Lord Garrows widerspenstige Braut
Broderick Fowler." Sie deutete auf James und sah Miranda an: "Und das ist mein Mann, Lord Garrow."
Fowler hatte sich höflich vom Sofa erhoben, sobald James ins Zimmer getreten war. Miranda stand nun ebenfalls auf. Sie war eine Schönheit. Die Ebenmäßigkeit und Zartheit ihrer milchigen Haut wurde von ihrem schwarzen Haar noch betont. James war die junge Dame dennoch auf den ersten Blick unsympathisch. Sie lächelte kokett und warf ihm einen interessierten Blick zu, bevor sie ihm mit einer anmutigen Bewegung die Hand entgegenstreckte.
James griff nach ihrer Hand und schüttelte sie kräftig, statt sie zu küssen, wie das von ihm erwartet wurde. Erbost kniff Miss Durston daraufhin die Augen zusammen. Er ließ ihre Hand sinken und verfuhr mit Mr. Fowlers Hand auf dieselbe Weise – abgesehen davon, dass er bei diesem noch kräftiger zupackte. "Willkommen in Drevers!" schmetterte er fröhlich in breitestem Schottisch.
"Sie sind also Baron Garrow! Wir haben ja schon so viel von Ihnen gehört", gurrte Miss Durston. Mit einem verführerischen Augenaufschlag musterte sie ihn.
"Vielen Dank für das Kompliment", erwiderte er mit vorgetäuschter Herzlichkeit. "Und Sie sind zweifellos gekommen, um sich im Hinterland der Hölle zu langweilen."
Miranda zupfte an der feingliedrigen Goldkette, die sie um den Hals trug. "Nein, wirklich, wie Sie die 'R's rollen! Bezaubernd!"
"Ja, das bekomme ich immer wieder zu hören."
Susanna errötete und runzelte die Stirn. Miranda lachte.
Frauen wie Miranda kannte James nur allzu gut. Sie waren kühl und herzlos, auch wenn sie äußerlich vollkommen wirkten, spielten mit Männern, bevor sie sie in Stücke rissen. Dem Blick nach zu schließen, den Miss Durston ihm zugeworfen hatte, würde sie sehr gerne mit ihm spielen … Aber das werde ich zu verhindern wissen!
"Guten Tag, Lord Garrow", ließ sich nun auch Mr. Fowler vernehmen. "Was muss man denn tun, um von dem köstlichen schottischen Whisky probieren zu dürfen? In England würde ja so manch einer seine Seele für den guten Tropfen verkaufen."
James warf Mr. Fowler einen belustigten Blick zu. "Man muss in England bleiben. Die ganze schottische Produktion rinnt nämlich Richtung Süden."
Der junge Mann mit den sorgfältig geölten dunkelblonden Locken lachte unsicher und strich sich über den Schnurrbart. "Wie wäre es dann mit einem Glas Wein?" fragte er höflich.
"Aber natürlich, wenn Ihnen Wein lieber ist als Tee …!" zwitscherte Susanna und sprang dienstbeflissen auf. Meine Frau, die geborene Gastgeberin. James hätte Susanna am liebsten am Arm zurückgehalten, als sie an ihm vorbeieilte. Warum gibt sie sich solche Mühe, diesen Fatzke zu verwöhnen?
Am äußeren Glanz von Mr. Fowlers Erscheinung kann es nicht liegen, dachte James und musterte seinen Gast. Mr. Fowlers Kleidung war zwar modisch geschnitten, aber die Stoffe waren sichtlich minderwertig. Und das geschmacklose Blau seiner Weste! Und was hat dieser Fowler da für eine Krawattennadel und für Manschettenknöpfe? Wenn das nur keine falschen Saphire sind! Entweder handelt es sich bei ihm um einen Mann, der vortäuschen wollte, reicher zu sein als er war, oder er hat schlicht und einfach keinen Funken Geschmack, dachte James. Er war nicht etwa eifersüchtig oder von ähnlich törichten Gefühlen geplagt, aber der Blick, den der Fremde über Susanna streifen ließ, gefiel ihm dennoch nicht. Mit seiner Gastgeberin zu liebäugeln stand einem Gast nicht zu. Dem Kerl mangelt es nicht nur an Geschmack, er hat auch keine Manieren!
Susanna kehrte mit einem Silbertablett zurück. Schnell goss sie allen Anwesenden Wein in die Gläser.
Miranda kostete so nachdenklich, als hätte sie die Absicht, den Wein zu kaufen.
"Ganz köstlich", meinte sie schließlich und leerte ihr Glas. Mit einer gelangweilten Geste erklärte sie: "Was für eine Schande, Susanna, dass du dich selbst um die Getränke kümmern musst! Kann man hier kein vernünftiges Personal bekommen?"
Interessiert sah James zu Susanna hinüber. Was würde sie darauf antworten? Würde sie den Umstand beklagen, dass sie kein Heer von Dienstboten zur Verfügung hatte? Oder hatte sie mittlerweile Personal eingestellt? Er war eine Woche weg gewesen. Allerdings hatte er bislang niemanden zu Gesicht bekommen.
"Ich habe eine Köchin und ein Hausmädchen", erwiderte Susanna milde lächelnd. "Das genügt mir vollauf. Du weißt doch – ich bin der Überzeugung, dass Frauen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen sollten."
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