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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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muß komisch ausgesehen und komisch gesprochen haben, denn ich erinnere mich, wie sein Blick von mir zur Kognakflasche ging. Jedenfalls unterschrieb er das Testament nach Mrs. Mead, die ihren Namen mühsam mit schwacher Hand daruntersetzte, während sie auf dem Rücken lag. ›Was’n jetzt, Chef?‹ fragte der Fahrer, nachdem das erledigt war.
    Mir war inzwischen furchtbar elend. Ich konnte nur noch sagen: ›Bringen Sie mich nach Hause.‹
    Er sah zu Mrs. Mead und dann zu mir und sagte: ›Is’n da keiner, der sich um die Dame kümmert, Chef?‹
    Ich sagte: ›Holen Sie einen Arzt, aber bringen Sie mich zuerst nach Hause.‹
    Ich taumelte, auf seinen Arm gestützt, aus dem Haus. Ich hörte ihn noch etwas brummeln, was das bloß für eine Bescherung sei. An die Heimfahrt kann ich mich nicht erinnern. Als ich wieder zum Leben erwachte, lag ich in meinem Bett, und ein Arzt aus der Gegend stand über mich gebeugt.
    Ich fürchte, die Geschichte wird jetzt lang und uninteressant. Um es kurz zu machen: Es scheint, daß der Taxifahrer, ein sehr anständiger und intelligenter Bursche, mich am Ende der Fahrt völlig unansprechbar gefunden hat. Er wußte nicht, wer ich war, aber bei einer Durchsuchung meiner Taschen fand er meine Visitenkarte und meinen Hausschlüssel. Er fuhr mich nach Hause und brachte mich nach oben, und da er mich für betrunken hielt, und zwar betrunkener, als es ihm nach seiner Erfahrung je untergekommen war, machte er sich als mitfühlender Mensch auf den Weg, einen Arzt zu holen.
    Der Doktor war der Ansicht, ich sei betäubt worden – mit Veronal oder dergleichen. Falls man die Absicht gehabt hatte, mich zu ermorden, war die Dosis zum Glück viel zu gering bemessen worden. Wir haben die Sache gründlich untersucht, mit dem Ergebnis, daß ich etwa zwei Gramm davon eingenommen haben muß. Das Medikament ist in der Analyse anscheinend sehr schwer nachzuweisen, aber der Arzt kam nun einmal zu diesem Befund, nachdem er den Fall von allen Seiten untersucht hatte. Zweifellos war der Kognak damit versetzt gewesen.
    Natürlich sind wir am nächsten Tag gleich hingefahren, um uns das Haus anzusehen. Es war abgeschlossen, und der Milchmann erklärte uns, die Bewohner seien schon seit einer Woche fort und würden frühestens in zehn Tagen zurückerwartet. Wir haben mit ihnen Verbindung aufgenommen, aber es schienen ganz ehrliche, normale Leute zu sein, die uns versicherten, von der Sache nichts zu wissen. Sie hatten die Angewohnheit, öfter einmal fortzufahren und das Haus einfach nur abzuschließen, ohne sich die Mühe zu machen, jemanden zu beauftragen, daß er es im Auge behielt. Der Mann ist natürlich sofort nach Hause gekommen, um der Sache nachzugehen, aber es war offenbar nichts gestohlen oder auch nur angerührt worden, bis auf ein paar Laken und Kissen, die offensichtlich benutzt worden waren, und im Wohnzimmer waren ein paar Handvoll Kohlen verfeuert worden. Der Kohlenkeller, in dem sich auch der Stromzähler befand, war von der Familie, bevor sie das Haus verließ, abgeschlossen und die Hauptsicherung ausgeschaltet worden – so viel Verstand hatten sie immerhin –, und das war wohl auch der Grund für die Kälte und Dunkelheit im Haus, als ich es betrat. Offensichtlich hatte die Besucherin das Fenster zur Vorratskammer geöffnet – diese Dinger werden ja so gut wie nie gesichert – und die Lampe nebst Kognak und Karaffe selbst mitgebracht. Ein frecher Trick, aber nicht schwierig.
    Ich brauche wohl nicht zu sagen, daß von einer Mrs. Mead oder Miss Grant nirgends etwas zu hören oder zu sehen war. Den Hausbewohnern lag nicht sehr daran, kostspielige Nachforschungen anzustellen – schließlich hatten sie nichts weiter als für ein paar Shilling Kohlen eingebüßt – oder gar ein Gerichtsverfahren anzustrengen, und da ich ja auch nicht wirklich ermordet worden war, hielt ich es für das beste, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aber es war ein höchst unerfreuliches Erlebnis.«
    »Das kann man wohl sagen. Haben Sie je wieder etwas von Miss Grant gehört?«
    »In der Tat, ja. Sie hat mich zweimal angerufen – einmal drei Monate später und dann erst wieder jetzt vor vierzehn Tagen, um sich mit mir zu treffen. Sie dürfen mich gern für feige halten, Mr. Parker, aber ich habe sie jedesmal abgewiesen. Ich wußte nicht recht, was da passieren könnte. Schließlich habe ich mir folgende Erklärung zusammengereimt, daß ich wahrscheinlich über Nacht in dem Haus gehalten werden sollte, um mich

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