Lord Schmetterhemd im wilden Westen
wohnen. Und wenn Sie überhaupt
geneigt sind, einen Pfennig ’reinzustecken .«
»Warum
denn nicht, Mylord?«
»Ich
wollte es Ihnen ja nicht sagen. Von solchen Sachen spricht man nicht gerne.
Aber ich fühle mich doch verpflichtet, mit der Wahrheit nicht hinter dem Berg
zu halten. Mr. Coolwater, ich halte ein Gebäude, in dem es spukt, nicht für den
richtigen Aufenthaltsort für eine Lady 15 wie
Mrs. Coolwater und einen Gentleman wie Sie !«
»Es
spukt ?« fragte Mr. Coolwater verblüfft.
Lady
Coolwater machte ganz leise >Huch !< und bekam
eine noch spitzere Nase.
»So
ist es«, bemerkte ich sachlich. »Es geht um auf Bloodywood-Castle .«
»Ach,
Unsinn!« Mr. Coolwater sah mich durchdringend an. Und dann musterte er Onkel
Berni, als käme es ihm nachträglich noch mal merkwürdig vor, daß der Hund
vorhin geredet hatte. Er murmelte: »Ich habe doch meinen klaren
Menschenverstand. Ha! Jetzt weiß ich: Sie haben sich das alles ausgedacht, sehr
geschickt und gerissen ausgedacht, Mylord, nur um mir Bloodywood-Castle
auszureden. Aber da wird nichts draus. Auf so einen faulen Trick fällt
Coolwater nicht herein !«
»Wie
Sie wollen«, sagte ich. »Ich kann es Ihnen ja beweisen .«
»Beweisen
Sie, beweisen Sie !«
»Recht
gern, freilich auf Ihre Verantwortung. Ich wette mit Ihnen, daß Sie und Mrs.
Coolwater nicht einmal eine Nacht auf Bloodywood-Castle durchhalten und die
Burg schon vor Sonnenaufgang fluchtartig verlassen werden !«
»Coolwater
und fluchtartig verlassen — Mylord. Sie kennen mich nicht. Und die Lady kennen
Sie auch nicht. Ein knarrender Balken, eine vom Wind aufgestoßene Tür, ein im
Turm heulendes Käuzchen oder ein bauchredender Lord nötigen uns nicht einmal
ein Lächeln ab .«
»So
wetten wir also ?«
»Dabei
kann ich nur gewinnen !«
»Es
gilt. Wenn Sie Bloodywood-Castle vor Sonnenaufgang verlassen, leihen sie mir
das Schiff, und Bloodywood-Castle bleibt mein. Wenn nicht, wenn Sie nach
Sonnenaufgang noch im Haus sind, geht Bloodywood-Castle in Ihren Besitz über
und der Dampfer in meinen !«
»Top !« sagte Mr. Coolwater. Er schlug in meine Hand ein. »Aber
wann? Um in Bloodywood-Castle bleiben zu können, müssen wir erst einmal dort
wohnen .«
»Daran
habe ich natürlich schon gedacht! Ich habe hiermit die Ehre und das Vergnügen,
Sie und Mylady einzuladen, die Nacht vom Samstag auf den Sonntag meine Gäste zu
sein .«
»Einverstanden !« rief Coolwater. »Was meinst du, Mary, alte Schachtel ?«
Mrs.
Coolwater zuckte zusammen. Ich vermute, es war nicht wegen der Aussicht, auf
der Burg zu nächtigen, sondern weil ihr Mann sie in meiner Gegenwart so unfein
angeredet hatte. Wenn ich sie mir so betrachtete, kam mir der Verdacht, daß
manches Gespenst eher vor ihr die Flucht ergreifen könnte, als sie vor ihm. Ob
Onkel Rab wohl ihren Anblick vertrug? Onkel Berni schien etwas Ähnliches zu
denken, denn er blickte mich mit seinen treuen Augen recht verschmitzt an.
Nun,
Lady Coolwater überwand ihr kurzfristiges Erschrecken rasch. Ihr Wunsch,
Burgherrin auf Bloodywood-Castle zu werden, war größer als alle Bedenken. Sie
näselte — bereits sehr vornehm —: »Ich freue mich auf den Besuch bei Ihnen, auf
Ihrem... auf unserem Bloodywood-Castle !«
»Ja
—« lachte Coolwater, »und passen Sie auf, daß Ihre Gespenster nicht vor uns ausreißen,
hahahaha !«
Konnte
der Mensch denn Gedanken lesen?
Wir
vereinbarten noch die Zeit ihres Besuches: Samstag um sieben Uhr abends. Einen
nochmaligen Versuch, ihnen abzuraten, unterließ ich. Ich hatte getan, was ich konnte,
und mein Gewissen war entlastet.
Ich
verabschiedete mich.
Als
wir ins Nachmittagslicht hinaustraten — Onkel Berni und ich — als wir die
Kutsche bestiegen, sah ich zufällig empor zum Dach von Mr. Coolwaters
Wohngebäude. Da erblickte ich den Großen Koyoten neben dem Schornstein. Seine
Schnauze schien mir rußgeschwärzt zu sein.
Onkel
Berni hatte ihn auch schon bemerkt. »Er hat spioniert, der Kerl, gelauscht...«
»Auf
dem Dach?«
»Klar,
durch den Kamin !«
Das
leuchtete mir ein. »Aber wie kommt ein Präriehund aufs Dach ?«
»Ph !« machte Onkel Berni. »Der kommt noch ganz woanders hin .« Diese Aussicht erfreute mich nicht.
Wir
ratterten davon, holperten über die Landstraße. Cookie Pott auf dem Kutschbock
grölte ein Lied, dessen Worte und Melodie nur sehr undeutlich durch das
Fahrgeräusch zu mir herklangen. Ich vermute, es war das Präriereiterlied von
Onkel Rab. Ich verspürte jedoch keine Neigung
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