Lords und Ladies
ihre beiden Begleiterinnen und deshalb nicht auf dem Namen Perdita bestand.
»Na los. Versuch’s.«
Agnes konzentrierte sich.
»Es rührt sich nichts«, stellte Oma fest. »Habe den Hut noch immer auf. Zeig’s ihnen, Gytha.«
Nanny Ogg seufzte, griff nach einem Zwerg und warf ihn. Oma fing ihn auf, bevor er ihr den Hut vom Kopf stoßen konnte.
»Aber, aber…«, stotterte Amanita. »Du hast doch gesagt, daß wir Magie verwenden sollen, um…«
»Nein«, widersprach Oma.
»Aber das hätte jeder gekonnt«, wandte Magenta ein.
»Darum geht’s nicht«, sagte Oma. »Wichtig ist nur: Ihr seid nicht auf die Idee gekommen.« Sie lächelte, was nur sehr selten geschah. »Hört mal: Ich möchte nicht gemein zu euch sein. Ihr seid jung. Es gibt viele Dinge auf der Welt, mit denen ihr euch beschäftigen könntet. Wenn ihr wirklich wüßtet, was es mit der Hexenkunst auf sich hat… In dem Fall würdet ihr euch nicht mehr wünschen, Hexen zu sein. Geht jetzt. Kehrt heim. Wendet euch nicht dem Paranormalen zu, bevor ihr das Normale kennt. Na los, verschwindet!«
»Es war ein Trick!« entfuhr es Magenta. »Diamanda hat recht. Ihr benutzt nur Worte und irgendwelche Tricks…«
Oma hob die Hand.
Die Vögel in den Bäumen stellten ihren Gesang ein.
»Gytha?«
Nanny Ogg griff besorgt nach ihrem Hut.
»Dieses Ding hat mich zwei Dollar gekostet, Esme…«
Lautes Donnern hallte durch den Wald.
Blitze zuckten eher sanft vom Himmel herab.
Oma richtete den Zeigefinger auf die Mädchen, die sich aus der Schußlinie verziehen wollten.
»Und nun…«, fauchte sie. »Ich schlage vor, ihr besucht eure Freundin. Sie hat eine Niederlage erlitten. Mit ziemlicher Sicherheit braucht sie Trost.«
Magenta, Amanita und Agnes starrten noch immer auf den Zeigefinger. Er schien sie über alle Maßen zu faszinieren.
»Ich habe euch gerade aufgefordert, nach Hause zu gehen. Und ich habe dabei ganz ruhig gesprochen. Soll ich etwa schreien ?«
Die Mädchen drehten sich um und liefen davon.
Nanny Ogg schob die Hand durch eine arg in Mitleidenschaft gezogene Hutkrempe.
»Es dauerte eine halbe Ewigkeit, um alle Zutaten für das Schweineheilmittel zu bekommen«, grummelte sie. »Man braucht dazu acht verschiedene Blattsorten: Weiden, Wurmkraut, Des Alten Mannes Hose… Einen ganzen Tag lang habe ich im Wald gesucht. Immerhin wachsen diese Blätter nicht einfach so an Bäumen…«
Oma Wetterwachs sah den Mädchen nach.
Nanny Ogg zögerte. »Dabei fällt einem wieder die eigene Jugend ein, nicht wahr? Ich weiß noch, wie ich als Fünfzehnjährige vor der alten Biddy Unheimer stand und sie mit fast drohender Stimme sagte: ›Du willst was werden?‹ Ich hatte solche Angst, daß ich zu schlottern begann und…«
»Ich habe nie vor jemandem gestanden«, sagte Oma Wetterwachs.
»Ich bin Tag und Nacht in Mütterchen Owehs Garten geblieben, bis sie schließlich versprach, mich alles zu lehren, was sie wußte. Ha! Dazu brauchte sie eine Woche, und ich hatte jeden Nachmittag frei.«
»Soll das heißen, du wurdest nicht auserwählt ?«
Oma Wetterwachs schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe selbst gewählt.« Sie zeigte nun einen Gesichtsausdruck, den Nanny Ogg sicher nicht so schnell vergessen sollte – obgleich sie es versuchen würde. »Ich habe selbst gewählt, Gytha. Und eins möchte ich klarstellen: Was auch immer geschieht – ich habe nie etwas bereut. Nie. Weder das eine noch das andere. Verstanden?«
»Ja, Esme.«
Was ist Magie?
Zauberer erklären dieses Phänomen auf zweierlei Art und Weise, abhängig davon, wie alt sie sind. Ältere Zauberer sprechen von Kerzen, Kreisen, Planeten, Sternen, Bananen, Formeln und Runen. Außerdem betonen sie die Bedeutung von vier guten Mahlzeiten am Tag. Jüngere Zauberer – insbesondere die blassen, die den größten Teil ihrer Zeit im Forschungstrakt für hochenergetische Magie * verbringen – dozieren über Fluktuationen in der morphischen Struktur des Universums, die im Grunde genommen unbeständige Qualität selbst eines besonders stabil anmutenden Raum-Zeit-Gefüges, die mangelnde Plausibilität der Wirklichkeit und so weiter. Anders ausgedrückt: Sie sind einer heißen Sache auf der Spur und quatschen munter vor sich hin, während sie Indizien sammeln…
Es war fast Mitternacht. Diamanda lief über den Hügelhang, in Richtung der Tänzer. Dornbüsche und Heidekraut zerrten an ihrem Kleid.
Die Demütigung brannte noch immer heiß in ihr. Die dummen und hinterhältigen Alten!
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