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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Trollen. Mit anderen Worten: Sie…
    … ähneln uns.
    Wie dem auch sei: Man kann sie sicher nicht als schön bezeichnen, und außerdem fehlt ihnen Stil. Was uns betrifft: Wir sind dumm, und das Gedächtnis spielt uns Streiche. Wir erinnern uns an die Schönheit der Elfen, an die Art und Weise, in der sie sich bewegten. Wir vergessen dabei, was sie waren. Wir sind wie Mäuse, die sagen: »Eins muß man den Katzen lassen – sie haben Stil.«
    Es war nie vorgekommen, daß Menschen aus Furcht vor Zwergen in ihren Betten zitterten. Niemand versteckte sich vor einem Troll unter der Treppe. Ab und zu verscheuchte man sie aus dem Hühnerstall – Zwerge und Trolle waren eigentlich nie mehr als harmlose Quälgeister. Sie säten kein Entsetzen.
    Wir erinnern uns daran, daß die Elfen sangen. Aber wir wissen nicht mehr, worum es in den Liedern ging.
    Nanny Ogg drehte sich erneut auf die andere Seite. Etwas rutschte, und mit einem leisen, kläglichen Miauen plumpste Greebo auf den Boden.
    Nanny setzte sich abrupt auf.
    »Zieh die Wanderpfoten an, Freundchen. Wir machen einen kleinen Ausflug.«
    In der mitternächtlichen Küche verharrte sie, griff nach einem Plätteisen und verband es mit einer Wäscheleine.
    Ihr ganzes Leben lang war sie durchs nächtliche Lancre gewandert, ohne eine Waffe für notwendig zu halten. Natürlich war sie auf den ersten Blick als Hexe zu erkennen gewesen, und ein Angreifer hätte es sehr bereut, Nanny in irgendeiner Weise zu belästigen. Aber auch für andere Frauen gab es praktisch nichts zu befürchten. Übrigens galt das gleiche für Männer.
    Jetzt spürte Nanny, wie Unbehagen in ihr keimte.
    Die Elfen kehrten zurück und warfen ihre Schatten voraus.
     
    Diamanda erreichte die Kuppe des Hügels.
    Sie zögerte und dachte daran, daß ihr die alte Wetterwachs vielleicht gefolgt war. Das hielt sie durchaus für möglich. Außerdem hatte sie unterwegs im Wald eine andere Präsenz gespürt.
    Weit und breit war niemand zu sehen. Sie drehte sich um.
    »Guten Abend.«
    »Du? Also bist du mir doch gefolgt.«
    Oma stand im Schatten des Flötenspielers auf. Dort hatte sie gesessen, in ihrer schwarzen Kleidung praktisch unsichtbar.
    »Ich hab’s von meinem Vater gelernt«, sagte sie. »Damals, wenn er auf die Jagd ging, meinte er immer: Ein schlechter Jäger jagt, und ein guter wartet.«
    »Ach? Jagst du mich jetzt?«
    »Nein. Ich habe gewartet. Ich wußte, daß du hierherkommen würdest. Wohin solltest du sonst gehen? Du willst sie rufen, nicht wahr? Zeig mir deine Hände.«
    Omas Tonfall blieb unverändert, doch die letzten Worte kamen einem Befehl gleich. Diamandas Hände bewegten sich von ganz allein und gaben ihr keine Gelegenheit, sie zu kontrollieren. Oma griff danach und hielt sie fest – ihre Haut fühlte sich an wie Sackleinen.
    »Hast nie hart gearbeitet, oder?« kommentierte sie im Plauderton. »Hast nie Kohl mit Eis drauf geschnitten oder ein Grab ausgehoben oder eine Kuh gemolken oder eine Leiche aufgebahrt.«
    »Das muß man auch nicht, um eine Hexe zu sein!« erwiderte Diamanda scharf.
    »Habe ich das behauptet? Ich möchte dir etwas erzählen. Es geht dabei um rotgekleidete Frauen mit Sternen im Haar. Und vielleicht auch Monden. Es geht um Stimmen, die hinter deiner Stirn erklingen, während du schläfst. Und um die Verlockung der Macht. Sie hat dir große Macht versprochen, nehme ich an. Sie hat dir in Aussicht gestellt, alle deine Wünsche zu erfüllen. Einfach so.«
    Diamanda schwieg.
    »Das ist schon einmal geschehen. Es gibt immer jemanden, der bereitwillig zuhört.« Oma Wetterwachs’ Blick schien einen Punkt in der Ferne anzuvisieren. »Wenn man einsam ist, wenn alle anderen Leute dumm zu sein scheinen, wenn die Welt voller Geheimnisse steckt, in die einen niemand einweiht…«
    »Kannst du meine Gedanken lesen?«
    »Deine?« Oma richtete wieder ihre volle Aufmerksamkeit auf das Mädchen, und die alte Schärfe kehrte in ihre Stimme zurück. »Ha! Blumen und so. Ohne Schlüpfer tanzen. Mit Karten und Bindfäden herumspielen. Und vermutlich hat’s auch geklappt. Die Frau in Rot gab dir Macht, für eine Weile. Oh, sicher hat sie gelacht. Später gab es etwas weniger Macht, für einen Preis. Und irgendwann gibt es keine Macht mehr, und du bezahlst jeden Tag. Sie nehmen immer mehr als sie geben. Und was sie geben… Es hat überhaupt keinen Wert. Und dafür nehmen sie alles. Insbesondere unsere Furcht gefällt ihnen. Und sie haben es vor allem auf unseren Glauben abgesehen. Sie

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