Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes
zubereitet und hergeschickt. Also, Mrs. Forrest –«
»Einen Augenblick. Einen ganz kleinen Augenblick. Ich sage Ihnen gleich alles.«
Ihre Hände griffen in die rosa Seidenkissen und machten kleine scharfe Falten hinein. »Ich – würde es Ihnen etwas ausmachen, mir einen Schluck zu trinken zu holen? Im Eßzimmer, da hindurch – auf der Anrichte.«
Wimsey stand schnell auf und verschwand im Nebenzimmer. Parker fand, er brauche ziemlich lange. Mrs. Forrest hatte sich wie erschlagen zurückfallen lassen, aber ihr Atem ging ruhiger, und er hatte den Eindruck, daß sie sich langsam wieder fing. Jetzt legt sie sich schnell eine Geschichte zurecht, sagte er sich wütend. Aber im Augenblick konnte er nicht weiter in sie dringen, ohne brutal zu werden.
Lord Peter rumorte laut hinter der Flügeltür und klirrte mit den Gläsern herum. Aber es dauerte nicht lange, und er kam wieder herein.
»’zeihung, daß ich so lange gebraucht habe«, entschuldigte er sich, während er Mrs. Forrest ein Glas Brandy mit Soda reichte. »Hab den Siphon nicht gefunden. War schon immer ein bißchen umständlich, wissen Sie? Das sagen alle meine Freunde. Dabei stand er die ganze Zeit genau vor meiner Nase. Und dann hab ich auch noch die Anrichte vollgekleckert. Händezittern und so. Mit den Nerven herunter. Geht’s Ihnen jetzt besser? So ist’s recht. Hinunter damit. Das Zeug bringt Sie wieder auf die Beine. Wie wär’s mit noch einem Schlückchen? Ach, zum Teufel, das kann nicht schaden. Kann ich mir auch einen nehmen? Bin ein bißchen zappelig. Ärgerliche Geschichte, und knifflig. Noch einen Tropfen. So ist’s recht.«
Schon wieder trottete er hinaus, das Glas in der Hand, während Parker immer nervöser wurde. Manchmal waren Amateurdetektive schon störend. Wimsey kam wieder hereingeklappert, doch diesmal brachte er vernünftigerweise die Karaffe, den Siphon und drei Gläser höchsteigenhändig auf einem Tablett mit herein.
»So«, sagte Wimsey, »und nachdem es uns nun besser geht, meinen Sie, daß Sie uns jetzt unsere Frage beantworten können, Mrs. Forrest?«
»Dürfte ich zuerst einmal wissen, welches Recht Sie haben, mir diese Frage zu stellen?«
Parker warf seinem Freund einen erzürnten Blick zu. Das kam davon, wenn man den Leuten Zeit zum Nachdenken ließ.
»Recht?« platzte Wimsey dazwischen. »Recht? Natürlich haben wir ein Recht. Die Polizei hat schließlich das Recht, Fragen zu stellen, wenn etwas ist. Und hier geht es um Mord! Von wegen Recht!«
»Mord?«
Ein seltsam gespannter Ausdruck kam in ihre Augen. Parker wußte ihn nirgends unterzubringen, aber Wimsey erkannte ihn sofort. Er hatte ihn zuletzt bei einem großen Finanzier gesehen, als er seinen Füller zur Hand nahm, um einen Vertrag zu unterschreiben. Wimsey war als Zeuge für die Unterschrift hinzugerufen worden und hatte abgelehnt. Der Vertrag hätte Tausende von Menschen ruiniert. Zufällig wurde der Finanzier kurz darauf ermordet, und Wimsey hatte seine Weigerung, in der Sache zu ermitteln, mit einem Satz von Dumas begründet: »Laßt die Gerechtigkeit Gottes ihren Lauf nehmen.«
»Ich fürchte«, sagte Mrs. Forrest soeben, »daß ich Ihnen in diesem Falle nicht helfen kann. Ich hatte am sechsundzwanzigsten einen Freund hier zum Abendessen, aber soviel ich weiß, ist er weder ermordet worden noch hat er selbst jemanden ermordet.«
»Es handelte sich also um einen Mann?« fragte Parker.
Mrs. Forrest senkte in gespielter Zerknirschung den Kopf.
»Ich lebe von meinem Mann getrennt«, sagte sie leise.
»So leid es mir tut«, sagte Parker, »ich muß um Namen und Adresse dieses Herrn bitten.«
»Ist das nicht ein bißchen viel verlangt? Wenn Sie mir vielleicht nähere Einzelheiten mitteilen könnten –?«
»Nun, wissen Sie«, mischte Wimsey sich wieder ein, »wenn wir ja nur sicher sein könnten, daß es nicht Lyndhurst war. Wie gesagt, meine Cousine ist schrecklich aufgebracht, und nun macht diese Evelyn auch noch Ärger. In Wahrheit – aber das sollte natürlich unter uns bleiben – also in Wahrheit hat Sylvia sogar gründlich den Kopf verloren. Sie ist wütend auf den armen Lyndhurst losgegangen – mit einem Revolver übrigens, aber zum Glück schießt sie furchtbar schlecht. Die Kugel ist über seine Schulter gegangen und hat eine Vase zerschlagen – ganz unangenehme Sache, eine Familie Rose, Tausende wert, und jetzt natürlich nur noch Atome. Sylvia ist wirklich kaum noch zurechnungsfähig, wenn sie ihre Wutanfälle hat. Und da nun
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