Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Schlachtermesser. Vielleicht auch noch einen
Colt für Cookie.«
    »Ach«,
rief dieser, »ich schieße doch nicht. Vielleicht darf ich euch lieber einen
Kochlöffel geben? Mit dem kann ich besser umgehen .«
    Ich
hatte zu Ende gefrühstückt. »Was wollt ihr mit diesem Arsenal mehr oder weniger
wirkungsvoller Waffen machen ?«
    »Das,
mein lieber Mac, wirst du morgen erfahren«, brummte Onkel Berni. Er wandte sich
an Tante Turkie: »Es stimmt doch, daß wir heute Vollmond haben ?«
    »Vollmond !« kollerte sie.
    »Vollmond
und Nebel«, bestätigte auch Onkel Rab. Ich wunderte mich, woher sie das so
genau wußten.
    Onkel
Berni erzeugte eine Rauchwolke, groß wie aus dem Schornstein einer Lokomotive,
und fragte weiter: »Und wir werden auf den Galgenberg gehen, meine Lieben !«
    »Oh«,
rief ich, »auf den Galgenberg? Bei Vollmond und Nebel? Mit einem Frackhemd
unter dem Arm, mit einem Regenschirm, einer Holzaxt, einer Jagdflinte, einem
Kochlöffel, einem Schlachtermesser — und nicht zu vergessen mit einer
Wäscheleine? Beabsichtigt ihr, eine Henkersmahlzeit im Regen zu bereiten und
uns anschließend aufzuhängen .«
    »Dummer
Scherz«, knurrte Onkel Berni.
    »Es
wird auch gar nicht regnen, nur nebeln«, sagte Onkel Rab.
    »Und
außerdem dürft ihr uns gar nicht begleiten«, kollerte Tante Turkie. »Wir müssen
allein sein. Cookie Pott ist so nett und spannt Suleika vor die Kutsche, in die
Kutsche laden wir die Sachen...«
    »Für
diese paar Dinge würde doch ein Leiterwagen genügen«, meinte ich. »Suleika ist
schreckhaft und verträgt den Aufenthalt bei Nacht und Nebel unter dem Galgen
vielleicht nicht !«
    »Keiner
von uns zieht einen Leiterwagen«, entrüstete sich Onkel Rab. »Keiner! Und
Suleika werden wir die Augen verbinden — obwohl kein Galgen mehr auf dem
Galgenberg steht .«
    »Und
doch brauchen wir die Hilfe der Erhängten !« blaffte
Onkel Rab.
    Tante
Turkie blickte mich streng durch die Stielbrille an. Sie krähte: »Das tun wir
alles dir zuliebe, Mac, auch für uns wird es kein vergnüglicher
Abendspaziergang mit einem Lied auf den Lippen werden !«
    »Auf
den Lippen? Doch wohl eher auf dem Schnabel...« Tante Turkie plinkerte
beleidigt. »Es tut mir leid für euch«, lenkte ich ein, sagte aber doch nicht
ohne Spott: »Ich zwinge euch bestimmt nicht zu dieser... zu dieser... wie soll
ich es nur nennen... zu dieser Unternehmung. Ich hoffe nur, daß die Geister der
Erhängten bei guter Laune sind .«
    »Wenn
du weiter spottest, verliere ich meine gute Laune und werde sauer«, knurrte
Onkel Berni.
    Das
wollte ich nicht. Ich hatte aber auch wenig Neigung, mich in übersinnlichen
Hokuspokus hineinziehen zu lassen. Das beste war wohl, meinen Ahnen aus dem Weg
zu gehen und mich nicht um Sachen zu kümmern, wegen denen man mich vor nur
hundert Jahren noch der Hexerei bezichtigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt
hätte.
    Cookie
Pott suchte die erwünschten Gegenstände zusammen und legte alles — mein Hemd
säuberlich gefaltet zuoberst — in die Kutsche.
    Ich
aber verbrachte den Tag damit, meine Indianersammlung wieder so aufzuräumen,
wie es mein Stolz war. Ich gab mich stillen Studien über die Frühzeit der
Indianer hin, ich legte mir eine Liste all der Fotomaterialien an, die ich vor
der Abreise noch besorgen mußte, und suchte Bücher über Navigation heraus.
Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, mich als Seemann auszubilden.
    So
vergingen die Stunden rasch, und ich vernahm von meinen Vorfahren nichts. Es
schien mir aber, als ob auch sie sehr beschäftigt waren. Manchmal — wenn ich
mein Studierzimmer oder die Dunkelkammer verließ — sah ich sie in der Halle
zusammenhocken, die Köpfe beieinander, und eifrig miteinander kakeln. Das beunruhigte
mich zwar, erstaunte mich aber nicht weiter. Verblüfft war ich dagegen über
Cookie Pott. Das war, als ich mich, in Gedanken versunken, in die Küche begab,
um mir eine Kanne Tee aufbrühen zu lassen. Cookie bemerkte mich nicht. Er saß
mit gespreizten Beinen auf einem Hocker, über den er einen Sattel gelegt hatte.
Er hüpfte auf und ab, wie wenn er im Galopp über Stock und Steine ritt. Er
brüllte »Ho-hi« und »Weiweiwei« und schwenkte ein Seil über dem Kopf. Auf dem
Haupt trug er einen breitkrempigen Filzhut. Plötzlich riß er ein Küchenmesser,
wie er es gewöhnlich zum Zerlegen von Fleisch verwendete, aus seinem Gürtel und
schleuderte es blitzschnell in eine Ecke! Dort — ich folgte dem Wurf mit den
Blicken — hatte er fünf

Weitere Kostenlose Bücher