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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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langsam aus dem Zimmer, und später
mit Little-Byrd hinab in den Saloon. Ich mußte lächeln. Der Gute würde lange an
dieser Mitteilung zu würgen haben.
    Schon
überlegte ich, ob ich mich früh zu Bett legen sollte. Die erste Nacht wieder
auf festem Boden würde ich sicher gut schlafen. Doch hatte ich die Rechnung
ohne meine Vorfahren gemacht. Sie hatten gehört, daß Zirkus-Joe aus meinem
Zimmer ging, und wußten, daß ich munter war. Jetzt kamen sie zu mir, und Onkel
Berni teilte mir schonungslos mit: »Wir gehen noch in den Saloon hinab, alter
Knabe — wenn du hierbleiben willst, dann eben allein !«
    »Nur
das nicht«, stöhnte ich. Insgeheim hoffte ich, daß zu dieser späten Stunde
keine Gäste mehr in der Gaststube seien. Rasch zog ich die Frackjacke über das
undurchdringliche Schmetterhemd.
    Leider
hatte ich mich getäuscht. Viele Tische im Saloon waren besetzt. Als wir die
Treppe hinabkamen — Cookie, meine drei Vorfahren und meine Person — erregten
wir kein geringes Aufsehen. Zirkus-Joe blickte zu den Petroleumlampen hinauf,
als erwartete er, die Flammen jeden Moment ersterben zu sehen. Little-Byrd
lächelte uns jedoch sehr lieb an. Sie trug ein frisches, geblümtes Kleidchen.
    Wir
setzten uns an einen freien Tisch. Jedes Gespräch verstummte. Mit einiger
Verlegenheit bestellte ich für mich einen Tee. Meine Vorfahren schienen die
Situation sehr zu genießen. Onkel Cookie wischte sich heimlich einen
Schweißtropfen von der Stirn.
    An
der Theke lehnte ein Mann, der uns mit glasigen Augen anstierte. Er war schon
etwas angetrunken. Als ich meine Tasse an die Lippen setzte, torkelte er herbei
und rief: »Heißes Wasser, Mister? — Ein richtiger Mann trinkt Whisky. Oder sind
Sie kein rechter Kerl! Vielleicht ein verkleideter Waschlappen, he?«
    Ich
haßte es, so angepöbelt zu werden. Da antwortete Cookie Pott an meiner Stelle:
»Ich wette, an der Brust dieses sogenannten Waschlappens schlägt sich ein
Hampelmann wie du die Fäuste ein !«
    »Das
werden wir gleich sehen«, rief der Cowboy, und ehe ich es erwartete, versetzte
er mir mit der rechten Faust einen Schlag auf das weiße Hemd unterhalb der
sorgfältig gebundenen Fliege. Ich wunderte mich, daß ich nicht hinterrücks vom
Stuhl stürzte — es knallte, wie wenn eine Axt in den Baumstamm fährt. Und mein
Angreifer stieß einen Schmerzensschrei aus, taumelte zur Theke und versenkte
seine Hand in jenen Wassereimer, der eigentlich zum Spülen der Gläser benutzt
wurde.
    An
diesem Abend wagte es niemand mehr, mich zu belästigen. Ich hatte sogar das
Gefühl, als ob die anwesenden Gäste auffällig schnell ihre Mahlzeiten
beendeten, ihr Bier austranken, um zu bezahlen und danach den Saloon zu
verlassen. Meine Vorfahren benahmen sich musterhaft. Darüber war ich sehr froh,
denn so hielt man sie vielleicht nur für meine dressierten Haustiere — immer
noch verrückt genug, aber doch unvergleichlich verständlicher als die Wahrheit.
    Ich
begann schon, mich in trügerischer Sicherheit zu wiegen, als sich die Tür des
Saloons öffnete und ein Herr und eine Dame eintraten. Es handelte sich um den
freundlichen Farmer, der uns ins Hotel gefahren hatte. Er wurde von einer
jungen Frau mit glatten, schwarzen Haaren begleitet: eine Schönheit. Ihre
Vorfahren waren sicher aus Spanien eingewandert. Um ihre Schultern hatte sie
ein dunkelrotes Tuch geschlungen, das in einem kleidsamen Dreieck auf ihrem
Rücken endete. Der Farmer erkannte mich, grüßte, die Dame lächelte, ich machte
eine höfliche Verbeugung, da riß Onkel Rab den Strohhut von seinen
Kaninchenohren, winkte und rief: »Guten Abend, schöne Frau!«

    Tante
Turkie musterte sie durch ihre Stielbrille und raunte Onkel Berni zu: »Jetzt
hat es den guten Rab schon wieder erwischt .«
    Ich
fühlte mich sehr unbehaglich.

Ausgelassenheit und Wünsche
     
    Ich
glaube, die noch anwesenden Gäste nahmen zunächst nicht recht wahr, daß meine
Tiere gesprochen hatten, obwohl sich Onkel Rab auffällig genug benahm.
    Gerade
war neben dem unseren ein Tisch frei geworden, so daß sich der Farmer und seine
Frau dort niederließen. Ich trank meinen Tee aus, bat den Wirt, ihn mit auf die
Rechnung zu setzen, und flüsterte: »Ab — in die Federn !«
    Onkel
Berni nahm die Pfeife aus dem Maul, pustete eine Wolke Rauch aus und fragte:
»Mein lieber Mac, warum so nervös ?« Cookie Pott —
schon halb aufgestanden — blickte von einem zum anderen. Er sah wenig hilfreich
aus. Aller Augen waren auf uns gerichtet. Auch

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