Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes
festgestellt.« »Das macht mir keinen Kummer«, sagte Wimsey. »Wir hat ten ja auch schon Schock vermutet. Liebenswürdiger Herr, in der Wohnung einer freundlichen Dame kennengelernt, wird
nach dem Mahl plötzlich munter und macht unerwünschte Annäherungsversuche. Tugendhafte junge Frau ist furchtbar schockiert. Schwaches Herz versagt. Kollaps. Exitus. Große Aufregung bei liebenswürdigem Herrn und freundlicher Dame, die jetzt die Leiche am Hals haben. Rettender Gedanke: Auto – Eppingforst. Alle verlassen singend und händewaschend die Bühne. Wo ist das Problem?«
»Das Problem ist nur, das alles zu beweisen. Übrigens waren auf der Flasche keine Fingerabdrücke – alles verwischt.«
»Wahrscheinlich Handschuhe. Was aber immerhin nach Tarnung aussieht. Ein normales Pärchen beim Picknick zieht keine Handschuhe an, bevor es eine Bierflasche anfaßt.«
»Ich weiß. Aber wir können jetzt nicht alle Leute verhaften, die Handschuhe tragen.«
»Ihr dauert mich, das Walroß sprach, ich kenne eure Qualen. Die Schwierigkeiten sehe ich schon, aber es ist ja noch früh am Tag. Was ist mit diesen Spritzampullen?«
»Völlig in Ordnung. Wir haben den Apotheker ausgefragt und mit dem Arzt gesprochen. Mrs. Forrest leidet unter starken neuralgischen Schmerzen und hat die Injektionen ordnungsgemäß verschrieben bekommen. Vollkommen astrein, auch nichts von Sucht und so. Es ist ein leichtes Mittel, an dem praktisch niemand sterben kann. Außerdem habe ich dir ja schon gesagt, daß sich in der Leiche nicht die Spur von Morphium oder anderen Giften gefunden hat.«
»Ach ja!« sagte Wimsey. Ein paar Minuten saß er nur da und starrte nachdenklich ins Feuer.
»Ich sehe, daß der Fall für die Zeitungen mehr oder weniger gestorben ist«, fing er plötzlich wieder an.
»Ja, wir haben ihnen den Analysebericht gegeben. Morgen werden sie kurz melden, daß sich der Tod als natürlich herausgestellt hat, und dann ist Schluß damit.«
»Gut. Je weniger Aufhebens darum gemacht wird, desto besser. Hat man schon etwas von der Schwester in Kanada gehört?«
»Ach ja, das hatte ich vergessen. Wir haben vor drei Tagen ein Telegramm bekommen. Sie kommt her.«
»Sie kommt? Menschenskind! Mit welchem Schiff?«
»Mit der Star of Quebec – Ankunft nächsten Freitag.«
»Hm! An die müssen wir herankommen. Holst du sie vom Schiff ab?«
»Lieber Himmel, nein! Wieso sollte ich?«
»Ich finde, man sollte sie abholen. Mir ist zwar jetzt wohler – aber so ganz wohl auch wieder nicht. Wenn du nichts dagegen hast, werde ich sie wohl selbst abholen. Ich will über diese Dawson-Geschichte Bescheid wissen – und diesmal möchte ich sichergehen, daß die junge Dame nicht am Herzschlag stirbt, bevor ich mit ihr gesprochen habe.«
»Ich finde, jetzt übertreibst du wirklich, Peter.«
»Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, erwiderte Seine Lordschaft. »Trink noch einen Schluck. Und inzwischen sag mir, was du von Miss Climpsons jüngstem Opus hältst.«
»Ich kann nicht viel damit anfangen.«
»Nein?«
»Ein bißchen verwirrend, das Ganze, aber es scheint doch, daß alles mit rechten Dingen zugegangen ist.«
»Ja. Nur wissen wir jetzt, daß Mary Whittakers Vater sich geärgert hat, weil Miss Dawson das Geld seiner Tante bekommen hat, von dem er doch meinte, es stehe ihm zu.«
»Hör mal, du willst doch jetzt nicht ihn verdächtigen, Miss Dawson ermordet zu haben? Er ist vor ihr gestorben, und seine Tochter hat das Geld sowieso gekriegt.«
»Ich weiß. Aber nehmen wir mal an, Miss Dawson hat es sich anders überlegt? Sie könnte mit Miss Whittaker in Streit geraten sein und das Geld jemand anderm haben vermachen wollen.«
»Ach so, ich verstehe – und dann wurde sie beseitigt, bevor sie ein Testament machen konnte?«
»Wäre es nicht denkbar?«
»Schon. Nur daß nach allem, was wir wissen, ein Testament das letzte war, wozu man sie überreden konnte.«
»Stimmt – solange sie sich mit Mary vertrug. Aber wie steht es mit diesem Vormittag, von dem Schwester Philliter gesprochen hat – als sie gesagt haben soll, alle wollten sie vorzeitig unter die Erde bringen? Mary könnte doch wirklich die Geduld mit ihr verloren haben, weil sie so unverschämt lange zum Sterben brauchte. Wenn Miss Dawson das gemerkt hat, ist sie sicher böse geworden und hat vielleicht ihre Absicht angedeutet, jemand anderen testamentarisch als Erben einzusetzen – sozusagen, um sich gegen ein vorzeitiges Ableben zu versichern!«
»Warum hat sie dann
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