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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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viktorianische Grande Dame hätte die Vorzüge der Exklusivität besser zu schätzen gewußt als ein moderner Zeitungsmann.
    »Also nun, Sir Charles«, sagte Parker, nachdem der Journalist vergnügt von dannen geknattert war, »was wollten Sie zu den Fußspuren bemerken?«
    Aber Sir Charles war beleidigt. Der Mann von Scotland Yard war ihm über den Mund gefahren und hatte Zweifel an seiner Klugheit aufkommen lassen.
    »Nichts«, antwortete er. »Ich bin überzeugt, daß meine Schlüsse für Sie etwas vollkommen Selbstverständliches sind.«
    Und auf der ganzen Rückfahrt hüllte er sich in würdevolles Schweigen.
    Der Fall Whittaker hatte fast unbemerkt in einem Restaurant in Soho mit einer zufällig mitgehörten, nebensächlichen Bemerkung begonnen; er endete mit einem Knall von Publizität, der ganz England von einem Ende bis zum anderen erschütterte und sogar Wimbledon auf den zweiten Platz verwies. Die nackten Tatsachen über den Mord und die Entführung erschienen am Abend exklusiv in einer späten Sonderausgabe der Evening Views. Am nächsten Morgen kamen die Sonntagszeitungen mit Fotos und sämtlichen Details, echten wie erfundenen. Der Gedanke an die beiden jungen Mädchen – das eine brutal ermordet, das andere zu irgendwelchen unaussprechlichen finsteren Zwecken von einem schwarzen Mann entführt – weckte alle Abstufungen von Abscheu und Entrüstung, deren das britische Temperament fähig ist. Reporter schwärmten wie Heuschrecken nach Crow’s Beach – die Dünen bei Shelly Head glichen einem Jahrmarkt, so viele Autos, Fahrräder und Fußgängergruppen strömten hinaus, um vor der blutigen Kulisse des Verbrechens ein fröhliches Wochenende zu verbringen. Parker, der mit Wimsey im »Green Lion« Quartier genommen hatte, konnte kaum noch alle die Anrufe, Briefe und Telegramme in Empfang nehmen, die von allen Seiten auf ihn herabregneten, während ein kräftiger Wachtmeister am Ende des Flurs auf Wache stand und Eindringlinge fernhielt.
    Wimsey lief nervös im Zimmer auf und ab und rauchte in seiner Aufregung eine Zigarette nach der anderen. »Diesmal haben wir sie. Diesmal haben sie sich gottlob übernommen.«
    »Ja, aber hab doch ein bißchen Geduld, alter Junge. Verlieren können wir sie jetzt nicht mehr – aber zuerst brauchen wir mal alle Fakten.«
    »Bist du sicher, daß Mrs. Forrest deinen Leuten nicht durch die Lappen geht?«
    »Aber ja. Sie ist Montag abend in ihre Wohnung zurückgekehrt – so sagt wenigstens der Tankwart. Unsere Männer beschatten sie ständig und geben uns Bescheid, sobald jemand ihre Wohnung betritt.«
    »Montag abend!«
    »Ja. Aber das ist an sich noch kein Beweis. Montagabend ist für die Heimkehr von Wochenendurlaubern eine durchaus übliche Zeit. Außerdem will ich sie noch nicht aufschrecken, bevor wir wissen, ob sie die Chefin oder nur eine Komplizin ist. Sieh mal, Peter, ich habe hier eine Mitteilung von einem anderen unserer Männer. Er hat sich mit Miss Whittakers und Mrs. Forrests Finanzen beschäftigt. Miss Whittaker hat sich seit vorigen Dezember einen großen Scheck nach dem anderen bar auszahlen lassen, und die Summen stimmen Stück um Stück fast haargenau mit denen überein, die Mrs. Forrest auf ihr Konto eingezahlt hat. Diese Frau hat Miss Whittaker seit Miss Dawsons Tod ganz schön in der Hand. Sie steckt bis zum Kragen in der Geschichte, Peter.«
    »Hab ich doch gewußt. Sie hat die Arbeit gemacht, während die Whittaker sich in Kent ein felsenfestes Alibi verschaffte. Um Gottes willen, Charles, begeh jetzt keinen Fehler. Niemand ist noch eine Sekunde seines Lebens sicher, solange eine von den beiden frei herumläuft.«
    »Eine böse und skrupellose Frau«, dozierte Parker, »ist die grausamste Verbrecherin der Welt – fünfzigmal gefährlicher als ein Mann, weil sie so viel zielstrebiger vorgeht.«
    »Das liegt daran, daß sie sich nicht von Sentimentalität plagen läßt«, sagte Wimsey. »Und wir Männer, wir armen Tröpfe, bilden uns ein, Frauen wären romantisch veranlagt und gefühlsbeherrscht. Alles Quatsch, mein Lieber! Hol doch der Henker dieses Telefon!«
    Parker riß den Hörer hoch.
    »Ja – ja – am Apparat. Heiliger Strohsack, das darf nicht wahr sein! Gut. Ja. Ja, natürlich müssen Sie ihn festhalten. Ich halte das ja auch für gedreht, aber festgehalten und vernommen werden muß er. Und sorgen Sie dafür, daß alle Zeitungen das bringen. Sagen Sie ihnen, Sie seien sicher, daß er der Mann ist. Verstanden? Trichtern Sie ihnen gut ein,

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