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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Versprechen ab, ihnen auf keinen
Fall zuzusehen, und probten ihren Auftritt, ihre Nummer, den Drahtseilakt
wieder und immer wieder.
    Nachträglich
sage ich mir, daß uns vielleicht einige Aufregung erspart geblieben wäre, wenn
sie meinen Vorfahren erlaubt hätten, ihnen zuzusehen. Besonders mein lieber
Onkel Rab war ja ganz versessen darauf. Und er hätte bestimmt kein
Kaninchenauge von Little-Byrd gewandt und wäre niemals auf den verrückten Gedanken
gekommen, das Hotel heimlich zu verlassen.
    Er
tat es aber.
    Als
ich bei einbrechender Dunkelheit — nachdem das Fotografieren im schwindenden
Licht unmöglich geworden war — auf mein Zimmer zurückkehrte, fehlte er.
    »Ich
hatte mir gleich gedacht, daß er sein Versprechen nicht halten würde«, meinte
Tante Turkie. Sie zeigte sich keineswegs beunruhigt. »Er kann doch nicht still
zu Hause sitzen bleiben...«
    »Aber
wo wollte er hin ?«
    »Das
hat er uns nicht gesagt«, brummte Onkel Berni. »Er verschwand einfach über das
Balkongitter. Schwer fiel ihm das ja nicht! Ein Satz, und unten war er .«
    »Aber
warum? Weshalb?«
    »Es
gibt nur zwei Gründe«, antwortete Tante Turkie. »Entweder ist er bei Mrs.
Miller, um sie anzuschwärmen, oder...«
    »...oder
er fahndet nach einem rassigen Wildpferd, einem Mustang«, fiel ihr Onkel Berni
in die Rede.
    »Vielleicht
tut er auch beides ?« sagte Onkel Berni. »Ich schlage
vor, daß wir in suchen gehen .«
    »Ist
er denn schon lange fort ?«
    »Lange
genug, um eine Dummheit gemacht zu haben .«
    Jedes
weitere Gespräch erübrigte sich. Der Wirt klopfte an meine Zimmertür.
»Mylord...«
    »Was
gibt es ?«
    »Ihr
Kaninchen... es... hm... es behauptet, Ihr Onkel zu sein... Ihr Kaninchen sitzt
beim Sheriff !«
    »Was
in drei Teufels Namen macht es — macht er da... er soll herkommen !«
    »Das
geht nicht, Mylord, er... es... sitzt hinter Schloß und Riegel !«
    »Da
haben wir den Salat !« krähte Tante Turkie. Sehr
erschrocken klang es allerdings nicht. Eher ein bißchen amüsiert. Und als ich
Onkel Berni anschaute, glaubte ich, ein vergnügtes Blinzeln zu entdecken.
    Mir
war überhaupt nicht komisch zumute.

Verurteilt zum Tode
     
    Nichts
konnte mir unangenehmer sein, als diesen Gauner aufsuchen zu müssen, der sich —
zweifellos widerrechtlich — zum Sheriff gemacht hatte. Wer weiß, mit welchen
Mitteln. Daß er, nach dem Vorfall heute morgen , mit
heimtückischem Vergnügen jede Möglichkeit nutzen würde, mir Schwierigkeiten zu
machen, war klar. Sein Spitzbubengesicht nur zu sehen, bereitete mir schon
Übelkeit.
    Dennoch
setzte ich sofort meinen Zylinder auf. »Ihr bleibt hier«, rief ich Onkel Berni
und Tante Turkie ungewöhnlich energisch zu. Ich vermute, ich übertrug meinen
Ärger auf Onkel Rab ungerechterweise auch auf diese beiden.
    »Schade«,
antwortete Tante Turkie, »so gerne hätte ich den alten Rab hinter Gittern
gesehen !«
    Onkel
Berni ließ nur einen kurzen Knurrlaut hören. »Geh’ nur, Mac, wir könnten dir im
Augenblick auch wenig nützen. Außerdem soll Rab ruhig selbst versuchen, aus dem
Schlamassel herauszukommen, in den er sich hineingeritten hat .« Fast fand ich ihn herzlos — aber: hatten diese drei denn überhaupt Herzen?
    Nun
stürmte ich aus dem Hotel und über den Galgenbaumplatz. Das Büro des Sheriffs
lag ganz in der Nähe in einer kleinen Seitengasse. Es dämmerte bereits, überall
hinter den Fenstern leuchteten Petroleumlampen.
    Auch
das Sheriff-Office war auf diese goldgelbe, anheimelnde Weise erhellt. Sie
paßte gar nicht zu der höhnischen Art, in der ich empfangen wurde. Der Tödliche
Colt lümmelte hinter dem Schreibtisch, an seiner Brust prangte der silberne
Stern des Gesetzes. Selten mochte er wohl einen Unwürdigeren geziert haben. Als
ich eintrat, schaute der Gauner auf. Er grinste breit. »Warum haben Sie es
gefangen gesetzt ?« fragte ich so höflich wie möglich.
    »Wen
es ?« wollte er wissen. Er lauerte auf meine Antwort.
Ich überlegte und fühlte mich unbehaglich. »Mein Kaninchen«, sagte ich zögernd.
    »Der
Gefangene behauptet, Ihr Onkel zu sein !«
    »Das
spielt doch keine Rolle...«
    »Oh,
da bin ich aber anderer Ansicht! Wenn der Gefangene nicht Ihr Verwandter ist,
dann muß ich Ihnen einen Besuch bei ihm verweigern .«
    »Also
— meinetwegen, lassen Sie mich zu ihm .«
    »Sehr
vernünftig von Ihnen, zuzugeben, daß er Ihr Onkel ist«, rief er und lachte
hinterhältig. Er erhob sich, öffnete eine Tür und ließ mich in einen kleinen
Raum eintreten, in dem

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