Lord Tedric 01 - Lord Tedric
den Raum. Auch Jania zögerte nur einen Moment lang, dann eilte sie ihm entgegen und sank in seine Arme. Sie umarmten und küßten sich.
Tedric ließ sie allein. Er kehrte zu Nolan zurück und berichtete ihm von Kellers Glück. Später gesellten sich Jania und Keller zu ihnen.
»Leutnant Tedric, woher wußten Sie das? Ich habe geglaubt, sie sei tot. Wir alle dachten das. Wann haben Sie erfahren, daß sie lebt?«
»Keinen Augenblick früher als du, Keller. Es war nur eine Vermutung von mir. Ich hielt es für möglich, daß sie sich im letzten Augenblick anders entschieden hatte und versuchen wollte, ihren Mitgefangenen in der Mine zu helfen. Wenn ich sicher gewesen wäre, daß sie lebte, hätte ich es dir gesagt. Doch in diesem Fall hielt ich es für besser, zu schweigen.«
»Auch mir hat er nie ein Wort gesagt«, warf Nolan ein. »Doch wir hätten an diese Möglichkeit denken sollen.«
Jania schaute schuldbewußt drein. »Ich war ihr Führer«, erklärte sie, »ich konnte sie einfach nicht im Stich lassen, um selbst zu leben, während sie starben.«
Keller drückte sie zärtlich. »Aber du lebst, und wir sind zusammen.«
Tedric wußte, daß dieser Zustand nicht lange andauern würde. Er sagte nichts, wollte Kellers Glücksgefühl nicht trüben, da es ihm nur wenige Stunden gegönnt sein würde. Jania würde nach Evron 11 zurückkehren müssen. Tedric sah keine Möglichkeit, sie davor zu bewahren. Diese neuerliche Trennung von seiner Frau würde Keller sehr treffen – vielleicht mehr als alles andere zuvor.
Im stillen legte Tedric ein Gelübde ab: Er würde diese Zustände ändern. Irgendwann würde er hierher zurückkehren und diese unterdrückten Kreaturen befreien.
Aber konnte er das? Was war dieses Versprechen wert, wenn er keine Macht besaß, es auch in die Tat umzusetzen? Und diese Macht besaß er nicht. Würde er sie je besitzen?
X
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AUF PRIME
Tedric lag ausgestreckt in seiner Koje und versuchte, die Erlebnisse der letzten Zeit zu ordnen und zu einem Bild zusammenzufügen. Es war spät nach Mitternacht, die künstliche Luft war trocken und stickig, das sanfte Brummen des Schiffsantriebes schien lauter und störender als sonst. Unter Tedrics Koje wälzte sich Nolan schwer im Schlaf, und Ky-shan, der Wykzl, stand unbeweglich in einer Ecke nahe der Tür ihrer Kabine. Schlief er? Seine Glieder zeigten nicht die geringste Bewegung, sein Atem war nicht zu hören.
Tedric konnte nicht schlafen, weil die vergangenen Ereignisse sich einfach nicht zu einem Ganzen zusammenfügen wollten, sosehr er es auch versuchte. Hinzu kam, daß er sich vor vier Tagen Matthew Carey zum Feind gemacht hatte.
Carey hatte ihn zu sich in seine private Kabine befohlen, er hielt sich nicht mit Höflichkeiten oder Förmlichkeiten auf, sondern wollte umgehend wissen, was während des Treffens mit Mo-leete besprochen worden war. Tedric weigerte sich, es ihm zu erzählen.
Careys Augen hatten sich drohend verengt, ein anderer Mann hätte bei seinem Anblick das Fürchten gelernt. Carey fühlte, daß seine Pläne bezüglich Evron 11 total verkehrt gelaufen waren, und er kannte die Leute, die möglicherweise daran Schuld hatten: Nolan, Kapitän Maillard und die Rebellen selbst. Der einzige, von dem er nichts wußte und den er nicht verstand, war Tedric. Und gerade deshalb machte er ihn für sein Mißgeschick verantwortlich, gab ihm die Schuld daran. All diese Gefühlsregungen konnte Tedric leicht aus seinem Gesicht ablesen, er wußte, daß Carey, falls sie sich jemals wieder begegnen sollten, nicht mehr den Fehler begehen würde, Tedric zu unterschätzen.
Doch viel wichtiger für Tedric war, daß er Freunde gewonnen hatte. Er hatte viel gesehen, viel erlebt, viele neue Dinge erfahren. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er Kontakt zu einer nichtmenschlichen Rasse aufgenommen und ein neues Sternensystem kennengelernt. Er war durch den N-Raum geflogen, hatte das Kommando geführt, hatte Leben gerettet und Leben genommen. Er hatte die Liebe kennengelernt.
All das waren Erfahrungen, die sein Wissen bereicherten, doch zu welchem Zweck? Es gelang ihm nicht, die einzelnen Bruchstücke zusammenzusetzen. Hatte er etwas darüber erfahren, warum er hier war? Er glaubte es nicht, und das störte ihn sehr.
Plötzlich fiel ihm auf, daß er nicht mehr länger Teil seines eigenen Körpers war. Es geschah so plötzlich und unerwartet, daß ihm kaum Zeit blieb, sich darüber zu wundern. Vor einem Moment noch hatte er lang ausgestreckt
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