Lord Tedric 02 - Raumpiraten
oberflächlicher Betrachtung nur die Richtigkeit seiner Entscheidung zu bestätigen. Die Piraten waren nicht nur Gesetzlose, sie waren Rebellen, eine Gefahr für die Ordnung im Reich. Doch jetzt wußte er es besser. Er wollte Alyc zurückhaben, hatte sie schon immer zurückhaben wollen. Nur das zählte, das allein war wichtig.
Am sechsten Tag seiner Krankheit hatte er sich schließlich zu einem Entschluß durchgerungen. Als Matthew ihn besuchte, erklärte ihm Melor: »Bezüglich Alyc habe ich meine Meinung geändert. Ich möchte, daß du mit den Piraten Kontakt aufnimmst und ihnen mitteilst, daß wir ihre Forderungen erfüllen.«
Matthew wurde blaß. »Es tut mir leid, aber das kann ich nicht«, sagte er leise.
Befremdet starrte Melor ihn an. »Mir ist es egal, ob du Imperator bist oder nicht. Sie ist meine Tochter, und ich wünsche, daß du das für mich erledigst.«
»Vater, ich sagte nicht, daß ich es nicht tun würde, ich sagte, ich kann es nicht!«
»Was willst du damit andeuten?«
»Vater, es tut mir leid, aber ich habe in der Zwischenzeit neue Nachrichten erhalten. Ich wollte dich wegen deiner Krankheit nicht damit behelligen, sie könnten deine Genesung verzögern ...«
Trotz Matthews freundlicher Worte empfand Melor eine plötzliche Furcht, die durch die unterschwellige Geringschätzung in Matthews Stimme noch verstärkt wurde.
»Nun sprich schon«, flüsterte Melor, »es handelt sich um Alyc, nicht wahr?«
»Nun, indirekt schon. Da wir überein gekommen waren, die Forderungen der Piraten nicht zu erfüllen, blieb mir keine andere Wahl, als sie als Rebellen zu behandeln. Denn immerhin versuchten sie, in meinem Reich eine Revolution anzuzetteln. Deshalb habe ich vor einigen Wochen die Adlerauge ausgeschickt, diese Rebellen aufzustöbern, zu verfolgen und gefangenzunehmen.«
»Du hast die Adlerauge zur Heimatwelt der Piraten geschickt?«
Matthew schüttelte den Kopf. »Das war leider unmöglich, denn wir wissen immer noch nicht, woher sie kommen. Doch die Adlerauge verfolgte sie bis nach Narabia, einer Randwelt. Das Schiff ging auf eine Umlaufbahn und errichtete eine Hitzebarriere. Trotzdem haben die Piraten versucht, durchzustoßen.«
»Und?«, fragte Melor.
»Das Schiff wurde mit der gesamten Mannschaft an Bord vernichtet.«
»Verdammt!«, schrie Melor. »Willst du damit sagen, daß Alyc jetzt hilflos auf einem gottverdammten Planeten im Raum festsitzt? Wie konntest du es wagen ...?«
»Einen Augenblick, Vater.« Matthew hob seine linke Hand, an der er den imperialen Siegelring trug. »Da ist noch etwas. Nachdem das Schiff der Piraten vernichtet wurde, landete ein Kommando der Adlerauge auf Narabia und sprach mit den Eingeborenen, die die Piraten besucht hatten. Dort erfuhren sie, daß Alyc die Piraten begleitet hatte und deren Sache aktiv unterstützte.«
»Das kann ich nicht glauben.«
»Es ist aber wahr, Vater. Wenn du willst, kann ich dir die Tonbandaufzeichnungen der Gespräche schicken. Doch viel wichtiger ist ein anderer Punkt. Alyc muß bei den Piraten gewesen sein, als sie ihren selbstmörderischen Durchbruchversuch durch die Hitzebarriere wagten. Sie ist mit ihnen zusammen umgekommen, Vater. Alyc ist tot. Sie ist mit den anderen Piraten verbrannt.«
Melor erstarrte. Er empfand Schmerz, Entsetzen und ein wahnsinniges Schuldgefühl. Doch keine Verwunderung. Auch diesmal hatte er es geahnt, wußte, daß man einen schwerwiegenden Fehler einfach nicht mehr rückgängig machen konnte. Ruhig fragte er deshalb: »Wer hat der Adlerauge den Befehl zu einer solchen Mission gegeben?«
»Das habe ich dir doch schon gesagt, Vater, ich war es.«
»Du erteilst Befehle, ohne dich vorher mit mir darüber zu beraten, ohne mich zu fragen, ob ...«
»Du hast doch gesagt, du würdest dich nicht erpressen lassen. Ich bin der Imperator, und bestimmte Handlungen schulde ich meinen Bürgern einfach.«
»Ich habe dich zum Imperator gemacht, Matthew.«
»Doch ich herrsche. Und keiner – nicht einmal du – hat das Recht, meine Entscheidungen in Frage zu stellen. Ich bedaure Alycs Tod ebenso sehr wie du, denn sie war meine Schwester. Daneben aber war sie eine Kriminelle. Ihr Tod ist zwar eine Tragödie, aber kein Fehler.«
Auf Alyc konnte er also nicht mehr zählen. Alyc war tot. Auch Rhisa war tot.
Melor dachte selten an Rhisa, mit der er gerade vier Normaljahre auf seinem Heimatplaneten, Milrod 11, zusammengelebt hatte. Außer einigen wenigen Submenschen und Robotern hatte nie jemand von ihrer
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