Lord Garrows widerspenstige Braut
wieder beleben."
"Ich habe hier etwas Besseres", erklärte Susanna, griff in das Retikül, das immer von ihrem Handgelenk baumelte, und kramte einen kleinen Flakon heraus. "Hier – Riechsalz." Sie öffnete den Flakon und hielt ihn Hilda unter die Nase.
Mit einem Ruck schoss die alte Frau kerzengerade in die Höhe. Deftige Flüche in einem wunderlichen Kauderwelsch strömten über ihre Lippen. Sogar James war über ihre Wortwahl schockiert, obwohl er ein Jahr auf See verbracht hatte und dementsprechend einiges gewohnt war. Er packte Susanna beim Arm und zog sie außer Reichweite. Hilda hüpfte indessen vom Bett wie ein junges Mädchen und schritt aus dem Zimmer, mit den Armen wedelnd und Bibelsprüche rezitierend. Die Art, wie sie Gälisch und Englisch mit dem ortsüblichen Dialekt vermischte, ließ ihre Worte wie Morddrohungen klingen.
James wusste, dass sich eine neuerliche Katastrophe anbahnte. Bald würde Hilda zurück sein, gerüstet mit Bibelsprüchen und mit Verstärkung.
Fassungslos standen Susanna und er da, während die Tritte von Hildas harten hölzernen Schuhsohlen langsam in der Ferne verklangen. Mit einem lauten Knall wurde unten die Eingangstür ins Schloss geworfen.
Susanna erholte sich zuerst von dem Schreck, den ihnen die alte Frau eingejagt hatte, blinzelte und meinte dann verblüfft: "Sind alle deine Dienstboten so temperamentvoll?"
Sie kann die Tragweite der Situation nicht einschätzen, dachte James bedrückt. Sonst würde sie nicht so gelassen bleiben. Sie hatte Hilda in die Schranken gewiesen – ausgerechnet sie! Wie er die alte Frau kannte, würde sie dafür sorgen, dass in kürzester Zeit auch all diejenigen von seiner Heirat erfuhren, bei denen Orvie noch nicht die Runde gemacht hatte. Hilda würde die Leute gegen Susanna aufwiegeln. Alle, alle würden heute noch nach Galioch kommen. Aber nicht, um Hochzeit zu feiern, sondern um gegen Susanna, die hochnäsige Engländerin, in den Krieg zu ziehen.
Verflixt. Ich werde ein Machtwort sprechen müssen. Obwohl es nicht das erste Mal war, dass James nur durch seine Stellung als Führer des Clans die Menschen in der Umgebung zu etwas bewegen konnte, spielte er nur ungern seinen Rang gegen sie aus. Die meisten seiner Pächter kannte er seit seiner Kindheit – genauso lange wie sie ihn. Aber jetzt würde er Partei ergreifen müssen. Es war seine Aufgabe, dass die Leute Susanna den nötigen Respekt erwiesen, denn schließlich war sie seine Frau. Wenn es Susanna nicht gelang, ihre Stellung als Herrin von Galioch einzunehmen – dann blieb ihnen nur noch Drevers. Aber Neuigkeiten verbreiteten sich in den Highlands wie Distelsamen mit dem Wind. Susanna würde in Drevers vor denselben Schwierigkeiten stehen wie hier, wenn sie sich nicht Respekt verschaffen konnte.
"Nein, nicht alle sind so temperamentvoll. Hilda ist etwas Besonderes. Ruh dich ein wenig aus. Ich muss noch etwas erledigen", versuchte James Susanna zu beschwichtigen, bevor er das Zimmer seiner Mutter verließ und sie allein zurückließ.
Aber ebenso sehr wie Susannas aggressives Auftreten verunsicherte ihn die Tatsache, dass sie ihn Hilda gegenüber in Schutz genommen hatte. Was sollte er davon halten? Hat sie mich verteidigt oder meinen gesellschaftlichen Status?
Ich habe immer gedacht, ich würde mich mit Frauen auskennen, dachte James wehmütig und seufzte innerlich. Doch meine Ehefrau ist ein Mysterium für mich. Vielleicht sollte er Susanna davor warnen, den Leuten in der Gegend so herablassend gegenüberzutreten. Doch wie sollte er ihr das sagen, ohne sie vor den Kopf zu stoßen?
Langsam stieg er über die Wendeltreppe nach unten. Er hätte voraussehen müssen, dass es Probleme geben würde, wenn er eine Engländerin heiraten würde. Angesichts dessen, wie schnell Hilda marschieren konnte, blieb ihm weniger als eine Stunde Zeit, um sich innerlich für das zu wappnen, was bald auf ihn zukommen würde.
8. Kapitel
Nervös harrte James in der großen düsteren Eingangshalle der Dinge, die kommen mochten. Susanna, die keine Ahnung von der Aufregung hatte, die ihre Anwesenheit auslöste, war immer noch oben. Er hatte ihr die in Zeitungspapier eingeschlagenen Reste ihrer letzten Mahlzeit gebracht, Käse und Brot, das sie beim letzten Halt gekauft hatten, und dazu ein Glas stark verwässerten sauren Wein gereicht. Obwohl er Susanna empfohlen hatte, sich ein wenig hinzulegen, hatte sie sich geweigert, und nun war sie dabei, ihre Reisekoffer auszupacken.
Ich muss noch
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