Lord Garrows widerspenstige Braut
versuchen, ihn zu beherzigen."
"Mein Gott! Wie oft hätte ich dich gerne übers Knie gelegt und dir den Hintern versohlt", meinte ihr Vater, während seine Gedanken in die Vergangenheit schweiften. "Und bei anderen Gelegenheiten war ich so stolz auf dich …"
"Vater?" meinte Susanna vorsichtig. "Darf ich dich hinsichtlich der Ehe noch etwas fragen?"
Er räusperte sich. "Wenn es sein muss."
"Gibt es eine Möglichkeit, wie man nicht schwanger wird, und trotzdem …"
Aus schreckgeweiteten Augen sah er sie an. "Guter Gott – Susanna, was für eine Frage. Du wirst Garrow doch keine Kinder verweigern wollen?"
"Nein", beruhigte sie ihn. "Wir kriegen schon eins. Ich wüsste das nur gern, weil Frauen, die zu viele Kinder bekommen …"
Er unterbrach sie barsch. "Susanna, über so etwas kann eine Frau wie du in der Öffentlichkeit einfach nicht sprechen! Man könnte dich dafür einsperren lassen …" Seine Worte verloren sich. "Du bekommst ein Kind, Susanna? Ich werde Großvater?" fragte er überrascht.
Sie nickte. Geduldig wartete sie seinen Begeisterungssturm ab, seinen Stolz – als hätte sie das Kind schon zur Welt gebracht. Dann kam sie auf das Thema zurück, das sie angeschnitten hatte. "Vater, bitte, nur ein einfaches Ja oder Nein. Gibt es außer sexueller Abstinenz noch eine Möglichkeit …?"
Einen Moment sah er sie verwirrt an, dann sagte er errötend: "Äh … Ja!"
Erleichtert atmete Susanna auf. "Danke!" sagte sie und umarmte ihn.
"Nun, immer mit der Ruhe", sagte er und entzog sich ihr. Mit einer nervösen Geste strich er sich übers Haar. "Es ist ja nicht so, als hätte ich die verdammten Dinger erfunden. Und – bitte – sprich nicht laut von so etwas, ja?"
Dinger ? Susanna war verwirrt. Eine Frage führte zur nächsten, so war es immer. Vielleicht wusste James ja über die ominösen Dinger Bescheid. Wenn er doch nur nicht so unerfahren wäre! Ach, der arme James!
Er war so zornig gewesen, als er gegangen war. Wieder sah sie die Skulptur an, die auf dem Teetisch stand, und versuchte, sie unvoreingenommen zu betrachten. Das Marmorgesicht drückte eine Vielzahl von Gefühlen aus – Entschlossenheit, Wut, Ärger. Die glatt polierte Oberfläche der Skulptur wirkte sehr sinnlich. Egal, was James behauptete, dies war ein Kunstwerk. War er sich seiner Fähigkeiten vielleicht gar nicht bewusst?
Dennoch: Er hatte nie ihre verzerrten Ansichten korrigiert. Bis vorhin war James immer bemerkenswert geduldig und liebenswürdig ihr gegenüber gewesen. Er hatte sie in Frieden gelassen, wenn sie das wollte. Er hatte ihr zugehört, wenn sie sich mit ihm unterhalten wollte. Er schien sie zu akzeptieren, so wie sie war, und sie vertraute ihm. Selbst wenn sie ihn mittlerweile nicht so sehr lieben würde, wäre das genug, um zufrieden zu sein. Konnte sich eine Ehefrau mehr wünschen als einen Gatten wie James? Sie musste sich bei ihm dafür entschuldigen, dass sie sich in seine Angelegenheiten eingemischt hatte. Wenn er kein Künstler sein wollte, so war das seine Entscheidung, die sie nichts anging.
Entrüstung und logisch geführte Debatten waren angebracht, wenn es um ein moralisches Dilemma wie das der ungerechten Gesetzgebung oder die Frauenfeindlichkeit der Gesellschaft ging. Aber im Privaten, dachte Susanna, hat die gefühlsarme Logik keinen Platz. Sie musste James gegenüber mehr Respekt zeigen, auch wenn sie manchen seiner Charakterzüge nicht verstehen konnte.
Nachdenklich blickte sie in die leere Teetasse. Waren ihre Auftritte wirklich von Logik geprägt gewesen? Sie erinnerte sich an ihren unbändigen Zorn, der sie jedes Mal schier überwältigte, wenn sie an die unhaltbare Rechtslage in England dachte. Nein, sie hatte nicht logisch agiert. Sie war zornig gewesen. Doch wenn sie der Öffentlichkeit mit einem Lächeln entgegenträte, würde ihr nicht eher Gehör geschenkt werden, als wenn sie die Faust ballte? Vielleicht war die Taktik ihrer Mutter auf einer höheren Ebene ja ebenfalls von Erfolg gekrönt. Die Stimme der Vernunft statt die Stimme der Anklage sein … Ich muss gar nicht die wütende Revolutionärin, die mahnende Stimme des Verderbens, die beharrliche Reformerin spielen, dachte sie erstaunt. Natürlich musste sich etwas in der Welt verändern. Aber auch ich muss mich verändern, erkannte Susanna. Ja, das würde sie tun. Sie würde sanft beharren, sanft lehren und mit einem ruhigen Lebenswandel ein Beispiel für andere setzen. Die Stimme der Vernunft würde irgendwann Gehör finden …
Als
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