei der Kreation des Essens. Ist es wirklich Nahrung gewesen, die wir zu uns genommen haben; biologische Nahrung? Oder haben wir lediglich Bits und Bytes verschlungen, die unseren Gehirnen mitgeteilt haben: ihr seid jetzt satt? Sind Seetha und ich im Grunde gar nicht real?
    Ich muß wieder an den Gnom im Anzug denken, an das Seetha-Programm und das Notebook, und frage mich: Wurde ich von diesem Kerl ebenfalls von einer Diskette heruntergeladen? Wer bin ich? Warum besitze ich keinen Bauchnabel, sondern nur eine Narbe? Was wird hier gespielt? Adam und Eva im Pixelparadies?
    Während Seetha Löcher in die Dunkelheit starrt, lasse ich einen der Zwölf-Zoll-Deckenmonitore über den Passagiersitzen herausgleiten. Über sie kann man neben einer Auswahl von Spielfilmen, Unterhaltungsprogrammen, Werbespots, Video- und Glücksspielen, der Demonstration aller Sicherheitsmaßnahmen oder der Werbung für zollfreie Waren an Bord per Satellit auch Nachrichtenprogramme empfangen. Auf dem Bildschirm grisselt jedoch selbst auf den Filmkanälen nur Flockengestöber, unterbrochen von vereinzelten Bild- und Tonfetzen, die zu kurz sind, um etwas zu erkennen oder herauszuhören. Ich schalte weitere Monitore an. Sie flackern gemeinsam mit dem ersten in synchronen Intervallen.
    »Muß das sein?« beschwert sich Seetha. »Da kriegt man ja Kopfschmerzen!« Sie erhebt sich, huscht von einer Sitzreihe zur anderen und schaltet die Bildschirme wieder aus. Ihre Nervosität angesichts unserer Gefangenschaft und der Absurdität dieses Gefängnisses wächst unübersehbar. Für einen Menschen wie sie, der ein großes Kontrollbedürfnis gegenüber sich selbst und seiner Umwelt entwickelt hat, muß dieser Ort ein Alptraum sein. Unschwer abzusehen, wohin dieser Konflikt über kurz oder lang führen wird. Seetha weiß nicht so recht, was ich bin, wo sie sich befindet, wie diese Maschine um uns herum entsteht. Dazu all das unbeantwortete Wozu und Weshalb. Und vor allem: warum ausgerechnet sie?
    Allein mit so einem Ding wie mir, das auch nichts weiß …
    Sie hat es schwer. Ich sehe es ihrem Gesicht an. Stundenlang hat sie ihre Selbstbeherrschung aufrechterhalten, doch nun liegen ihre Nerven blank. Daß sie sich noch einmal von mir in den Arm nehmen und beruhigen lassen würde, bezweifle ich. Mir könnten ja Antennen aus dem Kopf und Saugnäpfe an den Fingern wachsen, während ich sie halte.
    »Bist du okay?« frage ich, als ich sehe, wie ausdruckslos sie an mir vorbeistarrt. Ihr Gesicht ist blutleer geworden, als hätte sie einen Kreislaufkollaps erlitten.
    »Dort«, antwortet sie nur, macht eine Bewegung, als wolle sie auf etwas deuten. »Dort, am Fenster …!«
    Ich wirble herum. Alle Kabinenfenster hinter mir sind leer und schwarz. »Seetha«, beschwöre ich sie, »versuch jetzt bitte die Nerven zu behalten.«
    »Dort war etwas!« beharrt Seetha, blinzelt, sieht mich fast flehend an. »Etwas Großes …«
    »Das hast du dir nur eingebildet. Vielleicht hat dich das Licht der Monitore geblendet.«
    »Ich habe es mir nicht eingebildet, verdammt noch mal!« schreit Seetha und ballt wütend ihre

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