Lord Garrows widerspenstige Braut
sein."
"Schön wär's – aber nein: Ich muss nach Drevers, Mr. Colin hinauswerfen. Eastonby hat Susanna den Landsitz zur Hochzeit geschenkt. Ich bin der neue Verwalter."
"Gott hat ein Einsehen gehabt! Also musst du keine Ausflüge mehr in dieses stinkende Höllenloch Edinburgh machen, um Steine zu hauen?"
"Nein, vermutlich nicht", sagte James. Er war selbst überrascht, dass er bei dem Gedanken daran ein wenig wehmütig wurde. Ja, es war nicht zu leugnen: Er würde seine Steinmetzarbeiten vermissen. Etwas Schönes, Vollendetes aus einem nur grob behauenen Stein hervorzubringen, erfüllte ihn mit Stolz. Er ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Selten zuvor war ihm die Rohheit der Wände so sehr bewusst gewesen.
Er griff nach dem Holzbecher, den Kenneth hielt, und nahm noch einen großen Schluck von dem übel schmeckenden Gebräu.
Susanna scherte soeben aus der Reihe der Tanzenden aus, fächelte sich Luft zu und kam zu ihm herüber. Zum ersten Mal registrierte James, wie anmutig ihre Bewegungen waren.
"Haben sie dich sehr erschreckt?" erkundigte er sich besorgt, als sie sich zu ihm gesellte.
Susanna lachte. "Ich war wie erstarrt, als diese Männer über mich herfielen! Erst als sie mir den Kranz auf den Kopf drückten, wurde mir klar, dass sie nicht beißen würden. Sie haben auch versucht, sich mit mir zu unterhalten. Aber unglücklicherweise verstehe ich die Sprache nicht, die hier alle sprechen. Und ich dachte, du sprichst Schottisch! So kann man sich irren. Die meiste Zeit …" Als seine Augenbrauen sich zusammenzogen und ein düsterer Ausdruck in seinen Augen erschien, versuchte sie zu erklären: "Nicht, dass ich etwas daran auszusetzen hätte, wie du oder die anderen reden. Das ist schon in Ordnung. Es hört sich sehr melodisch an, irgendwie beschwingt. Aber ich verstehe kein Wort."
"Englisch ist meine Muttersprache, Susanna. Wenn dich stört, wie ich rede, dann musst du das nur sagen. Ich werde versuchen, mir mehr Mühe zu geben. Was die anderen angeht", sagte er ohne den Anflug eines schottischen Akzents, "so musst du sie akzeptieren, wie sie sind."
Susanna verdrehte die Augen. "Ja doch! Du hast mich völlig falsch verstanden, James! Ich meinte nur, dass ich es schade finde, dass ich hier niemanden verstehe. Ich muss anhand der Mimik der Leute erraten, ob von mir ein Lächeln, ein Nicken oder ein böser Blick erwartet wird. Und ich kann kaum eine Frage beantworten!"
"Sie haben dir Fragen gestellt?" erkundigte er sich interessiert.
Susanna zuckte mit den Schultern. "Ja. Zumindest nehme ich an, dass mir Fragen gestellt wurden. Ich habe immer brav 'Ja' gesagt. Es ist gut möglich, dass ich mich bereit erklärt habe, alle Kühe in der Umgebung zu melken – ich weiß es nicht."
Er lachte.
"Hilda habe ich heute Nachmittag gut verstanden", fuhr Susanna nachdenklich fort. "Aber ihre Gestik hat fast mehr gesagt als ihre Worte. Heute Abend ist sie kaum wieder zu erkennen, findest du nicht?"
"Das ist schon merkwürdig. Aber ich glaube, der Respekt, der dir entgegengebracht wird, hat sehr viel damit zu tun, wie du Hilda heute ins Gebet genommen hast."
Kokett sah sie zu ihm hoch. "Meinst du? Und ich dachte, das liegt an meinen blauen Augen!"
Er lehnte sich vor und zog sie an sich. "Wohl auch an deinen blauen Augen. Trotzdem – ich hätte nicht erwartet, dass es so einfach werden würde. Glückwunsch, meine Liebe. Du hast heute wirklich deinen Mann gestanden. Hattest du denn gar keine Angst vor Hilda?" flüsterte er ihr ins Ohr.
"Angst? Ich weiß nicht." Als sie spürte, dass die anderen sie beobachteten, entzog sie sich ihm.
"Du hast doch nicht etwa Angst vor mir, Susanna?" neckte er sie.
Sie räusperte sich. "Das nicht. Aber hier ist nicht der richtige Ort für so etwas, Lord Garrow."
"Jetzt bin ich also wieder Mylord ?"
"James!" zischte sie. "Bitte benimm dich!"
"Aber alle erwarten von mir, dass ich dich nachher nach oben schleife, aufs Bett werfe und die Ehe vollziehe. Was soll ich tun? Was schlägst du vor?"
Susanna errötete. "Wir müssen ihnen wohl vorspielen, was sie sehen wollen, fürchte ich. Ich verspreche auch, dass ich mich nicht zieren werde, wenn du mich nach oben bringst. Aber wenn alle gegangen sind, dann würde ich lieber … lieber nichts von dem tun, was sie denken, das wir tun werden." Plötzlich kam sie sich furchtbar prüde vor.
Lässig zuckte er mit den Schultern. "Wie du willst."
"Es tut mir Leid, James. Ich habe Angst – davor", gestand sie ihm leise.
"Könntest
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