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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Chloroform war – medizinische Urteile dieser Art darf man nicht vorschnell und ohne eingehende Untersuchung abgeben –, aber ich wollte eben gerade sagen, daß es so sein könnte .«
    »Könnte sie in diesem Falle«, mischte Wimsey sich ein, »an der Wirkung des Chloroforms gestorben sein? Angenommen, man hat ihr zuviel gegeben oder sie hatte ein schwaches Herz?«
    »Mein lieber Herr«, sagte der Arzt, diesmal zutiefst gekränkt, »sehen Sie sich doch einmal diesen Schlag auf den Kopf an, und dann fragen Sie sich bitte selbst, ob man da noch nach einer anderen Todesursache suchen muß. Außerdem, wenn sie am Chloroform gestorben wäre, wozu wäre dann der Schlag noch notwendig gewesen?«
    »Eben darüber habe ich gerade nachgedacht«, sagte Wimsey.
    »Ich nehme doch nicht an«, fuhr der Arzt fort, »daß Sie meine fachlichen Kenntnisse anzweifeln wollen?«
    »Aber gewiß nicht«, sagte Wimsey, »nur wäre es, wie Sie selbst sagen, unklug, ohne eingehende Untersuchung ein medizinisches Urteil abzugeben.«
    »Und hier ist dafür nicht der Ort«, warf Parker hastig ein.
    »Ich glaube, wir haben hier getan, was zu tun war. Würden Sie die Leiche jetzt bitte ins Leichenhaus begleiten, Doktor? Und Ihnen, Mr. Andrews, wäre ich dankbar, wenn Sie mitkommen und oben im Wald ein paar Fußspuren fotografieren würden. Die Lichtverhältnisse sind schlecht, fürchte ich, aber wir müssen unser Bestes tun.«
    Er nahm Wimsey beiseite.
    »Der Doktor ist natürlich ein Narr«, sagte er, »aber wir können jederzeit ein zweites Gutachten einholen. Inzwischen sollten wir es lieber so aussehen lassen, als ob wir die augenfällige Erklärung für das Geschehen hier akzeptierten.«
    »Was gibt es für Schwierigkeiten?« fragte Sir Charles neugierig.
    »Ach, keine besonderen«, antwortete Parker. »Aller Anschein spricht dafür, daß die beiden Mädchen von ein paar Banditen überfallen worden sind, die dann Miss Whittaker in der Hoffnung auf ein Lösegeld verschleppten, nachdem sie Miss Findlater brutal erschlagen hatten, als sie sich wehrte. Wahrscheinlich ist das die richtige Erklärung. Kleine Widersprüche werden sich mit der Zeit gewiß von selbst aufklären. Genaueres können wir erst sagen, nachdem eine gründliche ärztliche Untersuchung stattgefunden hat.«
    Sie gingen zum Wald zurück, wo sie die Fußspuren fotografierten und sorgfältig vermaßen. Der Polizeipräsident verfolgte ihr Tun mit dem größten Interesse und schaute Parker über die Schultern, wenn er sich die Einzelheiten in seinem Buch notierte.
    »Hören Sie mal«, sagte er plötzlich, »ist es nicht ziemlich merkwürdig –?«
    »Da kommt jemand«, unterbrach ihn Parker.
    Das Knattern eines Motorrades, das sich im zweiten Gang durch das unwegsame Gelände quälte, kündigte die Ankunft eines mit einer Kamera bewaffneten jungen Mannes an.
    »O Gott!« stöhnte Parker. »Da kommt schon die verdammte Presse.«
    Er empfing den Reporter aber durchaus höflich und zeigte ihm die Rad- und Fußspuren, und während sie sich zur Fundstelle der Leiche begaben, erläuterte er ihm die Entführungstheorie.
    »Können Sie uns etwas über das Aussehen der beiden gesuchten Männer sagen, Inspektor?«
    »Nun ja«, sagte Parker, »einer von ihnen scheint so eine Art Stutzer zu sein; er trägt eine abscheuliche lila Mütze und schmale, spitze Schuhe, und falls die Unterstreichung hier auf diesem Illustriertenblatt etwas bedeutet, könnte einer der beiden Männer womöglich ein Farbiger sein. Von dem zweiten können wir lediglich sagen, daß er Schuhgröße vierundvierzig mit Gummiabsätzen trägt.«
    »Apropos Schuhe«, begann Pillington, »ich wollte eben sagen, daß es doch ziemlich merkwürdig ist –«
    »Und hier haben wir Miss Findlaters Leiche gefunden«, fuhr Parker rücksichtslos fort und beschrieb die Verletzungen und die Lage des Körpers. Der Journalist war dankbar damit beschäftigt, Fotos zu machen, darunter ein Gruppenbild von Wimsey, Parker und dem Polizeipräsidenten mitten im Ginster, wobei letzterer majestätisch mit seinem Spazierstock auf die verhängnisvolle Stelle zeigte.
    »So, mein Bester«, sagte Parker wohlwollend, »und nachdem Sie nun haben, was Sie wollen, schwirren Sie ab und erzählen es allen anderen bitte auch. Sie haben alles gehört, was wir Ihnen sagen können, und jetzt haben wir Wichtigeres zu tun als Sonderinterviews zu geben.«
    Etwas Besseres konnte der Reporter sich nicht wünschen. Das war ja so gut wie ein Exklusivbericht, und keine

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