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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Brooks interpretierte Magrats Schweigen als zustimmende Antwort und füllte zwei Becher.
    »Ist das Kräutertee?« fragte sie unsicher.
    »Keine Ahnung. Die Dose enthält einfach nur braune Blätter.«
    Magrat blickte skeptisch in einen Becher, an dem reines Tannin unübersehbare Spuren hinterlassen hatte. Irgendwie schaffte sie es, sich nichts anmerken zu lassen. Sie wußte, daß gute Königinnen versuchten, für das Wohlergehen der gewöhnlichen Leute zu sorgen.
    Sie suchte nun nach einer Frage, die geeignet sein mochte, eine Atmosphäre der Ungezwungenheit entstehen zu lassen.
    »Die Tätigkeit des Imkers ist sicher sehr interessant«, sagte Magrat.
    »Ja, das stimmt.«
    »Man fragt sich allerdings…«
    »Was?«
    »Wie melkt man Bienen?«
     
    Das Einhorn streifte durch den Wald, kam sich blind und fehl am Platz vor. Dies war kein richtiges Land. Der Himmel glänzte blau und flackerte nicht mit kalten Farben. Und die Zeit verging. Für ein zeitloses Geschöpf fühlte sich das so ähnlich an wie ein Sturz in die Tiefe.
    Darüber hinaus spürte es die Präsenz der Herrin im Kopf. Was noch schlimmere Empfindungen bewirkte als verstreichende Zeit.
    Mit anderen Worten: Das Einhorn war übergeschnappt.
     
    Magrats Mund stand weit offen.
    »Ich dachte, Königinnen werden geboren«, brachte sie hervor.
    »O nein«, erwiderte Herr Brooks. »Es gibt keine Eier, aus denen Königinnen schlüpfen. Die Bienen entscheiden einfach, ein Exemplar anders zu füttern. Eine vorher ganz normale Artgenossin wird so zur Königin aufgepäppelt.«
    »Und was passiert, wenn die besondere Ernährung ausbleibt?«
    »Dann wird die betreffende Biene zu einer Arbeiterin, Euer Ladyschaft«, erklärte Herr Brooks und untermalte seine Worte mit einem verdächtig republikanischen Lächeln. Beneidenswert, dachte Magrat. »Der Schwarm hat also eine neue Königin. Was passiert mit der alten?«
    »Für gewöhnlich bricht sie mit einem Teil des Volkes auf«, sagte Herr Brooks. »Oh, ich habe bestimmt tausend Schwärme gesehen. Aber nie einen königlichen.«
    »Was hat es mit einem königlichen Schwarm auf sich?«
    »Ich weiß es nicht genau. In den alten Bienenbüchern wird so etwas erwähnt. Ein Schwarm der Schwärme. Ein sehr beeindruckender Anblick, so heißt es.« Einige Sekunden lang wirkte der alte Imker fast wehmütig.
    »Nun, richtig interessant wird’s, wenn das Wetter schlecht bleibt und die alte Königin deshalb nicht schwärmen kann.« Er hob die Hand und bewegte sie im Kreis. »Nun, dann passiert folgendes: Die beiden Königinnen – hier die alte und da die neue – kriechen durch die Waben, während der Regen auf den Bienenstock trommelt und um sie herum die übliche Aktivität herrscht.« Der Imker vollführte weitere veranschaulichende Gesten, und Magrat beugte sich vor. »Ja, durch die Waben kriechen sie, und überall summen die Drohnen, und die ganze Zeit über spüren sie sich gegenseitig, ja, sie wissen voneinander, und dann sehen sie sich und…«
    »Ja? Ja?« fragte Magrat aufgeregt.
    »Zack! Bumm!«
    Magrat zuckte so heftig zurück, daß sie mit dem Kopf an die Hüttenwand stieß.
    »In einem Bienenstock kann es nur eine Königin geben«, fügte Herr Brooks ruhig hinzu.
    Magrat sah in den Garten und runzelte die Stirn. Bisher hatte sie den Anblick von Bienenstöcken immer gemocht.
    »Oft habe ich nach ein oder zwei Wochen schlechtem Wetter eine tote Königin vor ‘nem Bienenstock gefunden«, verkündete Herr Brooks fröhlich. »Die Biester können keine Konkurrenz ausstehen. Kämpfen erbittert gegeneinander. Die alte Königin ist natürlich schlauer. Aber die neue macht ihre mangelnde Erfahrung mit Entschlossenheit wett. Weil sie weiß, daß sich der Kampf für sie lohnt.«
    »Wieso?«
    »Der Sieg ermöglicht ihr die Paarung.«
    »Oh.«
    »Und im Herbst wird’s noch interessanter«, fuhr Herr Brooks fort. »Weißt du, für den Winter muß sich der Schwarm von unnötigem Ballast befreien, und die Drohnen hängen ja immer nur faul herum. Ja, und deshalb zerren die Arbeiter sie zur Öffnung des Bienenstocks, beißen ihnen dort…«
    »Hör auf!« entfuhr es Magrat. »Das ist ja schrecklich! Ich dachte immer, es sei schön, Bienen zu züchten.«
    »Kommt ganz darauf an, was man unter ›schön‹ versteht«, meinte Herr Brooks. »Zum Beispiel die Zeit im Jahr, in der die Bienen müde werden. Tja, die durchschnittliche Biene arbeitet, bis sie völlig fertig ist. Nun, manchmal kann man beobachten, wie viele alte Arbeiterinnen an

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